Wie sollen die Versicherer darauf reagieren, dass die hauseigenen Vertreter und Agenturen zunehmend in einen Wettbewerb mit Vergleichsportalen wie Check24 treten? Allianz-Chef Oliver Bäte hat darauf am Dienstag eine mögliche Antwort gegeben. Bei der Vorstellung seines ehrgeizigen 3-Jahres-Planes in München kündigte Bäte an, die Allianz werde zukünftig bei der Vergütung ihrer Vermittler auch die Kundenorientierung honorieren. Je eher die Kunden bereit sind, eine Agentur an Freunde und Bekannte weiterzuempfehlen, desto mehr Provision sollen Allianz-Vertreter erhalten.

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Sternchen für guten Kunden-Dienst

Wer die Kundenorientierung messen will, braucht auch ein Bewertungssystem. Und ein solches befindet sich bei der Allianz aktuell in der Testphase, wie Versicherungskorrespondent Herbert Fromme auf Süddeutsche.de (Sonntag) berichtet. Kunden können den Service ihres Allianz-Vertreters auf einer Skala von 1 bis 5 mit Sternchen bewerten. Je mehr Sternchen der Vermittler erhält, umso besser, denn das Bewertungsergebnis wird auch auf der Webseite der Agentur veröffentlicht.

Die Allianz kooperiert für den Bewertungsdienst mit dem Spezialisten Ekomi - The Feedback Company aus Berlin, der für die Neutralität des Verfahrens einstehen soll. „Wir haben inzwischen 200 Agenturen, die im Testfeld mit dem Online-Bewertungssystem arbeiten“, sagt Joachim Müller, Vertriebsvorstand der Allianz, im Interview mit der Süddeutschen. Müller sieht das neue Bewertungsverfahren als wichtigen Bestandteil der „digitalen Agentur“ von Europas größtem Versicherer. Man habe sich an gängigen Bewertungssystemen orientiert, erklärt der Allianz-Vorstand, „um das Vertrauen, das ein Vertreter in der Offline-Welt hat, auch im Netz widerzuspiegeln“.

Tatsächlich dürfte das Benotungsprinzip den meisten Kunden bestens bekannt sein – von Onlineanbietern wie Amazon oder Ebay, wo Verbraucher den Service eines Händlers ebenfalls mit bis zu 5 Sternchen honorieren können. Ähnliche Bewertungssysteme hat Ekomi auch schon für die Ergo und Axa entwickelt. Was aber, wenn ein Vertreter schlechte Noten von seinen Kunden erhält? Müssen die Agenturen dann gar mit Sanktionen rechnen? „Wenn jemand konstant schlechte Bewertungen hat, würden wir ihm helfen, wieder mehr Kundenzufriedenheit zu erreichen“, kündigt Müller an. Die Sternchen sollen folglich auch der Evaluation von Vermittlern dienen.

Schlechteste Note bei 4,6 Sternen

Dass die Vermittler keine Angst vor der Bewertung ihrer Kunden haben müssen, zeigt der aktuelle Testlauf. Die Bewertungen der Kunden sind bisher äußerst positiv ausgefallen, die „schlechteste“ der teilnehmenden 200 Agenturen kommt auf eine Sternchen-Zahl von 4,6. Dies könnte auch daran liegen, dass notfalls Freunde und Bekannte mobilisiert werden, um eine Seite positiv einzuschätzen. Mit Ekomi hat sich die Allianz zudem für ein sehr einfaches Bewertungsverfahren entschieden. „Wir wollen, dass die Kunden es leicht haben, ihre Meinung mitzuteilen. Es soll Spaß machen", sagte Ekomi-Firmenchef Ambros in einem früheren Interview mit dem Handelsblatt.

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Die Bedeutung des Online-Vertriebes ist für die Allianz-Vertreter bisher allerdings sehr unterschiedlich und meist vernachlässigbar. Die Süddeutsche nennt als Beispiel eine Münchener Agentur, die über 1.700 Newsletter-Empfänger hat, 1.884 Likes bei Facebook vorzeigen kann und regelmäßig Gewinnspiele durchführt, bei denen u.a. Heimkarten für den FC Bayern München verlost werden. Dennoch erhielt dieses vorbildlich im Netz vertretene Vermittlerbüro nur 70 Online-Anfragen im laufenden Jahr – davon 14 von Neukunden. Die Stärke der meisten Vertreter ist eben nach wie vor der direkte Kundenkontakt.

Süddeutsche Zeitung