IDD: EU-Vermittlerrichtlinie von Europaparlament und EU-Rat unterzeichnet
Die europäische Versicherungsvermittlerrichtlinie (IDD – Insurance Distribution Directive) wurde gestern in Brüssel von Europaparlament und EU-Rat unterzeichnet. Nun müssen EU-Kommission und die EU-Länderparlamente entscheiden, wie die Vorgaben konkret umgesetzt werden.
Stolze 90 Seiten umfasst das Dokument mit der Nummer ST 10747 2015 INIT, versehen mit zahlreichen Paragraphen, fett gedruckten Einrückungen und Definitionen, das in der europäischen Versicherungsbranche für mehr Transparenz sorgen soll. Das Papier ist der Wegweiser, was dem Versicherungsvertrieb zukünftig erlaubt sein wird – und was ausdrücklich verboten.
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Gestern haben Europaparlament und EU-Rat die europäische Vermittlerrichtlinie IDD unterzeichnet. Es ist nun Aufgabe der EU-Mitgliedstaaten, die Richtlinie in nationales Recht zu übersetzen, zwei Jahre haben sie hierfür Zeit. Zugleich wird auch die EU-Kommission noch einmal aktiv und konkretisiert wichtige IDD-Regelungen in vier so genannte delegierte Rechtsakten. Am Ende des Prozesses wird ein neues Regelwerk stehen, welches das bisherige von 2002 ersetzt - nach jahrelangen Debatten, Verwerfungen und Spekulationen.
Für wen soll die neue Vermittlerrichtlinie gelten?
Die IDD soll die gesamte Vertriebskette von Versicherungsverträgen erfassen. Das heißt, neben Maklern und Vertretern ist nun auch der Direktvertrieb eingeschlossen, etwa wenn Anbieter ihre Policen online verkaufen. Aber die EU hat auch Ausnahmen festgeschrieben.
So gilt die IDD nicht, wenn die Versicherung als Nebendienstleistung bei der Veräußerung eines anderen Produkts vermittelt wird und die Prämie 600 Euro jährlich – bei Verträgen von bis zu drei Monaten 200 Euro – nicht überschreitet. Dies kann unter anderem Reiserücktrittsversicherungen betreffen, die von einem Reisebüro angeboten werden.
Ist ein Provisionsverbot geplant?
Der Provisionsvertrieb wurde von der EU kritisch gesehen – speziell bei Altersvorsorgeprodukten und in der privaten Krankenversicherung, so der Verdacht, entstehen Verbrauchern durch hohe Provisionszahlungen an die Vermittler Nachteile. Hier sollte die IDD-Richtlinie eine Verbesserung bringen. Wie wichtig das Thema Provisionen war, zeigt schon eine Stichwortsuche in der jetzigen Version des Dokumentes – immerhin 83mal auf 90 Seiten taucht der Begriff auf.
Aber die Vermittler können aufatmen. Ein Verbot von Provisionen schreibt die Richtlinie explizit nicht vor. Stattdessen können die Länderparlamente entscheiden, ob sie ein solches für bestimmte Vertriebswege durchsetzen oder nicht. Die schwarz-rote Regierungskoalition hat bereits durchblicken lassen, auch zukünftig Provisionen erlauben zu wollen. Allerdings steht im Jahr 2017 auch eine Bundestagswahl an, wobei die aktuellen Umfragewerte der Parteien darauf hindeuten, dass sich die Machtverhältnisse nicht ändern werden.
Welche Vorgaben macht die IDD hinsichtlich der Provisionen?
Sehr wohl aber enthält die neue Richtlinie Prämissen, die sich auf Provisionszahlungen auswirken könnten. So lässt die IDD Provisionszahlungen im Vertrieb für Versicherungsanlageprodukte – beispielsweise kapitalbildende Lebensversicherungen – unter der Bedingung zu, „dass die Provision nicht zu Lasten der Qualität der Dienstleistung geht“, wie der GDV berichtet. Zudem verlange die Richtlinie, dass die Provision keinen negativen Einfluss auf die Verpflichtung der Vermittler hat, „stets ehrlich, fair und professionell im besten Kundeninteresse zu handeln“. Die EU-Kommission steht nun vor der Aufgabe, entsprechende Kriterien für die Einhaltung dieser Regeln zu erarbeiten.
EU-Kommission erarbeitet Kriterienkatalog
Laut GDV hat die Kommission darüber hinaus die Aufgabe, die Richtlinienvorgabe im Umgang mit Interessenkonflikten bei der Vermittlung von Versicherungsanlageprodukten zu konkretisieren. Mit anderen Worten: Die Kommission definiert, was überhaupt als schädlicher Interessenkonflikt im Sinne des Kunden gewertet wird und welche Vorgaben den Unternehmen und Vermittlern gemacht werden, um die Interessenkonflikte zu vermeiden.
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Auch soll sich die EU-Kommission damit auseinandersetzen, wie "Unternehmen die von der Richtlinie verlangte Produktprüfung umsetzen", so der GDV. Die Kommission soll unter anderem festlegen, welche Aufsichts- und Lenkungs-Anforderungen („Product Oversight and Governance“, kurz POG) die Unternehmen erfüllen müssen und wie die notwendigen Fachkenntnisse zum Vertrieb der Produkte die Vermittler erreichen können.