Als im Jahr 2008 die Finanzwelt ins Schwanken kam und nur mit Hilfe des Steuerzahlers ein Kollaps verhindert werden konnte, waren schnell Banken als Hauptverursacher der Krise ausgemacht – obwohl mit der AIG auch ein großer Versicherer vorübergehend mit Staatsgeldern gestützt werden musste. Seitdem stellen sich Finanzexperten die Frage, ob auch Versicherungen ein Systemrisiko darstellen können, quasi „too big to fail“ sind. Der Internationale Währungsfonds (IWF) widmet sich diesem Thema nun in seinem aktuellen „Financial Stability Report“, wie das Handelsblatt am Montag berichtete.

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Steigendes Risiko bei Versicherern

Nach Einschätzung des IWF bedeuten die Versicherer ein wachsendes Risiko für das Finanzsystem. Systemrelevanz und Krisenanfälligkeit der Versicherungswirtschaft seien deutlich gestiegen, auch wenn diese noch unter der Risikoexponierung der Banken liege, so die IWF-Experten. „Generell unterstützen wir es, dass auch Unternehmen außerhalb der Bankbranche als systemwichtig eingestuft werden“, wird Gaston Gelos, Mitautor des Reports, zitiert.

Die Versicherer wehren sich mitunter sogar gegen diese Einstufung. So hat der US-amerikanische Anbieter MetLife, mit über 83.000 Mitarbeitern und -nach eigenen Angaben- weltweit 100 Millionen Kunden einer der größten Lebensversicherer der Welt, kürzlich vor Gericht durchgesetzt, nicht von der amerikanischen Finanzaufsichtsbehörde FSOC als systemrelevant eingestuft zu werden. Diese Einstufung hätte der Behörde erweiterte Aufsichtsbefugnisse über den Versicherer eingeräumt.

Versicherer investieren bereits vorsichtiger

Das Hauptrisiko geht aber nicht von den Versicherern selbst aus, sondern von den Kapitalmärkten, heißt es in dem Report. Während die Versicherer in ihrem Anlageverhalten bereits vorsichtiger geworden seien, unter anderem aufgrund neuer Bilanzierungssvorschriften, würden sich die Kapitalmärkte stärker im Einklang auf und ab bewegen. Damit steige auch das Risiko, weil die Gefahr bestehe, dass von negativen Trends an den Börsen alle großen Anbieter mitgerissen würden.

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Hinzu gesellt sich der Umstand, dass es den Versicherern im Niedrigzins-Umfeld zunehmend schwerer fällt, ausreichend Kapitalanträge zu erwirtschaften, um alle Zusagen an ihre Kunden zu bedienen. Damit gerät laut Gelos vor allem die Lebensversicherung unter Druck – in Deutschland mit über 90 Millionen Verträgen eine der beliebtesten Vorsorgeformen. „Die Versicherer müssen Wege finden, die Kunden stärker an den Risiken zu beteiligen“, mahnte der Experte. Dies geschieht bereits, indem immer mehr Versicherer ihre Produktpalette auf fondsgebundene Lebens- und Rentenversicherungen ohne Garantiezins umstellen.

Handelsblatt