Axa und Kölner Polizei testen Sicherheits-App für Frauen
Die Zukunftslabore der Axa haben eine Sicherheits-App für den nächtlichen Nachhauseweg ausgetüftelt - und finden dafür prominente Unterstützung. Die Kölner Polizei testet gemeinsam mit dem europäischen Sicherheitsgiganten, ob die App Frauen auf dem nächtlichen Nachhauseweg tatsächlich mehr Sicherheit geben kann. Die App erlaubt es, bei Bedrohung Freunde, Bekannte oder eine Notrufzentrale zuzuschalten.
Eine Armlänge Abstand - das empfahl Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker (59), nachdem ein Sexmob meist nordafrikanischer Männer am Kölner Hauptbahnhof hunderte Frauen sexuell belästigt hatte. Insgesamt 491 Anzeigen wegen sexueller Übergriffe lagen bis Ende Mai bei der Kölner Staatsanwaltschaft vor. Ausgerechnet in der Rheinmetropole testet nun die Axa Deutschland ihre neue App, die den Frauen mehr Sicherheit auf nächtlichen Wegen verspricht.
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Axa: „WayGuard“ - Notruf-App für den nächtlichen Heimweg
heißt die Axa-App, die derzeit mit 1.500 Nutzerinnen in Köln erprobt wird. Diese Anwendung soll es Frauen nun erlauben, sich selbst dann sicher zu fühlen, wenn der nächtliche Heimweg „durch eine dunkle Straße oder einen menschenleeren Park führt“, so schreibt die Axa in einer Pressemeldung.
„WayGuard“Und das funktioniert so: Mittels GPS kann die App immer den genauen Standpunkt der Nutzerin bestimmen. Diese Daten werden in Echtzeit verschlüsselt an eine ISO-zertifizierte Leitstelle übertragen. Kommt es zu einem Zwischenfall, kann die Frau über die App mit einem privaten Begleiter aus dem Freundes- und Familienkreis verbinden lassen. Möglich ist es, sich mit dem Begleiter zu unterhalten, zu chatten oder ihn nur "mit sich zu tragen“.
Was aber, wenn die Frau plötzlich attackiert wird und gar keine Chance hat, mit dem Bekannten noch ein Gespräch zu führen? Auch hier verspricht die Begleit-App Abhilfe. Falls der Kontakt plötzlich abbricht oder der Träger um Hilfe bittet, wird ein Notruf aktiviert. Dieser landet bei einer bundesweiten und rund um die Uhr aktiven Notruf-Zentrale, die dann entsprechend den Standort an die Polizei durchgibt.
Bevölkerung rüstet auf
Die App ist auch eine Antwort darauf, dass die Bundesbürger immer mehr aufrüsten. Die Anträge auf den sogenannten kleinen Waffenschein, Berechtigung zum Mitführen einer Gaspistole, sind auch wegen der Übergriffe in Köln sprunghaft angestiegen. Manche Polizeistellen sprechen von Steigerungen von über 1.000 Prozent. Beispiel Wuppertal: Wo sonst nur 10 Anträge im Monat eingingen, wollten allein in den ersten beiden Wochen nach Silvester 1.200 Menschen einen Waffenschein erwerben. Tendenz steigend.
Die Polizei beobachtet den neuen Waffenhunger der Deutschen mit Sorge. Die Waffen täuschen eine Sicherheit vor, die nicht gegeben ist. Dies gilt auch für Pfefferspray, das ebenfalls in immer mehr Handtaschen mitgetragen wird.
Schreckschusspistolen und Pfefferspray schaffen keine Sicherheit
"Wir raten vom Einsatz solcher Waffen ab", sagt Kriminalhauptkommissar Wolfgang Baldes aus Köln dem Versicherungsmagazin. Zum einen sei es für potentielle Opfer schwierig einzuschätzen, wann der richtige Zeitpunkt gekommen ist, die Waffe gegen Gegner einzusetzen. Wer zögere müsse damit rechnen, dass die Waffe entwendet wird und der Täter sie gegen das Opfer selbst einsetzt.
Zum anderen besteht das Risiko, dass eine Situation als gefährlich eingestuft wird, obwohl gar keine Bedrohung vorliegt - und Unschuldige verletzt werden. Nicht jeder, der sich schnell von hinten nähert, ist ein Krimineller - vielleicht handelt es sich um einen Mann, der zur Bahn eilt und im Dunklen unaufmerksam ist, deshalb eine sich bedroht fühlende Frau anrempelt. Da sei es besser, die Begleit-App statt Waffen zu nutzen, rät auch die Kölner Polizei. "Wir haben aber schon vor den Ereignissen der Silvester-Nacht mit der Axa an dem Projekt gearbeitet“, so Kriminalist Baldes.
Die App sei darüber hinaus eine Antwort darauf, dass sich viele Menschen scheuen, den Notruf der Polizei zu wählen. "Es gibt heute immer noch eine hohe Hemmschwelle bei Gefahr den Polizeinotruf 110 anzurufen", stellt Hauptkommissar Baldes fest. Es sei der Irrglaube verbreitet, dass man einen irrtümlich ausgelösten Polizeieinsatz bezahlen müsste. Das sei aber nicht der Fall.
Und wie sieht es mit dem Datenschutz bei "WayGuard" aus? Schließlich beruht die Technik darauf, dass die App jederzeit nachverfolgen kann, wo sich eine Person gerade aufhält. Auf der WayGuard-Webseite heißt es an die Nutzerinnen gewandt: "Solange du mit dem Team WayGuard verbunden bist (und nur dann), überwachen wir deinen aktuellen Standort. Dazu speichern wir nur deine jeweils aktuelle Position personenbezogen ab. Sobald du dich bewegst, überschreiben wir deinen letzten Standort, so dass wir keine Bewegungen mit dir in Verbindung bringen können. Die Daten werden für den Zeitraum Ihrer Speicherung verschlüsselt."
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Immer mehr Fälle häuslicher Gewalt angezeigt
Doch die häufigste Form von Gewalt gegen Frauen findet nicht auf dem abendlichen Nachhauseweg statt, sondern ohnehin in den eigenen vier Wänden. Die Zahl der Strafanzeigen wegen häuslicher Gewalt stieg allein in Nordrhein-Westfalen innerhalb eines Jahrzehnts von rund 16.000 auf über 27.000 pro Jahr, wie aus Zahlen der Polizei Nordrhein-Westfalen hervorgeht. Über 70 Prozent der Opfer sind weiblichen Geschlechts.