Schier unerschöpflich ist die Datenmenge, die viele Bürger freiwillig an Google abgeben. Jeder, der das Betriebssystem Android nutzt oder die Google-Suchmaschine, hinterlässt Spuren im Netz, die eine Art virtuellen Fingerabdruck ergeben. Welche Produkte man wo bestellt hat, wohin man gern in den Urlaub fährt, nach welchen Krankheitsbildern man im Netz suchte – all diese Daten werden gesammelt und ausgewertet, um den Nutzern passgenaue persönliche Werbung einblenden zu können.

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Google Compare wird zum 23. März eingestellt

Die gesammelten Daten versprechen Google einen Vorteil gegenüber Mitbewerbern, die oftmals nicht über so viele Informationen potentieller Kunden verfügen. „Daten sind das Öl des 21. Jahrhunderts“, so lautet eine oft zitierte Floskel auf dem Börsenparkett. Umso skeptischer verfolgte die Vermittlerbranche Googles Pläne zur Einführung eines eigenen Vergleichsportals für Versicherungen. Zunächst in Deutschland für den September 2013 angekündigt, wurde der Start mehrfach verschoben und verschoben – er erfolgte bis heute nicht.

Überraschend kommt nun die Nachricht, dass Google in den USA und Großbritannien wieder aus dem Vergleichsgeschäft mit Finanzprodukten aussteigen will. Die Seite „Google Compare“ werde zum 23. März 2016 eingestellt, nur ein Jahr nach dem Markteintritt, so berichtet heute das Manager Magazin mit Berufung auf das Wall Street Journal. „Google Compare“ hatte sich im angloamerikanischen Raum auf den Vergleich von Kreditkarten und Hypotheken-Dienstleistungen konzentriert, auch Kfz-Versicherungen wurden vertrieben.

Schwieriges Nutzerverhalten – Google Compare hatte nicht gewünschten Erfolg

„Der Vergleichsservice hat nicht den gewünschten Erfolg geliefert, den wir uns davon versprochen haben“, zitiert das Wall Street Journal aus einer internen Email. Hat ausgerechnet der Online-Spezialist Google das Nutzerverhalten falsch eingeschätzt? Viele Verbraucher würden mehrere Vergleichsportale gleichzeitig konsultieren und dort die Angebote gegenchecken, heißt es zur Begründung, auch ließen sich die Kunden bis zu einer Entscheidung viel Zeit. Abgeschlossen werden die Verträge dann häufig doch im persönlichen Kontakt mit einem Vermittler. Das verringere auch die Attraktivität von „Google Compare“ für Werbekunden.

Erschwerend kam auf dem US-amerikanischen Markt hinzu, dass Google die größten Versicherer nicht mit ins Boot holen konnte. Das schwächte die Aussagekraft der Vergleichsangebote deutlich. Statt selbst Produkte anzubieten, wolle man sich zukünftig verstärkt auf Dienste wie „Adwords“ konzentrieren, die Werbetreibende bei Anzeigen unterstützt, heißt es in dem Bericht. Auch Kooperationen mit Versicherern und Finanzdienstleistern seien möglich.

Kooperation mit Versicherungsvertretern sollte RoPo-Kunden befriedigen

Was man Google nicht vorwerfen kann: Dass der Konzern das anspruchsvolle Abschlussverhalten der Versicherungskunden ignoriert hätte. Um den sogenannten „RoPo“-Kunden zu befriedigen, der online recherchiert, aber dann seinen Vertrag offline bei einem persönlichen Vermittler abschließt (Research Online, Purchase Offline), kooperierte Google in den USA seit dem Mai 2015 mit Versicherungsvertretern. Bei Fragen zu einem Vertrag stellte der Online-Anbieter den Kontakt zu einem lokalen Versicherungsfachmann her (Versicherungsbote berichtete). Genützt hat es wenig, wie das jetzige Aus zeigt.

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Es ist freilich nicht das erste Mal, dass Google ein Vergleichsportal vom Markt nehmen muss. In Frankreich erlitt der Gigant im Jahr 2013 Schiffbruch und verkündete bereits nach drei Monaten das Aus für seinen Auto-Versicherungsvergleich. Damals wurde der Datenhunger des Konzerns als Ursache für den Misserfolg vermutet. Google war zu dieser Zeit mehrfach negativ in die Schlagzeilen geraten, weil der Konzern französische Datenschutzbestimmungen nicht akzeptieren wollte.

Handelsblatt / Wall Street Journal