Die Direct Line zum Mediengau
Was als PR-Aktion der Direct Line-Autoversicherung startete, endete in einem PR-Desaster bei der von dem Versicherer anvisierten Zielgruppe. Den Autobloggern. Und natürlich deren Klickern, die auf den Autoblogs wie bei dem Versicherer für Traffic sorgen sollten. Direct Line hatte zur Wahl ,Autoblog des Jahres’ aufgerufen, aber offenbar weder eine funktionierende Webseite hierfür zustande gebracht, noch Manipulationen bei der Wahl zu verhindern gewusst.
Autoblogger Björn Habegger von mein-auto-blog erzählt: „Dummerweise war die begleitende PR-Agentur der Versicherung nicht in der Lage, eine Abstimmung zu gestalten, die auch nur annähernd abgesichert gegen Manipulation ist.“ Laut Blogger Habegger konnte Direct Line keine funktionierende Webseite auf die Beine stellen, die dem Wähler-Ansturm gewachsen ist, berichtet Habegger, sichtlich angefressen, in einem Blogbeitrag zu der offenbar stümperhaft durchgeführten Aktion des Versicherers.
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Werbung on
Habegger ist durchaus bewusst, schreibt er, dass eine Wahl zum Autoblog des Jahres, durchgeführt von einem Autoversicherer, zumal im klassischen Kfz-Kündigungsmonat November, eine legitime Werbeaktion hier der Direct Line ist. Warum auch nicht, dachte sich der Blogger. Und bewarb seine Posts, mit denen er auf seiner Facebook-Seite um Stimmen für sein Blog, gegen Geld in die Kasse von Facebook. Zulasten seiner Bloggerkasse.
Ein Medium wie mein-auto-blog zu monetarisieren, dieser Erfolg ist neben guten Inhalten vor allem von einem gut wirtschaftenden Kaufmann abhängig. Werben. Nur muss die Werbung des einen dann auf Gegenseitigkeit basieren, muss der beworbene Partner, hier die Direct Line, mitziehen. Aber nachdem Blogger Habegger in sozialen Medien für die Abstimmung „getrommelt“ hatte, wie er schreibt, habe er von seinen Lesern und Fans nur negative Rückmeldungen erhalten.
Webseite off
„Webseite down“ – „Wir können nicht abstimmen“ – „Wir können für a und b abstimmen, aber nicht für Euch“. Die Webseite der Direct Line für die Votings der Fans zum Autoblog des Jahres „brach binnen weniger Tage zusammen“, berichtet der Blogger. Ihm gegenüber habe man „von Performance-Problemen“ gesprochen, später von „Manipulationen“ auf der. Auch der Versicherungsbote hat über mehrere Tage während der Zeit der Abstimmung die Webseite der Direct Line nicht erreicht.
Es wurde offenbar versucht, die Wahl zum Besten Autoblog zu manipulieren. Björn Habegger: „Techniker der ausführenden Agentur haben Manipulationsversuche festgestellt. Ein Blog wurde von einem BOT-Netz ständig mit 5-Sternen gewählt, alle anderen wurden mit 1-Stern bewertet.“ Ferner, so berichtet Habegger weiter, sei es nicht nur möglich gewesen, täglich neu zu wählen; nach dem Wechsel der IP-Adresse konnte ebenso wieder gewählt werden. Blogger Habegger bezeichnet diese Manipulations-Möglichkeiten als „amateurhaft“.
Hoch und runter voten möglich
Weiter berichtet er, man konnte als Wähler nicht nur 5 Sterne für den Lieblingsblog vergeben, nein, man konnte auch alle anderen Blogs mit nur einem 1-Stern wieder „herunter-voten“. Unfassbar, nennt Habegger das und berichtet, dass auch das Auto-Portal Motor Talk als Medienpartner der Direct Line abgesprungen ist. Offenbar wollte Motor Talk als „Europa größte Auto- und Motor-Community“ (so deren Eigenwerbung) nichts mehr mit der verkorksten Autoblog-Wahl der Direct Line zu tun haben.
Habegger zitiert aus einer E-Mail des Direct-Line-Pressesprechers: „Motor-Talk bat uns, nicht mehr zum Abschluss explizit genannt zu werden. Wir finden dies schade, aber respektieren selbstverständlich den Wunsch, denn das Unternehmen ist uns stets ein wichtiger Partner.“ Und natürlich ist „das Projekt ist seit jeher ein von allen Seiten als Investment in die Stärkung der sehr agilen und hochwertigen Auto-Bloggerszene gedacht.“ Blogger, die auf die Direct Line verweisen und verlinken, wo der Klick-Interessent, der ja auch mal Kunde des Versicherers werden könnte, auf eine tote Webseite stößt, diesen Bloggern ist nicht geholfen. Der Reputation des Versicherers auch nicht.
Kein Sieger gekrönt
Am Ende ging die Wahl zum Autoblog des Jahres ohne wirkliches Ergebnis aus. Die Direct Line verkündete am 1. Dezember die „Top 5 Rankings“, aber keinen ersten, zweiten oder dritten Sieger. Preisgelder, bis zu 2.000 Euro für den Besten, wurden auch nicht wie zunächst geplant an die Autoblogs ausgeschüttet, sondern von dem Versicherer an gemeinnützige Organisationen gespendet. Auf seiner Webseite bedankt sich Direct Line bei allen Mitwirkenden der.
Dennoch werde man in diesem Jahr den Titel ,Auto Blog of the Year’ nicht vergeben. „Wie wir bereits während des Votings auf der Abstimmungsseite mitgeteilt hatten, mussten wir eine versuchte Einflussnahme auf das Ranking feststellen, die über ein reines Hoch- und Runtervoten hinausging und systematische Züge trug. Zwar haben wir die Folgen dieser Versuche nach bestem Wissen und Gewissen eliminiert, dennoch bleibt – ohne einem der Nominierten einen Manipulationsvorwurf zu machen – ein Restzweifel daran, dass das Abstimmungsergebnis am Ende ein zu hundert Prozent faires ist“, schreibt Direct Line.
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Hättest du nicht geschwiegen, Motor Talk ...
Auf ihrer Aktionsseite zur Abstimmung über das beste Autoblog, immerhin auch upgedatet, fanden interessierte Klicker zu Problemen bei dem Voting: Nichts. Direct Line kann froh sein, dass sich Motor Talk mit seinen nach eigenen Angaben 2,6 Millionen (!) Mitgliedern diskret aus der Aktion zurückgezogen hat. Alles andere hätte wohl einen Shitstorm ausgelöst.