Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung - Wie Makler sich als Experten empfehlen
Altersvorsorge: „Wenn ich das nicht mehr kann, dann soll meine Familie für mich entscheiden.“ Was sich viele Bürger wünschen, braucht bürokratische Vorarbeit. Der erfahrende Makler kann hier helfen.
Wer entscheidet, was mit mir passiert, wenn ich darüber nicht mehr selbst entscheiden kann? „Meine Familie entscheidet“, antwortet da fast jeder. Diesem Wunsch kann ohne die entsprechende Grundlage aber in den meisten Fällen nicht entsprochen werden. Wer seine eigenständige Entscheidungsunfähigkeit verliert und keine Vorkehrungen getroffen hat, bekommt vom Betreuungsgericht einen Betreuer (BGB § 1896) zugewiesen, einen Fremden. Wem diese Vorstellung nicht behagt, der sollte sich früh genug mit Vorsorgevollmachten auseinandersetzen, die eine Wunschperson-/en bevollmächtigen, und nicht einen Unbekannten. Denn in diese Situation kann man schnell und auch in jungen Jahren geraten, es ist kein Thema nur für Alte und schwer Kranke. Aber darüber zu sprechen ist schwer.
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Verlust der Entscheidungsfähigkeit: Makler kann Sensibilität für das Thema entwickeln
Steffen Dörre hat sich in diesem Metier professionalisiert und kann einige Empfehlungen geben, wie man als Makler das Gespräch behutsam auf das sensible Thema lenken kann und welche Besonderheiten zu beachten sind. Im Interview sagt Dörre: „Der Makler kann ein Kundengespräch führen, ohne ‹Versicherung› ansprechen zu müssen. Er kann ein ganz anderes Vertrauensverhältnis aufbauen.“ Eine zentrale Grundlage ist das profunde Wissen darüber, was eigentlich passiert, wenn jemand seine eigenständige Entscheidungsunfähigkeit verliert und welche Schritte daraufhin einzuleiten sind. Dörre empfiehlt hier ganz präzise Vorbereitungen sowie das Führen von „Übungsgesprächen“ mit Freunden, Familienmitgliedern und Bekannten, um ein Sensorium zu entwickeln für die Stimmungen in dieser so sensiblen und sehr privaten Angelegenheit.
Zudem seien Schulungen wichtig, um Faktensicherheit, auch zu rechtlichen Fragen, zu erlangen. Auch gelänge das Ausfüllen der Formulare erst nach einiger Übung und sollte darum spätestens beim Kundenkontakt sitzen. Denn Dörre hat es ausprobiert und herausgefunden, schriftlich bringt es fast überhaupt nichts, das heikle Thema anzusprechen. Zweihundert Kunden hat er angeschrieben. Gerade einmal acht kamen danach auf ihn zu.
Direktes Gespräch als Option der Geschäftsoptimierung
Von Angesicht zu Angesicht sind die Chancen, den Kunden für das Thema zu gewinnen, nach der Erfahrung Dörres um ein Vielfaches höher. Dabei empfiehlt er, nach gewissenhafter Vorbereitung, ganz direkt und dennoch emphatisch nachzufragen: „Wenn Sie morgen nicht mehr schreiben und sprechen können – durch Unfall, Krankheit oder sonstige Probleme, wer soll für Sie entscheiden? Fremde oder Ihre Familie?“ – da kommt vom Gegenüber immer Familie. Dann sage ich: „Haben Sie es aufgeschrieben? Wenn nicht, dann träumen Sie weiter. Oder wollen wir uns einmal eine Stunde hinsetzen, und dann machen wir das zusammen?“
Auch mit der stets sehr wirkungsvollen Frage: „Möchten Sie, dass fremde Menschen über Sie entscheiden?“, hat Dörre sehr gute Ergebnisse erzielen können. Und auch wenn dieses Thema keine enormen Umsätze verspricht, so bringt diese Nebendienstleistung doch Vertrauen und unterstreicht die Kompetenz des Maklers. Auf dieser von Kompetenz und Vertrauen geprägten Basis ist dann der Vertrieb von weiteren Versicherungsaspekten wie die der Hinterbliebenenvorsorge, Pflege, Lebensversicherung oder Krankenversicherung ein guter Boden bereitet. Und in diesem Folgegeschäft sind hohe Gewinne möglich.
Als Aufsichtsrat der Tutus AG, einem sich auf Vorsorgevollmachten und Patientenverfügungen spezialisierten Anbieter, hat Steffen Dörre eine fundierte Basis. Denn der Anbieter aus Leipzig arbeitet mit Fragebögen, die neben Ankreuzmöglichkeiten auch Textbausteine enthalten, zwischen denen der Kunde wählen kann. Im Anschluss an die Antragsaufnahme wird dann über eine Anwaltskanzlei die eigentliche Rechtsdienstleistung vorgenommen, das heißt die Erstellung der Vorsorgeverfügung und Patientenvollmacht auf der Basis des Fragebogens. Nun ist es wichtig, dass diese Dokumente im Ernstfall nachher auch auffindbar sind.
Um dies sicherzustellen, bietet die Tutus AG ihre Vortiva-Datenbank an. Auf dieser offline-Datenbank werden alle Dokumente digitalisiert hinterlegt und sind im Zweifelsfall sofort greifbar. Über eine 24-Stunden-Hotline können die Dokumente vom behandelnden Arzt in der Notfallsituation jederzeit angefragt werden. So kann ein fremdbestimmtes Betreuungsverfahren abgewendet werden und dem Arzt ist es möglich, ohne langes Prozedere sofort zu handeln.
Die Bundesnotarkammer und die rechtliche Betreuung durch „Fremde“
Was genau geschieht also, wenn jemand in die Situation des Verlusts der eigenen Entscheidungsfähigkeit gerät? Als erstes prüft das Betreuungsgericht, ob der Betroffene eine Vorsorgevollmacht ausgestellt hat und auf wen. Diese Anfrage richtet das Gericht an das Zentrale Vorsorgeregister (ZVR) der Bundesnotarkammer. Um sich ein Bild davon zu machen, wie häufig ein solcher Fall eintritt, seien im Folgenden die Zahlen der Anfragen genannt, die in den letzten Jahren bei der ZVR eingegangen sind: Im Jahr 2013 erreichten das Register 117.518 Anfragen mit Bitte um Auskunft, 2012 waren es 232.065 Anfragen gewesen. Im Jahr davor kam es zu 234.949 Anfragen und im Jahr 2010 sind es 231.227 gewesen. Damit steht die Frage nach der Vollmacht also viel häufiger im Raum, als die meisten wahrscheinlich vermutet hätten. Hinzu kommt der Fakt, dass von allen Anfragen jeweils weniger als zehn Prozent positiv beschieden werden können. Das heißt, dass in über neunzig Prozent der Fälle keine Vollmachten vorliegen und somit eine fremde Person, der rechtliche Betreuer, die Befugnis einer Entscheidung zugesprochen wird. Im Jahr 2013 gab es 1,3 Millionen solcher rechtlichen Betreuungen (Daten laut Statistischem Bundesamt). Von wegen „meine Familie soll entscheiden.“ Die Zahlen sprechen eine andere Sprache.
Die jungen Leute verdrängen die Frage nach dem Ernstfall
Die wenigen Bundesbürger, die sich Gedanken über das Eintreten des Ernstfalls zu machen, sind in der Regel im Rentenalter. So beziffert die Bundesnotarkammer das Durchschnittsalter der Vollmachtgeber und Vollmachtgeberinnen zum Zeitpunkt ihrer Registrierung auf über 65 Jahre. Das ist reichlich spät, denn auch jüngere Menschen sollten die Bedeutung einer Vorsorgevollmacht früh genug durchdenken, um bei möglichen Verlusts der Geschäfts- und/oder Einwilligungsfähigkeit jemanden zu haben, dem sie vertrauen, und der an ihrer statt handelt und entscheidet. Doch gerade Unternehmer, Gesellschafter oder Geschäftsführer sollten mit einer Versorgungsvollmacht einem möglichen Stillstand des Geschäfts vorkommen, für den Fall, dass es einmal überraschend ernst wird – das Treffen von Regelungen und das Leisten von Unterschriften kann nicht automatisch von Familienangehörigen geleistet werden, dies gilt es zu bedenken. Wenn durch das Fehlen einer Versorgungsvollmacht nicht reagiert werden kann, droht im schlimmsten Fall eine Insolvenz. Weiterhin sehr ratsam ist eine Trennung der Vollmachten für den Geschäftsbereich einerseits und den privaten Bereich andererseits. Hinsichtlich der gebotenen Errichtung einer „Brandmauer“ zwischen privatem Vermögen und betrieblichem Vermögen ist auch die Umwandlung des Betriebs in eine haftungsbeschränkte GmbH zu erwägen.
So ist es interessant, dass sich angesichts der möglichen Folgen nur wenige mittelständische Unternehmen mit unternehmensbezogenen betrieblichen Vollmachten auseinandersetzen. Bei diesen Vollmachten steht nicht so sehr die Aufrechterhaltung der Selbstbestimmung der Betroffenen im Vordergrund – es geht um die im Betrieb involvierten Personen, um investiertes Kapital, kurzum: hier geht es um die Unternehmenssicherung. Zwar kann die als Generalvollmacht ausgestellte Versorgungsvollmacht auch den beruflichen beziehungsweise unternehmerischen Bereich mit abdecken. Aber bei Berufs-, Handels und Gesellschaftsrecht sind besondere Spielregeln zu berücksichtigen. So muss die „normale“ Vollmacht unbedingt erweitert werden durch klare Angaben und Handlungsanweisungen des Unternehmers, wie er sein Unternehmen fortgesetzt wissen will, wenn er selbst einmal wegen eines Unfalls oder wegen längerer Krankheit die Fäden aus der Hand geben muss. Soll der Betrieb fortgeführt, liquidiert, übertragen oder verkauft werden, wenn man selbst nicht mehr entscheiden kann? Mit diesen Fragen sollte sich der Unternehmer früh genug beschäftigt haben und nicht seine Bevollmächtigten damit überfordern.
Patientenverfügung
Wer also beginnt, sich mit dem Thema zu beschäftigen, dem begegnet eine zunächst verwirrend scheinende Vielfalt an Möglichkeiten. Aber schließlich ist es doch alles ganz einfach und gut strukturiert. Wünsche zur medizinischen Behandlung für den Fall, dass ein Zustand der Entscheidungsunfähigkeit (z.B. Bewusstlosigkeit) eintritt, fixiert man am besten mit einer Patientenverfügung. In diesem Dokument legt man fest, ob man etwa künstlich beatmet werden möchte oder andere lebenserhaltende Maßnahmen wünscht. Diese Verfügung greift dann, wenn man selbst nicht mehr in der Lage ist, dies zu entscheiden.
Vorsorgevollmacht
Nun hat man seinen Willen in der Patientenverfügung schriftlich festgehalten, nun muss er im Zweifelsfall aber auch durchgesetzt werden. Dies stellt man sicher mit einer Vorsorgevollmacht. Mit der Vorsorgevollmacht überträgt man einer Person der eigenen Wahl unter anderem die Aufgabe, dem in der Patientenverfügung formulierten Willen Geltung zu verschaffen. Damit wird der Bevollmächtigte zum Stellvertreter des Vollmachtgebers und soll für diesen handeln, entscheiden, Verträge schließen und so fort. Dabei obliegt es dem Vollmachtgeber, eine umfassende Vollmacht zu erteilen, also eine Generalvollmacht oder eine Vollmacht zu erteilen, die begrenzt wirksam ist. Zudem kann der Vollmachtgeber seine Vollmacht zu jedem Zeitpunkt abändern oder zurückziehen.
Betreuungsverfügung
Als Alternative zur Vorsorgevollmacht besteht die Option der Ausstellung einer Betreuungsverfügung. Das Betreuungsgericht wird dabei informiert, wer im Ernstfall die Betreuung übernehmen soll und wer auf keinen Fall. Diesem Wunsch kommt das Gericht daraufhin, soweit realisierbar, nach. Dieses Modell macht dann Sinn, wenn man sich vorstellen kann, dass beispielsweise der Nachbar als Betreuer aktiv wird, dabei aber stets der Kontrolle des Gerichts unterliegt. Diese Kontrolle erstreckt sich für gesetzliche Betreuer bis auf den Cent-genauen Nachweis über die Verwendung des Vermögens dessen, der betreut wird. Nun ist es vor allem diese penible Nachweispflicht, die für Familienangehörige, die als gesetzliche Betreuer eingesetzt wurden, zur zusätzlichen und anstrengenden Detailarbeit wird.
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Der Makler sollte also alle diese Optionen sowie deren Für und Wider genau kennen. Darüber hinaus sollte er durch gezielte Fragen herausarbeiten, was genau der Kunde sich im „Ernstfall“ wünscht und braucht. Vor allem aber, und das steht ganz am Anfang, sollte der Makler Selbstsicherheit im Umgang mit dem Thema finden und die richtigen Worte wählen, um damit dem Kunden die Scheu zu nehmen, das Tabuthema des Verfalls oder der Hilflosigkeit offen und pragmatisch zu besprechen.