Eigentlich ist die Finanzmarktrichtlinie Mifid II (Markets in Financial Instruments Directive) für den Vertrieb von Finanzprodukten längst in Sack und Tüten gepackt. Nachdem sich das EU-Parlament, die EU-Kommission und die Fachminister der Mitgliedsstaaten der Europäischen Gemeinschaft bereits im Januar 2014 auf das Regelwerk, das auch für den Finanzvertrieb bedeutend ist, geeinigt haben, müsste jetzt nur noch die EU-Kommission ein paar „delegierte Rechtsakte“, vulgo Verordnungen erlassen. Dann wüssten die Gesetzgeber der Mitgliedsstaaten auch, was sie denn konkret in ihre nationalen Gesetze für ihre Bürger, allen voran die handelnden Finanzvermittler, hineinschreiben sollen.

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Aber an der EU-Kommission hakt das Weiterkommen der Richtlinie und damit der weiter regulierte Finanzmarkt der Zukunft. Die fehlenden Verordnungen zur Mifid II müssten erneut überarbeitet werden, sagte der bei der Kommission für Mifid II federführende Direktor Martin Merlin an diesem Dienstag und er warnt vor, dass die Richtlinie später als von der EU geplant kommen könnte, nämlich erst im Januar 2018. Der europäischen Finanzmarktaufsicht ESMA käme eine später in Kraft tretende Mifid II auch entgegen. Deren Chef Steve Maijoor meint, sorgfältig gemachte, rechtssichere Regeln seien wichtiger als Schnellschüsse zu Lasten der Sorgfalt.

Außerdem „verwässern Verzögerungen der Richtlinie nicht deren inhaltliche Substanz“; so wird Maijoor vom Finanzportal Bloomberg zitiert. Etwas anders beurteilt Markus Ferber (CSU), im EU-Parlament der Mifid-Macher, die angekündigte Verspätung der Richtlinie. Deren Verschiebung sei „nicht in Stein gemeißelt“, schreibt Bloomberg. Bis die EU-Kommission nun umsetzbare Texte liefert, heißt es für die Bundesregierung warten. Obwohl der Referentenentwurf für die deutsche Gesetzesversion der Finanzmarktrichtlinie bereits im Oktober fertig war.

Mifid II: Hintergrund zur Finanzmarktrichtlinie

Mifid II entstand infolge weitgehend unkontrollierter Wertpapiergeschäfte der Vergangenheit, die als eine Ursache für die Finanz- und Bankenkrise 2008 ausgemacht wurden. Das Regelwerk, so das Ziel der Europäischen Union, harmonisiert die Finanzmärkte innerhalb der EU. Sobald die Richtlinie im ersten Schritt bei der EU in Kraft getreten ist, sollen nationale Regelungen für Finanzgeschäfte, vor allem hinsichtlich Transparenz und Anlegerschutz, angepasst werden.

Im Januar 2014 haben sich das Europäischen Parlament, die EU-Kommission und der Rat der Fachminister der Mitgliedsstaaten in den „Trilog“-Verhandlungen zur Reform der Ur-Richtlinie Mifid I (seit 2004) auf das neue Regelwerk Mifid II geeinigt. Die Richtlinie ist am 12. Juni 2014 im EU-Amtsblatt veröffentlicht worden. Deren Vorgaben sind – nach bisherigem Zeitplan – bis Juli 2016 in nationales Recht umzusetzen und sollen ab dem 3. Januar 2017 Rechtskraft haben. Dieser Zeitplan wackelt nun nach den neuesten Meldungen der Kommission.

Verschiedene Beratungsmodelle

Honorar- und Provisionsmodelle im Finanzvertrieb bleiben bei Mifid II nebeneinander bestehen. Provision als Entgelt des Vermittlers bleibt zulässig, „wenn die Zahlung der Provision dazu bestimmt ist, die Qualität der Dienstleistung zu verbessern“; so steht es in einem EU-Text von Januar 2014. Anlageberater müssen künftig offenlegen, ob sie abhängig beraten oder nicht. Damit bleibt ihnen die Entscheidung überlassen, ob sie mit der Bezeichnung "unabhängig" werben, dann aber auf Vertriebsprovision verzichten müssen.

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Keine einheitlichen Vertriebsregeln

Vermittler von Finanzprodukten, müssen Interessenkonflikte künftig gegenüber dem Kunden offenlegen und prüfen, ob ein angebotenes Produkt für den Kunden geeignet ist (hierzu kommt die so genannte Geeignetheitsprüfung). Die Mifid II-Regeln gelten nicht für Versicherungsprodukte. Verkäufer von Sparpolicen aller Art müssen nach bisherigen Plnen der EU weiterhin nicht offenlegen, ob sie abhängig oder unabhängig sind. Während beim Verkauf von Investments mehr Transparenz gefordert wird, gelten für Käufer kapitalbildender Versicherungen weiterhin keine vergleichbaren Regeln. Hierfür gibt es die gesonderte Versicherungs-Vertriebsrichtlinie (Insurance Distribution Directive; IDD).

Bloomberg.com