Kapital-Lebensversicherungen - Quasi Vertriebs-Ende durch die IDD-Hintertür?
Vermittlerrichtlinie II - Die EU-Richtlinie 2016/97 des Europäischen Parlaments über den Versicherungsvertrieb (IDD) wurde am 20. Januar 2016 verabschiedet. Besonderer Knackpunkt für den deutschen Gesetzgeber dürfte Kapitel VI der neuen EU-Vermittlerrichtlinie sein (Zusätzliche Anforderungen im Zusammenhang mit Versicherungsanlageprodukten). Die EU-Staaten müssen die Richtlinie bis zum 23.02.2018 in nationales Recht umgesetzt haben.
IDD Artikel 29
bestimmt, dass Kunden und potenziellen Kunden beim Vertrieb von Versicherungsanlageprodukten angemessene Informationen über sämtliche Kosten und verbundene Gebühren rechtzeitig vor dem Abschluss eines Vertrags zur Verfügung zu stellen sind. Diese Informationen sind in aggregierter Form zu erteilen, um es dem Kunden zu ermöglichen, die Gesamtkosten sowie die kumulative Wirkung auf die Anlagerendite zu verstehen, und - falls der Kunde dies verlangt - ist eine Aufstellung der Kosten und Gebühren nach Posten zur Verfügung zu stellen. Diese Informationen müssen in verständlicher Form und auf eine Weise erteilt werden, welche es den Kunden bzw. potenziellen Kunden ermöglicht, nach vernünftigem Ermessen die Art und die Risiken des angebotenen Versicherungsanlageprodukts zu verstehen und somit Anlageentscheidungen wohlinformiert treffen zu können.
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IDD Artikel 17
Die Bestimmungen zum Vertrieb von Versicherungsanlageprodukten erhalten besondere Brisanz in Verbindung mit den Wohlverhaltensregeln in Kapitel V der IDD. Dort in Artikel 17 ist festgelegt, dass Versicherungsvertreiber (also sowohl Versicherungsvermittler wie auch die Versicherer selbst) bei ihrer Versicherungsvertriebstätigkeit gegenüber ihren Kunden stets ehrlich, redlich und professionell und in deren bestmöglichem Interesse handeln müssen. Alle Informationen an Kunden, einschließlich Marketing-Mitteilungen, müssen darüber hinaus redlich, eindeutig und nicht irreführend sein.
IDD Artikel 20
definiert die Verpflichtungen noch weiter. Vor Abschluss eines jeden Versicherungsvertrags hat der Versicherungsvertreiber dem Kunden objektive Informationen über das Versicherungsprodukt in einer verständlichen Form zu erteilen, damit der Kunde eine wohlinformierte Entscheidung treffen kann. Das Wort "objektiv" beinhaltet zweifellos nicht nur das endlose Aufzählen von Vorteilen. Dabei muss jeder angebotene Vertrag den Wünschen und Bedürfnissen des Kunden hinsichtlich der Versicherung entsprechen.
Mindestens dreimal spannend
Was bedeuten die oben genannten Artikel der IDD für die Praxis? Zum Ersten wird es spannend sein zu beobachten, ob die deutsche Versicherungslobby den hiesigen Gesetzgeber bewegen kann, die EU-Vorgaben soweit zu entschärfen, dass der Verkauf von Versicherungsanlageprodukten weiterhin ohne Transparenz für Kunden und Vermittler möglich bleibt. Dies dürfte m.E. jedoch zu einer Konterkarierung der EU-Vorgaben führen.
Sollte dies der Versicherungslobby nicht gelingen, dann würde es im Zweiten spannend sein zu beobachten, wie sich indirekte Auswirkungen auf Altverträge gestalten. Möglicherweise fragen die Kunden ja plötzlich nach, wie die Kosten ihrer Altverträge aussehen.
Sollten sich die EU-Vorgaben jedoch "unbereinigt" in der deutschen Gesetzgebung wiederfinden, dann wird es zum Dritten spannend sein zu beobachten, ob ein Vertrieb von Versicherungsanlageprodukten überhaupt noch stattfinden wird.
Wer die Bestimmungen der IDD für einen schlechten Witz hält, der kann den Wortlaut hier selbst nachlesen.
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Mit Wünschen für eine angenehme Woche Ihr
Freddy Morgengrauen