Die Studie, die unter Federführung der Barmer GEK durchgeführt wurde, gibt einige interessante Zahlen preis. So konnte herausgefunden werden, dass die Zahl der Pflegebedürftigen in Deutschland stärker als bisher vorausgesagt steigen wird. Im Jahr 2060 werden geschätzt 4,52 Millionen Menschen gepflegt werden. Das sind 221.000 mehr, als bisherige Prognosen erwarten ließen. Den größten Anteil daran werden pflegebedürftige Männer mit 176.000 stellen. Die Studie zeigt zugleich, dass der Anteil hochbetagter Pflegebedürftiger drastisch wachsen wird. 60 Prozent der pflegebedürftigen Männer und 70 Prozent der pflegebedürftigen Frauen werden im Jahr 2060 85 Jahre oder älter sein. Heute liegen die entsprechenden Werte bei 30 beziehungsweise 50 Prozent. "Aufgrund der drastischen Alterung der Pflegebedürftigen und ihrer steigenden Zahl sind weitere Pflegereformen vorprogrammiert", sagte Dr. Christoph Straub, Vorstandsvorsitzender der BARMER GEK.

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Kapazitäten: Kann Pflegestandard zukünftig aufrecht erhalten werden?

Die Kapazitäten in der ambulanten und stationären Versorgung sind laut dem Pflegereport der BARMER GEK in den Jahren 1999 bis 2013 deutlich schneller angestiegen als die Zahl der Pflegebedürftigen. Während diese um rund 30 Prozent zunahm, ist die Bettenzahl im stationären Bereich dagegen um 39,9 Prozent und die Zahl der Pflegedienstbeschäftigten, in Vollzeitäquivalenten gerechnet, sogar um knapp 70 Prozent gestiegen. Dieser Anstieg ist vor allem auf Teilzeit- und geringfügig Beschäftigte zurückzuführen. Die Anzahl der stationären Pflegeeinrichtungen stieg im gleichen Zeitraum um 47,1 Prozent. Das alles habe dazu geführt Wartelisten für Pflegeheimplätze weitgehend abzubauen und ambulante Versorgung auch am Wochenende und des Nachts sicherzustellen. Angesichts einer Zunahme der Zahl der Pflegebedürftigen um etwa 80 % bis zum Jahr 2050 erfordert dies nun allerdings, dass sich die Zahl der in der Langzeitpflege Beschäftigten in ähnlicher Weise erhöht, was angesichts eines gleichzeitig rückläufigen Erwerbspersonenpotentials erhebliche Anstrengungen erfordern wird.

Pflegestärkungsgesetz II: Pflegebedürftige werden bessergestellt

Mit dem Pflegestärkungsgesetz II wird der Beitragssatz zur gesetzlichen Pflegeversicherung zum 1. Januar 2017 auf 2,55 beziehungsweise 2,8 Prozent (für Kinderlose) ansteigen. Bei den Ausgaben handelt es sich überwiegend um Leistungsausgaben – der Anteil der Verwaltungskosten lag 2014 bei lediglich 3,3 Prozent der Gesamtausgaben.

Dr. Christoph Straub, Vorstandsvorsitzender der BARMER GEK, begrüßt das Pflegestärkungsgesetz II und erklärt, dass beim Übergang in das neue System von Pflegegraden weder in der ambulanten noch in der stationären Pflege bisher Pflegebedürftige schlechtergestellt werden. In der stationären Pflege bringe die Reform mit einrichtungseinheitlichen Eigenanteilen eine wichtige Innovation mit sich. Straub: „Die einheitlichen Eigenanteile sind ein wichtiges sozialpolitisches Signal. Sie verhindern künftig Konflikte zwischen Angehörigen und Pflegeheimen, wenn ein Pflegebedürftiger höhergestuft werden muss.“ Außerdem biete die Neuregelung mehr Transparenz.

Präventive Angebote für Pflegende

Pflege findet immer mehr zu Hause statt. So sank der Anteil vollstationärer Pflege zwischen den Jahren 2005 und 2013 von 31,8 auf 29,1 Prozent. Auch die Dauer der Pflege weitet sich laut dem Pflegereport aus. Von den Männern waren 22 Prozent und von den Frauen sogar 41 Prozent vor ihrem Tod im Jahr 2013 länger als zwei Jahre gepflegt worden. Um Überforderung der pflegenden Angehörigen zu vermeiden, sollte es mehr Unterstützung für diese geben. Ab dem kommenden Jahr haben pflegende Angehörige rechtlich verbindlich einen Anspruch auf Beratung. Bisher war im Leistungskatalog der Pflegeversicherung streng genommen nur eine Beratung für Pflegebedürftige vorgesehen. "In der Praxis sind es jedoch auch heute schon sehr oft die Pflegenden, die sich an uns wenden. Insofern begrüßen wir auch diese Neuregelung ausdrücklich. Sie entspricht einfach der Versorgungsrealität", so TK-Pflegeexperte Georg van Elst.

Ersatz- und Kurzzeitpflege: Pflegegeld wird ab 2016 länger hälftig weitergezahlt

Wenn beispielsweise Angehörige ein Familienmitglied pflegen und dabei zeitweilig ausfallen und dann professionelle Pflegekräfte, Freunde oder Verwandte als Vertretung einspringen, dann zählt das zur Ersatzpflege. Daneben besteht die Möglichkeit, Kurzzeitpflege in einem Pflegeheim in Anspruch zu nehmen. Bei Kurzzeitpflege nach einem Krankenhausaufenthalt werden 42 % der Pflegebedürftigen vollstationär gepflegt, 20 % versterben innerhalb eines Monats und 32 % werden in häusliche Pflege übergeleitet. 6 % überleben und nehmen keine Pflegeleistungen in Anspruch. Die Lebenszeitprävalenz für Kurzzeitpflege sei in den letzten Jahren deutlich gestiegen. Die Wahrscheinlichkeit, im Leben Kurzzeitpflege in Anspruch zu nehmen, hat sich in dem kurzen Zeitintervall von 2010 bis 2013 mehr als verdreifacht.

Umso bedeutsamer wird, dass ab dem 1. Januar 2016 die Pflegekassen in dieser Zeit das Pflegegeld hälftig länger weiterzahlen - bei der Ersatzpflege für einen Zeitraum von 42 Tagen, bei der Kurzzeitpflege für 56 Tage. Bisher darf in beiden Fällen nur bis zu 28 Tage weitergezahlt werden.

Kurzzeitpflege für acht Wochen bewilligt

Ebenfalls neu ist, dass Kurzzeitpflegen ab Jahresbeginn nicht mehr nur für vier Wochen bewilligt werden dürfen, sondern für acht Wochen. „Bisher war das nur möglich, wenn der Versicherte sein Budget für Ersatzpflege teilweise oder ganz in die Kurzzeitpflege überträgt", erklärt TK-Pflegeexperte Georg van Elst.

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Barmer GEK, Techniker Krankenkasse