Axel Troost, finanzpolitischer Sprecher der LinkenPressefoto axel-troost.de Beratungsprotokolle sollen im Vertrieb von Versicherungs- und Finanzprodukten verhindern, dass Kunden schlecht beraten werden. Der Vermittler muss nach dem Beratungsgespräch ein Dokument aushändigen, aus dem hervorgehen soll, ob er die Anlageziele und persönliche Situation des Kunden bei der Anlageempfehlung berücksichtigt hat. Doch werden die schriftlichen Dokumente dieser Aufgabe gerecht? Axel Troost, finanzpolitischer Sprecher der Linken, hat da Zweifel.

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„Seitenlange Protokolle nützen niemandem“

Es nütze niemandem etwas, „wenn bei Beratungsgesprächen seitenlange Protokolle erstellt werden, der Kunde dann aber unterschreibt, ohne richtig gelesen, geschweige denn verstanden zu haben“, sagte der Diplom-Volkswirt im Gespräch mit FONDS professionell. „Genau das geschieht in der Praxis. Welcher Berater geht ein Protokoll schon im Einzelnen mit seinen Kunden durch? Mit solchen Schriftstücken ist relativ wenig gewonnen. Ich glaube daher, dass die nächste Bundesregierung die bisherigen Regulierungsmaßnahmen vernünftig evaluieren muss.“

Geeignetheitsprüfung statt Beratungsprotokoll?

Keine Lösung für das Problem sei, das Beratungsprotokoll durch eine sogenannte Geeignetheitserklärung zu ersetzen, wie es ab 2018 mit Einführung der Finanzmarktrichtlinie MiFID II geplant ist. Statt das jeweilige Beratungsgespräch zu protokollieren, sollen Vermittler ihren Kunden dann bereits im Vorfeld ein Dokument aushändigen, aus dem hervorgeht, dass sie Anlageziele und Präferenzen des Kunden ausreichend berücksichtigt haben. Doch kann der Kunde damit besser überprüfen, ob er gut und angemessen beraten wurde?

„Ich glaube ehrlich gesagt, damit bekommt das Kind letztendlich nur einen anderen Namen“, gibt Troost zu bedenken. „Das Geeignetheitsprotokoll mag dem Berater die Arbeit erleichtern. Genauso wenig wie am bisherigen Protokoll kann man an dem geplanten aber ablesen, wie ein Kundengespräch tatsächlich gelaufen ist.“ Im provisionsgetriebenen Vertrieb würden Berater nun einmal häufig die Produkte empfehlen, an denen sie am meisten verdienen. Ob und wie sie einen Kunden in seiner Entscheidung beeinflussen, lasse sich in einem schriftlichen Protokoll nicht erkennen.

Tonaufzeichnungen? "Es geht nicht um Big Brother"

Stattdessen könnten Tonaufzeichnungen besser nachvollziehbar machen, was im jeweiligen Beratungsgespräch gesagt wurde. Es gehe hierbei nicht um eine Überwachung nach dem Motto "Big Brother is watching you", erklärt Troost. „Es geht um die Sicherheit der Kunden – darum, dass ihnen alle Vor­ und Nachteile eines Finanzproduktes wirklich richtig erläutert werden.“ Troost glaubt allerdings nicht, dass die jetzige Bundesregierung Tonaufzeichnungen für persönliche Beratungsgespräche einführen wird, weil das „für einen Aufschrei in der Branche sorgen würde“.

Das Beratungsprotokoll stand wiederholt in der Kritik. Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) hat bei einer Stichprobe im Jahr 2010 bemängelt, mit den Protokollen werden Vermittler und Geldinstitute vor Haftungsrisiken geschützt - nicht jedoch der Kunde vor Falschberatung. So habe eine Stichprobe gezeigt, dass viele dieser Dokumente "Klauseln zur pauschalen Haftungsfreizeichnung" für Vermittler enthalten würden. Auch seien die Dokumente voller Fachbegriffe, die der Kunde nicht verstehe. Dass der Vermittler abgefragte Punkte nur ankreuzen muss, würde Falschangaben zu Ungunsten des Kunden begünstigen.

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Doch auch der Finanzvertrieb hat wiederholt Kritik am Beratungsprotokoll geübt. Die umfangreichen Dokumentationsanforderungen würden erschweren, dass der Vermittler wirklich auf die Fragen und Wünschen des Kunden eingehen könne und den Zeitaufwand einer Beratung deutlich erhöhen.

FONDS professionell