Es war ein trauriges Osterfest für viele Wiesenhof-Mitarbeiter: Ostermontag brannten zwei Fabrikhallen im niedersächsischen Lohne restlos aus. Seitdem ruht der Betrieb, über 1.200 Mitarbeiter bangen um ihren Job. Der Geflügelproduzent hat bereits mitgeteilt, man werde sich von Mitarbeitern trennen müssen. Die zu erwartenden Lohnkosten seien angesichts der zu erwartenden Schadenhöhe „nicht annähernd finanziell gedeckt“, erklärte ein Sprecher der Neuen Osnabrücker Zeitung. Vor dem Brand wurden in der Fabrik täglich bis zu 370.000 Tiere geschlachtet.

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Gewerkschaft schöpft Misstrauen – Alles nur ein Vorwand?

Doch stimmt tatsächlich, was der Fleischproduzent öffentlich kommuniziert? Die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) schöpft Misstrauen, wie der NDR berichtet. Sie vermutet, das Unternehmen wolle ein Großteil der 750 festangestellten Mitarbeiter entlassen, um sie gegen Leih- und Werkvertragsarbeiter einzutauschen. Die Vorteile für Wiesenhof: geringere Kündigungsfristen, niedrigere Löhne, weniger Mitspracherechte für die Arbeitnehmer. Ein „Hire and Fire“ wäre fortan problemlos möglich.

Wiesenhof will sich zu den Vorwürfen nicht äußern. Aber die Arbeitnehmer-Vertreter machen Ernst. Sie verlangen in einem sogenannten Einigungsstellenverfahren nach § 76 Abs. 3 BetrVG Einblick in die Verträge der abgeschlossenen Betriebsausfallversicherung. Erst wenn klar sei, was diese abdeckt, könne über die Zukunft der übrigen Mitarbeiter verhandelt werden, erklärte ein Sprecher gegenüber NDR. Gespräche im April blieben bisher ohne Ergebnis.

Viele Leiharbeiter entlassen

Vollendete Tatsachen hat Wiesenhof bereits gegenüber den rund 450 Leiharbeitern geschaffen, die in Lohne angestellt waren. Mit weniger Rechten als die festangestellten Beschäftigten ausgestattet, wurde bereits ein Großteil der Leiharbeiter entlassen und bei den Jobcentern vorstellig, schreibt die Neue Osnabrücker Zeitung. 250 Beschäftigte hätten ihre Kündigung bereits einen Tag nach dem Brand erhalten, empört sich die Gewerkschaft und spricht von einer „Riesen Sauerei“. Wiesenhof hingegen verweist darauf, dass Subunternehmer für die Beschäftigung der Leiharbeiter zuständig seien.

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Wie der NDR berichtet, wurden im Umgang mit den Leiharbeitern neue Vorwürfe laut. Einige der Beschäftigten, oft aus Rumänien und anderen osteuropäischen Staaten stammend, seien einen Tag nach dem Brand zu einer Wiesenhof-Fabrik nach Berlin gebracht worden. Dort sollten sie Aufhebungsverträge unterschreiben, um billiger wieder eingestellt zu werden. Die Arbeiter hätten zudem erzählt, die Unterkünfte seien überfüllt, verdreckt und in schlechtem Zustand gewesen. Am 1. Mai demonstrierten rund 200 Beschäftigte im Landkreis Vechta für eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen in der Fleischindustrie.

NDR / Neue Osnabrücker Zeitung