Kleinleins Klatsche gegen Tenhagen
400 Mal wird Check24 bei „Finanztip“ genannt. Ist das transparent? Ist das Portal unabhängig? Gar Verbraucherschützer? Bei dem als gemeinnützig firmierenden „Finanztip“, der sich zudem als unabhängig gibt, gibt es unselige Verbindungen zur Presse und zu zahlenden Dienstleistern. Eine Glosse.
Je nach Lesart als PR anmutende Kolumnen von Finanztip-Chefredakteur Hermann-Josef Tenhagen mögen ja für kritische Leser noch transparent erscheinen, je nach Deutung durch den Leser auch als unverblümte Werbung. Aber nun hat der Versicherungs-Verbraucherschützer Axel Kleinlein 400 (in Worten ‚vierhundert’) Erwähnungen oder geldwerte Klicklinks des Finanzportals Check24 auf „Finanztip“ gezählt. Und: Dies, obwohl Check24 gar kein so guter Finanztip zu sein scheint, wie ein Insider für den Versicherungsboten recherchierte. Der Reihe rückwärts nach: Zufall? Saidi Sulilatu, bis August noch als Versicherungsexperte des „Finanztip“ firmierend, ist jetzt in einer neuen, wichtig klingenden, denglisch beschriebenen Funktion als „Head of Department Kundenbetreuung“ in neuer Mission unterwegs: bei Check24. Für diese Bezeichnung kann Sulilatu natürlich nichts. Er macht bei Check24 seinen Job. Und sicher gut.
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Finanztip & Check24 = 400 Gut, jedenfalls scheinen sich die Patrone von Presse-Anchorman, der Auflagen sichernde Hermann-Josef Tenhagen, der „Finanztip“ und Sulilatus neuer Patron Check24 gut zu verstehen. Nicht anders ist die, sagen wir Nähe von Tip & Check für Axel Kleinlein zu erklären. Der Chef des Bundes der Versicherten schreibt in seiner neuesten Kolumne „Kleinleins Klartext“: „Wenn ein „Verbraucherschützer“ für einen Internetmakler Werbung macht“ auf den Titel. Und dann: “... dann hat das ein ,Gschmäckle’ wie man in Süddeutschland sagt“. Mit diesen Worten leitet Kleinlein seine Beobachtungen der Zusammenhänge zwischen dem gemeinnützlichen, jedenfalls als gemeinnützig postulierten „Finanztip“ und dem Versicherungsportal Check24, immerhin ein Versicherungsmakler, ein.
Kleinlein: „Damit der Geschmack nicht zu eklig wird, bedarf es zwei wichtiger Zutaten: Klare Unabhängigkeit von demjenigen für den man wirbt und Transparenz um diese Unabhängigkeit zu belegen. Schwierig wird es, wenn beides nicht gegeben ist.“ Sodann schreibt Kleinlein „über die Kolumne eines Finanzjournalisten, die dieser regelmäßig für die Internetpage eines großen Nachrichtenmagazins schreibt.“ Übersetzt: Kleinlein meint Hermann-Josef Tenhagen und Spiegel Online. Oder?
Monetarisierung heißt Geld verdienen
Ja: Auf Anfrage bestätigt Axel Kleinlein, dass die korrekte Identifikation der in seiner Kolumne zunächst allgemein genannten Personen und Institutionen zutreffend zu beziehen ist auf „Finanztip“, Tenhagen, Check24 und Sulilatu. Kleinlein war offenbar fleißig und hat gezählt, wie er sagt, und er schreibt: „Aktuell finden sich auf der Plattform des Finanzjournalisten etwa 400 Verweise auf Check24.“ Dieser Internetmakler ist ein so genannter Affliate-Partner von Tenhagens Arbeitgeber. Affiliate bedeutet kurz gesagt, jeder Klick des Webbesuchers bei finanztip.de auf einen Link zu Check24 hat für das Tenhagensche Portal Geldwert. Gut gemeint.
Gut gemacht? Transparent? Um dem pekuniären Zweck des Geldverdienes zu dienen, dafür unterhält der „Finanztip“ eine eigene Abteilung zur „Monetarisierung“. Mit Geld-Klick-Links will sich das Portal finanzieren, achtet angeblich aber auf eine strikte Trennung von Redaktion (Inhalten der Webseite) und geldwerten Relations, den Affiliate-Partnern. In seiner letzten Kolumne auf Spiegel Online vom vergangenen Samstag, 28. November, hatte Tenhagen zur privaten Krankenversicherung geschrieben und wie PKV-Kunden durch Tarifwechsel ohne Versichererwechsel Krankenbeiträge sparen können.
Tenhagens Artikel verlinkt auf seinen Ex-Angestellten Sulilatu – heute Check24
In Tenhagens Beitrag auf Spiegel Online fanden neugierige Leser, wie seit Monaten gewohnt, einen Link auf einen Beitrag des „Finanztip“. Der Hilfe suchende Leser möge seine Überlegungen zur PKV, etwa zu einem versicherer-internen Tarifwechsel, „mit einem neutralen Berater abklären“, schreibt Tenhagen. Ein Klick auf diesen Link führt zu einem Ratgeberbeitrag, mitverfasst von Saidi Sulilatu und der Datumsangabe von finanztip.de nach fünf Tage vor Tenhagens Kolumne bei Spiegel Online auf finanztip.de erschien, am 23. November 2015.
Kommentare auf Finanztip älter als der kommentierte Beitrag
Dies ist weder plausibel, noch transparent. Zum einen müssen „Finanztip“-Leser mit seherischen Fähigkeiten ausgestattet sein – oder mit einer Zeitmaschine.
Unter dem Beitrag von Sulilatu und Kollegin vom 23. November erscheinen Leserkommentare mit Zeitstempeln 26. Oktober und 5. November, also Wochen, gar mehr als einen Monat von Lesern abgegeben, bevor der Beitrag erschien. Auf Neudeutsch ist das mindestens ein Fail. Zum anderen ist der ehemalige Finanztip-„Versicherungsexperte“ Saidi Sulilatu seit 1. September bei Check24 in Lohn und Brot, ausweislich seines Profils bei Xing: „Head of Department Kundenbetreuung“.
Dazu Axel Kleinlein: „Hochgradig intransparent, gibt es nicht einen kleinsten Hinweis auf seine Tätigkeit für Check24.“
Dass Mit-Autor Sulilatu zum Zeitpunkt des Erscheinens seines Beitrags auf dem von Tenhagen als Chefredakteur verantworteten Portal laut Zeitstempel auf finanztip.de am 23. November nicht mehr Mitarbeiter von „Finanztip“ war, wird in dem Beitrag bei seinem ehemaligen Arbeitgeber und von seinem ehemaligen Arbeitgebers, de „Finanztip“ nämlich, mit keinem Wort erwähnt. Auch nicht Sulilatus neuer Job. Am 23. November war er bereits seit fast drei Monaten in Lohn und Brot bei Check24. Check 24, dem Affiliate- vulgo Werbepartner des „Finanztip“ mit von BdV-Chef Kleinlein gezählten 400 Erwähnungen oder Links auf dem gemeinnützigen Tenhagen-Portal.
Check24? Ohne HUK-Coburg ...
Wohl diese, nur dem aufmerksamen Leser auffallenden, Verquickungen oder Inplausibilitäten meinte Finanztip-Kritiker Axel Kleinlein mit seinem schwäbisch inspirierten Begriff „Geschmäckle“. Der „Finanztip“ ist hier nach Faktenlage nicht transparent. Zu den von Kritiker Kleinlein gezählten 400-fachen Empfehlungen, Nennungen oder Verlinkungen von Check24 auf „Finanztip“ passen auch nicht Zweifel an der Effizienz dieses Online-Maklers. Genauer: Check24-Empfehlungen durch den „Finanztip“ sind noch lange nicht die besten Empfehlungen. Das jedenfalls sagt ein Insider gegenüber dem Versicherungsboten; sein Name wird hier nicht genannt werden.
Der Insider, der sich gegenüber dem Versicherungsboten offenbart, berichtet, der „Finanztip“ sei mehrfach angeschrieben und besonders in einer E-Mail konkret auf das Folgende hingewiesen worden. Demnach sei Tenhagens gemeinnütziger „Finanztip“ mit Fakten und exakten Prämien informiert, dass andere Anbieter als Finanztip-Partner Check24 den Direktabschluss etwa von Interrisk-Produkten (Testsieger bei privaten Haftplicht-Policen) anböten. Nebenbei bemerkt der Insider, die Interrisk-Versicherung sei derzeit nicht über Check24 zu kaufen.
... und ohne Interrisk-Angebot
Auch auf „Finanztip“ werde der suchende Kunde auf die Beratersuche bei Interrisk verwiesen, sagt der Insider. Zudem ist bezüglich Check24 anzumerken, dass der „Finanztip“ zwar bei der Versicherersuche die HUK-Coburg (und dort separat) zur gesonderten Preisrecherche empfiehlt. Aber Check24 selbst gibt etwa bei der Suche nach einer Auto-Versicherung nicht an, dass die HUK bei der Auswahl keine Berücksichtigung findet. Diesem Umstand will die EU-Versicherungsaufsicht demnächst durch strenge Regulierung abhelfen; das nur nebenbei. Im Effekt weiß also nicht jeder Kunde, der beim „Finanztip“ auf Check24-Links klickt, nicht unbedingt, dass dieses Portal ohne die HUK vergleicht.
Natürlich ist das Verschweigen der HUK bei Check24 deren Problem. Aber ist das Portal dann eine Empfehlung durch den „Finanztip“ wert? Immerhin 400 Mal, laut Zählung von Axel Kleinlein vom Bund der Versicherten. Kurz zurück zur Check24 und der dort ebenfalls fehlenden Interrisk-Versicherung. Dazu schreibt der Insider, er beziehungsweise sein Unternehmen habe auch Affiliate buchen, also Geld, an den „Finanztip“ zahlen können, aber die Interrisk zahle nun einmal geringere Provisionen als etwa die Bayerische Versicherung. Markt ist Markt. Das führt uns zum Preisbeispiel der Bayerischen. Beispiel Privathaftpflicht bei der Bayerischen Versicherung
Der Insider: „Der ,Finanztip’ weiß (die E-Mail-Infos lägen ihm vor), dass Versicherungsmakler bei der Bayerischen die private Haftpflicht (PHV) eine Rabattvollmacht von bis zu 15 Prozent haben. Die ist aber bei Check24 nicht eingepreist.“ Auch andere Anbieter böten bei PHV Rabatte: Axa bis 30 Prozent auf ihre „Box“-Produkte inklusive PHV; Condor böte ebenfalls 30 Prozent, ähnlich Rhion oder die VHV. Kurz gesagt: Es geht laut Angaben des Informanten, der von angeblich vorhandenen Kenntnissen des „Finanztip“ berichtet, billiger als über Check24.
Bei der PHV, so der Insider, sei bei einem ihm und dem „Finanztip“ bekannten Angebot gewiss, dass dort nur sieben Prozent Rabatt eingepreist seien. Dennoch sei die PHV der Bayerischen billiger als bei Check24; immerhin dem auch vom „Finanztip“ empfohlenen Online-Makler.
Hier die Jahresprämien für eine PHV-Police „Prestige“ der Bayerischen mit 20 Millionen Euro Deckung, null Selbstbeteiligung, die dem Versicherungsboten zum Vergleich vorgelegt wurden.
Check24: 77,88 Euro
Verivox: 73,95 Euro
Mr. Money: 70,25 Euro
„Der Preis von Verivox ist der normale Preis“, meldet der Insider. „Unser Preis ist aktuell sieben Prozent rabattiert und wir könnten zehn und mehr Prozent nachlassen.“ Der oben angegebene Verivox-Preis nach Liste 73,95 minus 10 Prozent wären unterm Strich weniger als 67 Euro. Über zehn Euro weniger als das von „Finanztip“ präferierte Portal Check24. „Check24 ruft erheblich höhere Provisionen auf“ sagt der Insider. „Was ja auch klar ist, die Checker machen für sechs Millionen Euro Fernsehwerbung im Monat“.
Aber dieses Kostenproblem von Check24 ist keines des „Finanztip“. Kritisch findet der Insider, „dass Finanztip sagt, sie suchen das Beste für den Kunden, auch in der Abwicklung. Und dann auf eine Website verlinken, die Aufschläge gegenüber Maklern nimmt.“ Aus Sicht des Insiders könnte „finanztip“ zumutbar zur Kenntnis nehmen, dass es „wesentlich billigere Alternativen zu Check24 gibt“.
Werbung bei Spiegel Online?
Derweilen schreibt „Finanztip“-Chefredakteur Hermann-Josef Tenhagen munter weiter Kolumnen auf Spiegel Online und stellt einzelne Anbieter recht unverblühmt in den Focus. Kürzer gesagt: Klickt. Kauft. Oder? Werblich am deutlichsten oder am effektivsten erschien mindestens dem flüchtigen Leser Tenhagens Beitrag zu dem durchaus innovativen Riester-Anbieter fairr.de, als er am Ende seines Beitrags bedeutungsschwanger (werbend?) schrieb: „Bye bye, Uniprofirente! Es war schön mit Dir. Künftig werde ich wohl öfter über Fairrriester sprechen müssen."
Ein Wunder, dass Union Invest sich das gefallen ließ und nicht mit einer Wettbewerbsklage reagierte. Und worauf Tenhagen in seinem Beitrag zu fairr.de gar nicht einging, das war die unklare fairr-Lage in der Rentenphase. Tenhagens Verbrauchertipps bei Spiegel Online hat der Versicherungsbote gesondert besprochen.
Check24-Sulilatu ein Experte?
Und Tenhagens Ex-Kollege Sulilatu, der derweil bei Check24 untergekommen ist? Der meint zur Frage nach der Zukunft der Finanzberatung, in dem Markt entstehe eine „neue Generation von Beratern, die stärker aus dem Technologiesektor kommt, aber sich das Fachwissen, das ist nun mal so, das wissen wir alle, das kein Buch mit sieben Siegeln ist, aneignen kann.“ Doch, das sagte Suilatu.
So geschehen in einem Interview, welches Sulilatu dem Verbund Deutscher Honorarberater gab und das laut Youtube am 9. Juli 2015 veröffentlicht wurde. Sulilatus laienhafte (im Fremdwort dilettantische) Sicht auf das geforderte Fachwissen der Finanzberatung dürfte ihm keine neuen Freunde unter Versicherungsfachleuten machen. Siehe und höre im O-Ton im Video unten ab Min. 15:20. Die beschriebene Posse um die Verwicklungen von „Finanztip“, Check24, Tenhagen und Sulilatu, Intransparenz und Kritik des gestandenen Verbraucherschützers und Versicherungs-Mathematikers Axel Kleinlein vom Bund der Versicherten erlaubt nur noch eine, eben diese Glosse. So sei es.
Saidi Sulilatu im Gespräch mit „HonorarberaterTV“, veröffentlicht am 9. Juli 2015. Ab Min. 15:20.