Elternunterhalt - Ehepartner in Alleinverdiener-Ehen haben nur eingeschränktes Recht auf Altersvorsorge
Elternunterhalt: Wer keinen Job und kein Einkommen hat, aber pflegebedürftige Eltern, der muss zunächst einmal an sein Vermögen heran. Die eigene Altersvorsorge genießt dabei nur eingeschränkten Schutz, so die BGH-Richter. Für die Kinder bedeutet das im Ernstfall ein Zehren vom Notgroschen. (Urteil vom 29. April 2015, XII ZB 236/14)
Vor allem Hausfrauen in Alleinverdiener-Ehen sind vom aktuellen BGH-Urteil betroffen, wie auf test.de zu lesen war. „Für den zur Zahlung von Elternunterhalt Verpflichteten, der verheiratet ist und kein eigenes Erwerbseinkommen erzielt, besteht grundsätzlich kein Bedürfnis für die Bildung eines eigenen Altersvorsorgevermögens“, so die Worte des BGH zu seiner Entscheidung. Bad News für alle Hausfrauen in sogenannten Alleinverdiener-Ehen.
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Denn wie dem Gerichtsentscheid zu entnehmen ist, muss die Hausfrau, so einer oder beide ihrer Elternteile im Pflegeheim untergekommen sind, ihr Erspartes grundsätzlich für Unterhaltszahlungen an die Eltern aufwenden. Das gilt auch dann, wenn dem Ersparten ein anderer Zweck zugedacht gewesen war, nämlich die Absicherung der eigenen Altersvorsorge. Die Richter haben geurteilt, dass es Sache des arbeitenden Ehepartners sei, für seine erwerbslose Partnerin vorzusorgen und dass sie deshalb keine eigene Vorsorge brauche.
Unterhaltspflicht bei fehlendem Einkommen
Im entsprechenden Fall hatte die unterhaltspflichtige Tochter kein Berufseinkommen, jedoch ein Vermögen im Umfang von rund 98.000 Euro sowie eine Immobilie, in welchem das Ehepaar residierte. Das Jahresbruttoeinkommen des Ehemanns betrug circa 71.000 Euro, während die Unterbringung im Pflegeheim bis zum Tod der Mutter das Sozialamt mit 7.300 Euro bezuschusst hatte.
Nun forderte das Amt diese Summe von der Tochter ein. Dabei gestand das Oberlandesgericht Köln der Tochter noch ein geschütztes Vermögen in Höhe von rund 180.000 Euro zu - doch der BGH fand das überflüssig. Der Frau stünde kein eigenes Schonvermögen zu – die Grenze sei ein Notgroschen von maximal 10 000 Euro. Immerhin fand das Gericht die selbst bewohnte Immobilie der Tochter vor dem Zugriff als schützenswert.
Nicht-Verdiener über Ehepartner abgesichert?
Von dieser Entscheidung würde man absehen, wenn die Tochter über ihren Ehegatten „nicht hinreichend“ abgesichert sei, so der BGH, indem er den Fall wieder an das Oberlandesgericht zurück reichte. Am Kölner Gericht nun prüfen die Richter die Frage, ob denn die Tochter und Ehefrau hinreichend über ihren Mann abgesichert sei oder eben nicht. Sollte sich abzeichnen, dass sie über ihren Mann nicht ausreichend abgesichert ist, dann würde ein Teil oder ihr gesamtes Vermögen doch noch geschützt. Ist es der Mann doch, sind die 7.300 Euro zu zahlen.
Bislang war das sogenannte Schonvermögen recht großzügig angesetzt, dies nun wird mit der aktuellen Entscheidung für einige Betroffene anders. Bisher galt, dass als Altersvorsorge 5 Prozent des aktuellen Bruttolohns des Unterhaltspflichtigen für alle Monate seit Berufsbeginn plus 4 Prozent Zinsen (BGH, Az. XII ZR 98/04) geschützt waren. Das heißt, dass sich mit dem Urteil für Unterhaltspflichtige mit Job nichts ändert.
Urteil interessant für Nichtverdiener
Interessant ist das Urteil für unterhaltspflichtige Kinder, die nicht arbeiten und kein eigenes Einkommen haben. Ihnen steht dieses Schonvermögen nach der 5-Prozent-Formel in Folge der jüngsten BGH-Rechtsprechung nicht mehr zu. Eine Ausnahme lässt der BGH zu, nämlich wenn der Ehemann „nicht ausreichend“ vorgesorgt hat.
Unter Anwälten hat diese BGH-Entscheidung Unmut erzeugt. So äußerte sich Jörn Hauß, Fachanwalt für Familienrecht aus Duisburg, er halte den Entscheid für „sozialpolitisch bedenklich“. Auch sein Kollege Martin Wahlers, Fachanwalt für Familienrecht aus Darmstadt, fand: „Nicht nur wird die wirtschaftliche Selbstständigkeit der Frau im Alter eingeschränkt, sondern der Mann wird im Grunde gezwungen, doppelt vorzusorgen, will er nicht sein Altersvorsorgevermögen irgendwann auf zwei Personen aufteilen“.
Sozialpolitisch bedenkliches Urteil
Denn was ist, wenn nun entsprechend der neuen Rechtsprechung der allein verdienende Schwiegersohn tatsächlich für sich UND seine Frau vorsorgt, dann aber selbst an den Punkt gelangt, an dem er zum Elternunterhalt für die eigenen Eltern herangezogen wird? Ihm stehen ja dann nach bisheriger BGH-Rechtsprechung nicht etwa zwei Schonvermögen zu, sondern nur eines.
Eine Neuerung betrifft ebenfalls den Vorteil, den Eigenheimbesitzer haben, weil sie ohne Mietzahlungen wohnen. Dabei ist grundsätzlich unstrittig, dass Unterhaltspflichtigen, die im Eigenheim leben, die nicht zu zahlende Miete bei der Berechnung ihrer Unterhaltszahlung fiktiv als Einkommen angerechnet werden darf. Jene fiktive Anrechnung lehnte der BGH im Jahr 2012 ab - bei einer Frau ohne Beruf (Az. XII ZR 43/11). Von dieser früheren Haltung nehmen die BGH-Richter nun jedoch Abstand. Ist die Hausfrau wie im vorliegenden Fall die Alleineigentümerin des Familienheims, dann darf ihr nach Ansicht der Bundesrichter die ersparte Miete durchaus als Einkommen angerechnet werden.
Finanziell düstere Zukunft oder Abhängigkeit vom Ehemann
Nun kann dieser Umstand dazu beitragen, die Entscheidung der Richter des Oberlandesgericht Köln dahin zu lenken, dass die Tochter zur Unterhaltszahlung verurteilt wird. Die Frau hat kein Einkommen, nur einen verdienenden Ehemann und Erspartes. Ist die finanzielle Zukunft der Ehefrau also sehr düster? Nicht zwingend:
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Der Fachanwalt für Familenrecht Jörn Hauß aus Duisburg hat ausgerechnet, dass dem Ehemann der Frau mehrere hunderttausend Euro Schonvermögen zustehen, weil er mit 71.000 Euro Bruttojahreseinkommen ganz passabel verdient. Wenn er seinen Altersvorsorge-Rahmen selbst nicht gänzlich ausschöpft, bedeutet das für die 98.000 Euro seiner Frau womöglich, dass sie doch teilweise oder sogar ganz geschont bleiben.