Baufinanzierung - 50 Prozent der Anfragen müssen wir vom Kauf oder Hausbau abraten
Wenn Steine blühen könnten, würden sie es tun. Auf jeden Fall blüht des Deutschen nach dem Auto zweitliebstes Kind: Das eigene Kleinhäuschen. Siegfried Perini aus dem hessischen Neuhof bei Fulda ist seit fast 25 Jahren Baufinanzierungsprofi. Wie tickt ein BauFi-Experte im Zeitalter von Online-Kreditportalen? Der Versicherungsbote hat nachgefragt.
Versicherungsbote: Herr Perini, Baukredite gibt es doch inzwischen schon lange im Internet. Wozu braucht man sie als Experte dann noch?
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Siegfried Perini: Obwohl ein Baukredit über das Internet heute recht schnell abgeschlossen ist, haben die Leute oft Probleme entweder mit den unpersönlichen Kreditfabriken oder es kommen Fragen auf, für die der Kunden einen Menschen braucht. Auch Finanzierungen, die die Hausbank zum Beispiel aus formalen Gründen ablehnt, nicht unbedingt wegen der Bonität, landen auf meinem Tisch oder dem eines Finanzierungsprofis. Ohne uns Profis für Baugeld geht es eben oft nicht. (lacht)
Versicherungsbote: Also braucht man Baufinanzierung-Experten nur für die, sagen wir engen Fälle. Aber generell braucht man wegen der ganzen Kreditfabriken weniger Experten. Stirbt Ihr Berufsstand aus?
Perini: Für das Standardgeschäft werden jetzt schon weniger Berater benötigt. Seine einfache Finanzierung kann der Kunde wirklich fast schon selbst erledigen. Sobald aber der Beratungswunsch über Standard hinausgeht, also bei Laufzeiten von 15 bis 35 Jahren, Absicherung über Bausparverträge, Berechnungen über spezielle Sondertilgungen durch zu erwartende Auszahlungen bei Vermögen oder Erbschaften, und und und. Da kommt der Kunde ins Schleudern und dann am besten zum Experten.
Versicherungsbote: Stichwort billiges Baugeld. Kann jetzt jeder bauen?
Perini: Nein. Die Banken setzen so hohe Haushaltsfreibeträge an und rechnen mit fiktiv steigenden Zinsen nach Ablauf der Zinsfestschreibung, so dass der Normalverdiener mindestens 5 bis 6 Prozent Annuität leisten können muss, damit er ein Bankdarlehen bekommt. Wenn man manchmal über 100 Prozent des Gebäudewertes hinaus finanzieren muss, sind die Anforderungen an die Bonität des Schuldners in spe noch höher.
Versicherungsbote: ... also sollte der Bauherr günstige Konditionen mit langer Zinsbindung kombinieren?
Perini: Ich rate immer dazu, den Zins möglichst über die gesamte Laufzeit, abzüglich eingeplanter Sondertilgungen, aber diese bitte nicht zu ambitioniert, abzusichern.
Versicherungsbote: Wie viel Eigenkapital sollte man als Bauherr mindestens haben?
Perini: Dafür gibt es keine klare Antwort, da es bei Eigenkapital auch auf das Einkommen und die Sicherheit des Arbeitsplatzes eines Kreditschuldners ankommt. Ideal wäre es, wenn der Bauwillige seiner Bank schon 20 bis 30 Prozent des Kaufpreises vorweisen könnte. Aber diese eher einfachen Fälle bekommt der freie Baufinanzierungs-Spezialist selten zu Gesicht, da den die Hausbank schon finanziert. Einfache Sachen können die Banken ja besonders gut. (lacht)
Versicherungsbote: Das führt uns zum Standardproblem vieler Kunden. Zu wenig Eigenkapital. Wie oft raten sie vom Bau ab? Oder "zaubern" sie?
Perini: Bei 50 Prozent der Anfragen übers Internet müssen wir von einem Kauf oder Hausbau abraten, da die Leute ihre finanziellen Möglichkeiten oft total falsch überschätzen. Wir haben da eine hohe Verantwortung gegenüber den Kunden, hier eben gegenüber dem Nichtkunden. Freunde macht man sich damit nicht immer, aber auch das gehört zum Geschäft.
Versicherungsbote: Sagen sie, wie arbeitet man sich als Versicherungsmakler in das Spezialgebiet BauFi ein?
Perini: Ein guter Weg ist es, mit einem Profi einige Fälle zusammen abzuwickeln und das Handwerk grundsätzlich zu lernen. Die Menge an Fälle und die Erfahrungen daraus machen den Profi. Ein schlechter Weg ist es, nach ein-zwei Finanzierungen die Software der Pools zu nutzen und zu denken, bei Grün ist die Finanzierung schon zugesagt. Also am besten mindestens jede Fallkonstellation zwei bis drei Mal in der Praxis unter Profibeistand miterleben und dann die ersten Versuche unter Anleitung selber probieren.
Versicherungsbote: Was halten sie von Zertifikaten, die verschiedene Bildungseinrichtungen vergeben à la "Geprüfter BauFi-Spezi"?
Perini: Gar nichts. Sie zielen darauf ab, die rechtlichen und fachlichen Grundlagen zu schulen. Das ist für die Berufszulassung unabdingbar. Aber auf die Kunden sollte man die Menschen mit einem neuen so genannten Zertifikat, vielleicht in zwei-drei Tagen erworben, erst ab einer gewissen Anzahl von Praxisfällen losgelassen werden.
Versicherungsbote: Wann sollte ein Versicherungsmakler bei BauFi-Fällen aufhören und einen echten Perini ins Boot holen?
Perini: Das tut er immer dann, wenn ein Fall nicht funktioniert und er nicht weiß, warum. 30 Prozent meiner Kunden kommen auf diese Weise über Vermittler zu mir.
Versicherungsbote: Der Finanzautor Volker Looman schrieb in der Frankfurter Allgemeinen öfters, man solle zunächst bis zirka Alter 50 das Haus abzahlen und erst danach mit der Altersversorgung beginnen. Stimmen Sie dem zu?
Perini: Das war und ist mir zu pauschal ... Der Staat sollte jungen Familien einen Eigenkapitalzuschuss und noch bessere Förderprogramme, wie sie die Länder, Kommunen und die KFW vorsehen, gewähren. Dann wäre bis 50 fast jede Immobilie bezahlt und man könnte über Arbeitgeber oder privat, je nach finanzieller Leistungsfähigkeit weitere Altersversorgungsbausteine aufbauen...
Versicherungsbote: ... oder sollen Haus und Rente parallel laufen, also den Hauskredit tilgen und gleichzeitig für die Rente sparen?
Perini: Bei vielen wäre das Haus der einzige Baustein. Bei einigen würde es parallel laufen.
Versicherungsbote: Ist ein Haus eigentlich wirklich eine "Rente aus Stein"? Wie berechnet man das halbwegs seriös?
Perini: Dafür gibt es keine seriöse Berechnung. Ein Haus, das abgewohnt wird, ist eine Rente aus Stein. Ein Haus, in das laufend zum Werterhalt investiert wird, eher nicht. Daher schwanken auch die Meinungen sehr darüber.
Versicherungsbote: Was halten Sie von Wohn-Riester?
Perini: Dazu sage ich ihnen was; viele Finanzberater lehnen Wohn-Riester ab. Das ist ihre Meinung, weil viele Wohn-Riester gar nicht kennen. Das ist ein Defizit in der Beraterbranche. Ich bin für rechnen. Diese Häuslebauer-Version des Riester existiert, ist gefördert, also muss man Riester in die Finanzierung einbauen, zumindest prüfen.
Versicherungsbote: Hausbau und Weinbau. Herr Perini, bis vor kurzem waren sie auch noch intensiver Hobbywinzer. Wie kann man die Baufinanzierung mit Wein vergleichen?
Perini: Weinbau bedeutet Beständigkeit, wie Grund und Boden. Wer Wein macht, wird als seriöser wahrgenommen, als andere Berater. Und: In vino veritas. Im Wein liegt die Wahrheit.
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