Solvency II - Aktuare sehen Nachbesserungsbedarf
Solvency II – In der neuesten Ausgabe des Magazins „Aktuar Aktuell" weist die Deutsche Aktuarvereinigung e.V. auf Felder mit Verbesserungsbedarf vor der Umsetzung von Solvency II hin. Zwar gingen die neuen regulatorischen Standards schon in die richtige Richtung, aber Perfektion sei noch nicht erreicht, um das Aufsichtssystem in der Versicherungsbranche sicherzustellen.
Dreizehn Jahre lang sinnierten die Experten nun schon an der Gestaltung eines risikobasierten Aufsichtssystems für die Versicherungsbranche. Nun ist es nicht mehr weit, bis Solvency II in Kraft treten kann. Das System wurde von allen Seiten eingehend betrachtet, fast alle Eventualitäten wurden einbezogen und durchdacht – dennoch wird die Einführung nicht unmerklich vonstatten gehen, wie die Deutsche Aktuarvereinigung eV. (DAV) mutmaßt.
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Anpassungsbedarf bei der Zinszusatzreserve?
Ungeklärt sei etwa die Frage, wie die Lebensversicherungen angesichts des anhaltend niedrigen Zinses alle Verbindlichkeiten des Produkts langfristig sicherstellen können. Die DAV erkennt nach wie vor einen starken Handlungsbedarf in diesem Feld, auch wenn 2011 eine Zinszusatzreserve (ZZR) eingeführt wurde – diese reicht offenbar nicht. Zwar funktioniere diese Reserve durchaus als wichtiger Puffer, so schreibt die DAV, um die Verbindlichkeiten der Versicherer gegenüber ihren Kunden dauerhaft sicherzustellen. Doch „angesichts des unerwarteten Tempos des Zinsverfalls muss allerdings noch einmal über die Geschwindigkeit des Aufbaus nachgedacht werden“ betonte die DAV.
Anderenfalls müsse man davon ausgehen, dass die Zuführungen zur ZZR im Vergleich zu jenen in den Jahren 2012 oder 2014 merklich zunehmen würden. „Dadurch könnten künftig auch Unternehmen, die ausreichend Vorsorge getroffen haben, zu ökonomisch unsinnigen Maßnahmen gezwungen werden“,
Um diesen Effekt abzumildern, hat die Finanzaufsicht BaFin jüngst entschieden, den Ansatz von Storno- und Kapitalwahrscheinlichkeiten bei der Berechnung der ZZR zu erlauben. So könnte im Ergebnis die Belastung des ZZR um bis zu fünfzehn Prozent abgemildert werden, zu diesem Ergebnis kam die DAV bei Probeberechnungen. Allerdings ist für das Ergebnis der Berechnung auch stets der Bestand an Versicherungen eines Unternehmens ausschlaggebend.
Deckungsrückstellungsverordnung benötigt Änderungen
Darüber hinaus sieht es die DAV als notwendig an, weitere Schritte zum reibungslosen Funktionieren des Systems einzuleiten. Dazu allerdings müsste man zunächst einmal die Deckungsrückstellungsverordnung, kurz DeckRV, abändern.
Die Berechnungsvorschriften müssten, so sieht es jedenfalls die DAV, neu kalibriert werden, nur so ließe sich die rasende Geschwindigkeit des Aufbaus des ZZR abmildern. Auch sollte die BaFin eine Handhabe darüber erlangen, für einzelne Fälle eine Ausnahme, das heißt ein Abweichen von den allgemein geltenden Vorschriften der DeckRV zu billigen, wenn sich ihr in einer Prüfung offenbart hat, dass die Vorschriften in diesem individuellen Fall unpassend sind. Deshalb wäre es sinnvoll, eine solche BaFin-Ermächtigung in die DeckRV zu integrieren.
Verbesserung für Arbeitnehmer - Kosten für Arbeitgeber
Ein Zweigverein der DAV namens Institut der Versicherungsmathematischen Sachverständigen e.V. (IVS) hat ebenfalls seine Ansicht deutlich gemacht, dass es vor der Umsetzung der EU-Mobilitätsrichtlinie im deutschen Recht noch einiges zu justieren gibt. In einer Stellungnahme an den Ausschuss für Arbeit und Soziales des Deutschen Bundestages argumentiert das Institut, dass es die Pläne der Bundesregierung tatsächlich als Verbesserung für die Arbeitnehmer anerkenne, sich aber andererseits in Abhängigkeit von der Ausformung die Kosten für die betriebliche Altersvorsorge für den Arbeitgeber doch signifikant erhöhten.
Es sei deshalb dringend erforderlich, „dass der Gesetzgeber den Unternehmen eine vollständige steuerliche Begleitung der Änderungen einräumt“, so formulierte das Institut. Auch sei es naheliegend, in Anbetracht der Niedrigzinsphase zeitnahe handlungsrechtliche Erleichterungen für die Unternehmen beim Bewerten von Pensionsverpflichtungen zu gewährleisten.
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Das Gleiche hatte im übrigen auch der Bundesrat im September des aktuellen Jahres als Forderung zum Ausdruck gebracht. Ferner bedürften die vorgesehenen Änderungen des Einkommenssteuergesetzes einer weiteren Verbesserung. Das IVS sieht es in diesem Zusammenhang als die beste Lösung an, das steuerliche Mindestalter statt auf nur 23 auf 21 Jahre herabzusetzen. So sei es auch vor dem Erreichen dieses Alters fortan möglich, mit einer unverfallbaren Anwartschaft aus einem Unternehmen auszuscheiden.