Maklerbetreuer - Brückenbauer, Diplomaten, Vertriebsstrategen
Maklerbetreuer vermitteln zwischen Versicherung und Versicherungsmakler – und sind damit oftmals die ersten Ansprechpartner für Vermittler beim Versicherungsunternehmen. Wie arbeitet ein Maklerbetreuer, wie sieht sein Tag aus? Und sind sie auch mal genervt? Was denken sie über die Zukunft und Herausforderungen der Makler? Versicherungsbote hat bei Rico Neubauer und Alexander Sachse, beide Maklerbetreuer bei der ERGO Versicherungsgruppe, nachgeforscht. Ein Interview aus dem Versicherungsbote-Fachmagazin 01/2015.
Versicherungsbote: Sie sind beide Maklerbetreuer der ERGO. Wie wird man eigentlich Maklerbetreuer? War es ein bewusster Schritt, mit Maklern zusammenarbeiten zu wollen?
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Rico Neubauer: Meine Ausbildung habe ich im Jahr 2001 als Versicherungskaufmann in Leipzig, damals bereits im Maklervertrieb der D.A.S., begonnen. Zum damaligen Zeitpunkt war die Entscheidung zur Zusammenarbeit mit Maklern unbewusst. Nach der Ausbildung von drei Jahren sowie einer Anwärterphase bin ich seit nunmehr über zehn Jahren Maklerbeauftragter für das Feld Komposit im ERGO-Konzern. Aus heutiger Sicht war dies für mich der absolut richtige Weg.
Alexander Sachse: Eine gute Voraussetzung für die Tätigkeit als Maklerbetreuer ist eine fundierte kaufmännische Ausbildung, idealerweise im Versicherungs- bzw. Finanzbereich. Dadurch erhält man neben den fachlichen Inhalten auch einen guten Überblick über die unterschiedlichen Vertriebsstrukturen innerhalb eines Versicherungsunternehmens. Ich denke, dass die Bedeutung der Zusammenarbeit mit ungebundenen Vermittlern steigen wird, was den stetig wachsenden Anteil des Maklergeschäftes bestätigt. Deshalb sehe ich meine bewusste Entscheidung, vor nunmehr 12 Jahren als Maklerbetreuer im Außendienst zu starten, als richtig an.
50 Mails und ein ununterbrochen klingelndes Telefon sind keine Seltenheit
Versicherungsbote: Viele Makler haben täglich mit Ihnen Kontakt – aber wir sind nicht sicher, ob Sie wissen, wie der Arbeitsalltag eines Maklerbetreuers aussieht. Könnten Sie Ihren typischen Arbeitstag kurz umreißen? Wie viele Kontakte haben Sie? Was sind Ihre wichtigsten Aufgaben?
Sachse: Der Maklerbetreuer muss sehr vielseitig sein. Der regelmäßige Kontakt zu den Vertriebspartnern, sei es beim direkten Gespräch im Maklerbüro, über die medialen Kanäle oder bei Veranstaltungen und Messen, stellt die wichtigste Aufgabe eines Maklerbetreuers dar. Die Vermittlung der fachlichen unternehmensbezogenen Informationen an die Makler steht dabei im Mittelpunkt. Von wesentlicher Bedeutung ist es, auf die Bedürfnisse der unabhängigen Vermittler intensiv und schnell einzugehen, um so eine optimale Betreuungsqualität zu bieten.
Neubauer: Oftmals ist man als Maklerbetreuer der erste Ansprechpartner für den Vermittler im Versicherungsunternehmen. Daher ist ein typischer Arbeitstag von zahlreichen Telefonaten und EMails geprägt – 50 Mails und ein ununterbrochen klingelndes Telefon sind keine Seltenheit. Man muss jedoch zwischen Büro- und Außendiensttagen unterscheiden. An Bürotagen überwiegt die Angebotserstellung, Vorbereitung von Schulungen und Terminen, Controlling und Steuerung der Vermittler. An Tagen im Außendienst werden die Vermittler über neue Produkte aus dem Hause ERGO informiert, es werden gemeinsame Vertriebsansätze gestaltet und an der gemeinsamen Umsetzung gearbeitet. Auch die Durchführung von Schulungen, Maklertagen und Messen gehört zu meinen wichtigsten Aufgaben.
Versicherungsbote: Welche Eigenschaften braucht ein Maklerbetreuer? Muss er besonders kommunikativ sein? Diplomatisch? Humor oder gar ein dickes Fell haben?
Neubauer: Ich denke, das A und O ist sicheres und selbstbewusstes Auftreten sowie schnelles und flexibles Handeln. Fachliches Know-how, Verbindlichkeit und Zuverlässigkeit sind ebenfalls unverzichtbar. Diese Eigenschaften gepaart mit einer Brise Humor runden das Bild eines guten Maklerbetreuers ab.
Sachse: Neben der Fachkompetenz muss ein Maklerbetreuer auf jeden Fall vertriebsorientiert denken. Er sollte ein guter Motivator sein und den Maklern die Vorzüge der ERGO Produkte vermitteln können. Dann sind die Makler besser in der Lage sie zu verkaufen. Sicherlich gibt es dabei auch Situationen, in denen man ein dickes Fell haben muss, wenn einmal etwas nicht wie geplant funktioniert. Aber gerade dann sollte man als Maklerbetreuer mit diplomatischem Geschick, Flexibilität und Organisationstalent zu entsprechenden Lösungsansätzen kommen.
"Als Maklerbetreuer ist man auch Problemlöser"
Versicherungsbote: Als Maklerbetreuer sind Sie das Bindeglied zwischen Vermittler und Versicherer. Eigentlich ist also Ihre Aufgabe, Brücken zu bauen. Sitzen Sie auch mal zwischen allen Stühlen? Schließlich werden Makler wohl auch mit Beschwerden auf Sie zukommen.
Neubauer: Natürlich, als Maklerbetreuer ist man auch Problemlöser für die Makler. Insofern ist man angehalten, beide Interessen auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen.
Sachse: Ja, das ist richtig. Der Maklerbetreuer ist der wichtigste Ansprechpartner der Vertriebspartner für die Produkte des Unternehmens. Insofern ist es notwendig, dass die Kommunikation zwischen Vermittler und Maklerbetreuer zum Unternehmen gewinnbringend für alle Seiten funktioniert. Dazu gehört auch, dass wir bei auftretenden Beschwerden, die an uns als Maklerbetreuer herangetragen werden, professionell und zielorientiert reagieren.
Versicherungsbote: ...und gibt es Dinge, mit denen Makler Sie so „richtig auf die Palme bringen können“?
Sachse: Natürlich. Meist gelingt es aber, rasch Lösungen zu finden, mit denen alle Beteiligten gut leben können. Es ist daher unser Ziel, die Services und Prozesse für die Vermittler weiter zu verbessern, wodurch wir deutlich an Attraktivität gewinnen werden.
Neubauer: Ja, es gibt auch Makler, die einem den Büroalltag nicht so leicht machen. Allerdings bin ich lange genug im Geschäft, um professionell auf alle Bedürfnisse einzugehen.
Versicherungsbote: Das Thema Weiterbildung ist in aller Munde – und könnte schon bald vom Gesetzgeber verpflichtend vorgeschrieben werden. Wie bilden sich eigentlich Maklerbetreuer weiter?
Sachse: ERGO legt großen Wert auf regelmäßige Weiterbildungsveranstaltungen. Der Beitritt der ERGO zu Brancheninitiativen wie „Gut Beraten“ oder „Ehrbarer Versicherungsmakler“ nimmt auch uns Maklerbetreuer in die Pflicht, sich regelmäßig fortzubilden.
Daneben ist jeder Maklerbetreuer selbstverständlich angehalten, sich mittels Fachpresse über die medialen Kanäle zu den Neuigkeiten in der Versicherungswelt zu informieren. Der regelmäßige Austausch unter den Kollegen bei Teamtreffen und bei Seminaren oder Schulungen erachte ich ebenso als wichtigen Baustein beim Thema Weiterbildung.
Neubauer: Ich halte die Teilnahme an Weiterbildungen für extrem wichtig, denn dem, was vom Vermittler verlangt wird, sollten auch wir uns stellen. Weiterhin sollten alle Außendienstler einer Gesellschaft über einen einheitlichen Weiterbildungsstand verfügen. Sich regelmäßig weiterzubilden und fachlich auf dem aktuellen Stand zu sein, sind Grundvoraussetzungen für die kompetente Ausübung unseres Jobs.
"In den letzten zehn Jahren ist der Wettbewerb härter geworden"
Versicherungsbote: Wie hat sich die Arbeit als Maklerbetreuer in den letzten Jahren verändert? Wie muss er in 5 oder 10 Jahren aufgestellt sein? Welche Kompetenzen sind zukünftig gefordert?
Neubauer: Die Arbeit des Maklerbetreuers hat sich durch die multimediale Technik und Online-Medien stark verändert; so kann man zum Beispiel bei Online-Schulungen mit verhältnismäßig geringem Aufwand einen großen Vermittlerkreis ansprechen. Dieses wäre vor ein paar Jahren nicht möglich gewesen. Generell hat sich die Arbeitsweise durch EMails verändert. Ich kann Anfragen und Angebote schneller bearbeiten, das steigert unsere Effizienz.
Sachse: In früheren Jahren lag der Fokus fast ausschließlich auf dem persönlichen Gespräch beim Makler, heute ist die Tätigkeit wesentlich anspruchsvoller. Der technische Fortschritt, die Optimierung der Prozesse und die Vielfältigkeit der Kundenansprache mit digitalen Medien haben enorm dazu beigetragen.
Neubauer: In den letzten zehn Jahren ist außerdem der Wettbewerb härter geworden, da sich immer mehr Gesellschaften auf Makler und deren Bedürfnisse konzentrieren. Insofern wird sich der Makler für die Gesellschaft und den Maklerbetreuer entscheiden, der ihm den meisten Mehrwert bietet. Meiner Meinung nach müssen wir zukünftig noch mehr auf die Bedürfnisse der Makler eingehen: Services und Prozesse müssen weiter verbessert werden, damit wir noch mehr an Attraktivität gewinnen und stärker in den Fokus des Vermittlers rücken.
Sachse: Ja, das Wichtigste ist die Fachkompetenz der Maklerbetreuer, denn nur als hochqualifizierte Maklerbetreuer bieten wir unseren Maklern Mehrwert. Das wird auch in Zukunft so sein.
Versicherungsbote: Viele Versicherer haben im Rahmen des LVRG die Abschlussprovisionen gesenkt, unseres Wissens auch die ERGO. Wichtige Vertriebssparten wie die Lebensversicherung, PKV und Riester schwächeln – auch aufgrund von Dauerkritik in den Medien. Welche „Ängste“ stellen Sie derzeit im Vertrieb fest? Herrscht Krisenstimmung bei den von Ihnen betreuten Maklern?
Sachse: Das Lebensversicherungsreformgesetz schreibt die Senkung des Zillmersatzes von 40 auf 25 Promille vor, was wir selbstverständlich ab 1.1.2015 umgesetzt haben. Das LVRG sagt zwar nicht direkt etwas zur Provisionshöhe, wird aber Konsequenzen für die Provisionen haben. Bei ERGO noch nicht 2015, denn wir wollen die Anpassung sorgfältig planen und keinen Schnellschuss vornehmen. Wir sind in Zusammenarbeit mit allen Beteiligten dabei, Auswirkungen auf unsere Provisionsmodelle zu prüfen. Das ist ein komplexer Prozess, der einige Zeit in Anspruch nehmen wird.
Im Kern geht es dabei um eine veränderte Verteilung der Abschluss- und Bestandsprovisionen. In Anbetracht der heute erforderlichen laufenden Betreuung bei Altersvorsorgeprodukten wird die Bestandsprovision zulasten der Abschlussprovision erhöht. Allerdings wird die Reduzierung der Abschlussprovision ohne Frage zu Einkommensrückgängen führen, weil nicht alle Verträge das geplante Ablaufdatum erreichen.
Versicherungsbote: Das LVRG, neue Qualifizierungsanforderungen und der aktuelle Niedrigzins stellen die Versicherungsbranche vor eine harte Probe. Welche Herausforderungen sehen Sie zukünftig speziell auf Versicherungsmakler zukommen? Wer den sich Makler neu orientieren müssen und wenn ja – wie?
Sachse: Makler werden sich dem verändernden Lebensversicherungsmarkt stellen müssen. Wie bereits erwähnt, wird es zukünftig Veränderungen in der Verteilung von Abschluss- und Bestandsprovision geben, was eine Änderung in der alltäglichen Geschäftstätigkeit eines Maklers zur Folge haben wird. Ebenso werden Produktalternativen zur bisherigen klassischen Lebensversicherung notwendig sein, mit denen sich die Vertriebspartner auseinandersetzen müssen, wenn sie weiter auf dem Lebensversicherungsmarkt tätig sein wollen. Bereits 2013 hat die ERGO auf das schwierige Marktumfeld mit der Einführung neuer Rentenversicherungsprodukte reagiert. Die Produkte sind aus meiner Sicht eine gute Antwort auf die Herausforderungen der Niedrigzinsphase.
Versicherungsbote: Professionelle Unternehmensführung, Betriebswirtschaft und Finanzen, Marketing, Vertrieb und Verkauf sowie Betriebsabläufe und Personaleinsatz spielen eine wesentliche Rolle in der Arbeit von Maklern. Geben Sie hier aktive Hilfestellung?
Neubauer: Beim Thema Vertrieb und Verkauf biete ich den Maklern aktiv meine Hilfe an, sei es mit Mailing-Aktionen, Musteranschreiben etc. In Gesprächen werden oftmals Vertriebsansätze diskutiert und Erfahrungen dazu ausgetauscht. Wenn beide Seiten darin Chancen sehen, werden diese dann auch umgesetzt. Weiterhin bieten wir dem Makler bei großen, komplexeren Themen Unterstützung direkt vor Ort beim Kunden an, was von vielen Vermittlern sehr gern angenommen wird.
"Makler sollten selbstbewusster die Vorteile ihres Berufsstandes hervorheben"
Versicherungsbote: Die Branche hat seit geraumer Zeit ein Nachwuchsproblem. Wie kann man diesem Problem begegnen?
Sachse: Der Beruf des Versicherungsmaklers beziehungsweise die Branche insgesamt muss attraktiver gestaltet werden. Aus meiner Sicht tragen Weiterbildungsinitiativen wie „Gut beraten“ oder „Ehrbarer Versicherungsmakler“ dazu bei. Mit der Förderung von Initiativen wie dem Jungmakler-Award unterstützt die ERGO die Gewinnung von Nachwuchskräften im Bereich der Versicherungs- und Finanzmakler.
Neubauer: Eine zusätzliche Verbesserung des Images ist dringend notwendig. Die EU-Vermittlerrichtlinie und andere geforderte Maßnahmen verstärken dies bereits positiv. Ich denke, ebenso wichtig ist es, die Notwendigkeit und Attraktivität des Berufsbildes Versicherungsmakler aufzuzeigen.
Versicherungsbote: Wie aktiv arbeiten Sie daran, neue, junge Makler zu akquirieren bzw. junge Vermittler vom Berufsbild Makler zu begeistern?
Sachse: Die Teilnahme an „Jungmakler-Awards“ gibt jungen Maklern eine Plattform für Austausch und Vernetzung mit anderen Jungmaklern und großen Unternehmen. Das gibt ERGO die Chance, neue Maklerkontakte zu knüpfen und die ERGO im Maklermarkt weiter zu positionieren. Mit dieser Förderung zeigt ERGO, wie wichtig der Maklermarkt für das Unternehmen ist. Und es ist ein weiterer Schritt, ERGO als Maklerversicherer zu etablieren.
Versicherungsbote: Das Berufsbild Makler wird noch sehr häufig mit dem des Ausschließlichkeitsvertreters gleichgesetzt. Für viele Verbraucher ist der Makler auch nur ein Vertreter. Bedarf es einer stärkeren Aufklärung über das Berufsbild oder sogar den Ausbildungsberuf Makler?
Neubauer: Ja, eine stärkere Aufklärung in der Bevölkerung ist erforderlich, da viele Leute den Unterschied zwischen Makler und Ausschließlichkeitsvertreter nicht kennen. Die Unterschiede und Vorteile der Berufsbilder sollten deutlicher kommuniziert und hervorgehoben werden.
Versicherungsbote: Sind Makler Ihrer Ansicht nach zu defensiv, wenn es darum geht die Vorzüge eines Maklers hervorzuheben?
Neubauer: Ja, absolut. Makler sollten viel selbstbewusster die Vorteile ihres Berufsstandes hervorheben. Sie vermitteln schließlich alle Versicherungsgesellschaften und deren Produkte.
Versicherungsbote: Bitte wagen Sie zum Abschluss noch eine Prognose: Wo wird der Maklervertrieb in zehn Jahren stehen?
Sachse: Der Maklervertrieb wird wesentlich an Bedeutung gewinnen. Dazu ist es aber notwendig, dass sich sowohl der Makler als auch die Unternehmen an die steigenden Anforderungen vor allem im technischen Bereich anpassen. Versicherungskunden informieren sich heute zunehmend online. Nicht alle wollen dann aber beim Vertragsabschluss ganz auf eine persönliche Beratung verzichten. Darauf müssen sich Makler einstellen, wenn sie weiterhin langfristig erfolgreich sein wollen. Es wird zukünftig nicht mehr ausreichen, vor Ort präsent zu sein und ausschließlich auf die persönliche Beratung zu setzen. Unsere Makler sollten die Chancen nutzen, über das Internet Informationen anzubieten und über viele moderne Kommunikationskanäle erreichbar zu sein.
Neubauer: Ich denke, dass sich das Berufsbild des Versicherungsmaklers vom reinen Verkäufer mehr zum Berater und Begleiter für die Kunden wandeln wird. Dabei darf der Makler jedoch nicht seine betriebswirtschaftlichen Anforderungen aus dem Auge verlieren. Wenn der Makler diese Herausforderungen erkennt, sich diesen stellt und optimal nutzt, kann das zu einer echten Chance für zukünftige Erfolge werden. Ich glaube, dass der Maklervertrieb in den nächsten Jahren der Vertriebsweg mit den größten Wachstumschancen sein wird.
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Versicherungsbote: Herr Neubauer, Herr Sachse – vielen Dank für das Interview! (Die Fragen stellten Mirko Wenig und Hanna Behn)