Wie ein walisisches Dorf Steueroasen austrocknen will
Was Großkonzerne wie Ikea, Starbucks oder Amazon schon lange können, das machen jetzt auch Ladenbesitzer des keinen walisischen Dorf Crickhowell: massiv Steuern sparen. Die Kleingewerbler hören auf, ihre Gewinne im Königreich anzuhäufen. Stattdessen leiten sie ihre steuerwirksamen Geldströme in fiskalische Oasen wie die Isle on Man um und zahlen nur Bruchteile der eigentlich in Good old England fälligen Abgaben. Die Aktion der kleinen Kaufleute hat natürlich einen Hintersinn: Die Politik soll Steueroasen trockenlegen.
Um die zu erzählende Geschichte in Crickhowell zu verstehen, muss man nur Zeitung lesen oder zum Stichwort LuxLeaks googeln. Großkonzerne haben in den vergangenen Jahren Steuerdeals mit EU-Vorzeigestaaten gemacht. Bekannt wurden etwa die Steuerdumping-Vereinbarungen zwischen Multis wie IKEA und Luxemburg. Mit dem Ergebnis, dass das schwedische Möbelhaus für das Jahr 2010 aus 2,5 Milliarden Euro nur 48.000 Euro Steuern bezahlen musste, rechnete „Spiegel Online“ kürzlich vor.
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Viele britische Inseln gehören nicht zu Großbritannien
Andere Großunternehmen verzichten auf Deals wie im Beispiel Luxemburg und gehen gleich in Steueroasen, wo von vornherein nur Bruchteile der sonst fälligen Abgaben an den Staat anfallen. Da wären zum Beispiel die britischen Inseln und dies ist nicht nur eine geografische Angabe, sondern gemeint sind auch Paradiese mit geringen Abgaben. Nehmen wir die Isle of Man. Benzin-Enthusiasten ist das Eiland von seinem traditionsreichen Auto- und Motorradrennen her bekannt. Konzernen wie Starbucks etwa wegen seiner niedrigen Steuern.
Nun ersetze „Starbucks“ durch „Number 18 Café“. Letzteres gehört einem gewissen Sam, ansässig in dem kleinen walisischen Dorf Crickhowell; das berichtet die in Wien erscheinende „Presse“ in diesen Tagen. Der Ort ist keine Metropole dieser Welt, aber gut 2.000 Einwohner beziehungsweise dessen lokale „Industrie“ wollen nun Geschichte schreiben - Steuergeschichte. Die Kaufleute von Crickhowell protestieren nun auf ihre Art gegen das Steuerdumping, das Konzerne zur Gewinnmaximierung nutzen und dem scheinbar willfährige Staaten Vorschub leisten.
Auch kleine Kaufleute können groß
Steuern sparen Also haben sich die Ladenbesitzer zusammengetan und gründeten auf der Isle of Man kurz gesagt die selbe Art Briefkastenfirmen wie die Steuer sparenden Multis es tun. Dazu muss man wissen, dass die Isle of Man weder dem Vereinigten Königreich, noch der Europäischen Union angehört. Das Eiland ist zwischen England und Wales ist ausschließlich der Britischen Krone, vulgo der Queen herself unterstellt. Auch fiskalisch.
Die Blaupause zur Steuerminimierung. Nun auch für die kleine Floristin oder den Fleischer um die Ecke, habe die englische Kaffeehaus-Kette Caffè Nero's geliefert, berichtet die „Presse“. Nero’s habe etwa für das Jahr 2008 „keinen Penny“ Körperschaftssteuer gezahlt. Mit einem „fertigen Konzept“ seien die Gewerbetreibenden von Crickhowell zum örtlich zuständige Finanzamt marschiert, um ihr Ministeuer-Modell dort absegnen zu lassen.
Das Fernsehen berichtet
Offenbar ist das Modell genauso „wasserdicht“ wie bei den steuerlich sparsamen Vorbildern der Großkonzerne. Das Finanzamt, pardon britische Schatzamt, hat nun die Wahl, gleiches Steuerrecht für alle walten zu lassen oder für keinen. Würde nun der englische Fiskus den Kleingewerblern von Crickhowell an Steuerrabatt verweigern, was sie den Großkonzernen jahrelang gewährt haben, dann wäre der Protest wohl groß; dafür sorgte dann die BBC.
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Der altehrwürdige britische Traditionssender begleitet die Bürger von Crickhowell nämlich medial. Die Fernsehanstalt dreht nun eine Dokumentation, berichtet die „Presse“ über das Dorf der widerspenstigen Steuerzahler. Zum Beispiel sei ein Broadcasting Team dabei gewesen, als die Kleinkaufleute ihre Steuerspar-Holding auf der Isle of Man anmeldeten. Und ganz England sieht zu. Und vielleicht schaut bald die ganze Welt auf kleine Dorf, wo den Kaufleuten die Galle übergeht.