Starkregen Elvira & Friederike künftig kaum versicherbar
Starkregen und Unwetter - Bei elementaren Gebäuderisiken sind die Versicherer auf dem Rückzug, will das Recherchezentrum Correktiv ermittelt haben. Selbst zurzeit noch versicherte Bürger, die im Anschluss an die aktuellen Unwetter „Elvira“ und „Friederike“ heute noch mit Schutz und Geld ihrer Gebäude-Versicherer rechnen können, könnten demnächst, weil unversicherbar, in existenzielle Probleme geraten. Wenn Niederschlag nicht mehr in Litern, sondern in Badewannen gemessen wird.
Das Recherchezentrum Correktiv ist den Hintergründen zu Schäden und Versicherung nachgegangen und wird seine Ergebnisse im Magazin „Stern“ und dem „Kölner Stadtanzeiger” veröffentlichen. Zunächst konstatiert Correktiv, dass der Klimawandel als Ursache für zunehmende Unwetter samt Schäden auszumachen ist. Bei den Versicherern würden infolge der steigenden Schäden Vorbereitungen getroffen, das ZÜRS-System umzubauen. Damit nicht auch deren Bilanzen bald unter Wasser stehen.
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ZÜRS-System vor Umbau
ZÜRS ist das Akronym für den sperrigen Begriff des vierstufigen „Zonierungssystems für Überschwemmung, Rückstau und Starkregen“. Kategorisiert - und derzeit von der Assekuranz danach tarifiert - wird von ZÜRS-Zone 1: Geringe Hochwassergefahr, weniger als einmal alle 200 Jahre bis Zone 4: einmal Hochwasser in zehn Jahren. In den vergangenen Jahren traten Hochwasser- und Starkregen-Schäden allerdings auch an Zürs-statistisch wenig riskanten Orten ein. Hieraus ergeben sich nach Correktiv-Recherchen Fälle, in denen mancher Hausbesitzer (Einzelfälle?) selbst in Zürs 1-Zonen zum Teil keinen Versicherungsschutz mehr kaufen kann. Der Versichererverband GDV hatte anlässlich zurückliegender Unwetter der Vergangenheit betont, 99 Prozent aller Häuser seien gegen Hochwasser und Starkregen versicherbar. Beide Aussagen zu unversicherbaren Einzelfällen und flächendeckendem Schutzangebot für Elementargefahren müssen sich nicht widersprechen. Denn ein Prozent von mehreren Millionen Häusern sind eine große Zahl nicht versicherbarer Risiken.
Kündigungen versus Ergo-Angebot für riskante Gebäude
Kritisiert wird, dass Versicherer in großer Zahl Gebäudepolicen kündigen würden, meldet Correktiv von Erfahrungen ehemals versicherter Bürger, die nach dem unfreiwilligen Verlust ihrer Gebäudepolice keinen neuen Schutz der Versicherer mehr bekommen. Dem ist gegenüberzustellen, und wovon Correktiv nicht berichtet, dass etwa der Versicherer Ergo vor gut zwei Jahren - und nach den Großschäden 2014 - spezielle Versicherungs-Programme gerade für Gebäude in hoch gefährdeten Zürs-Zonen 3 und 4 vorgestellt hat. Und versichert.
Dennoch würden Erst- und Rückversicherer an einem Umbau des Zürs-Systems arbeiten. Hintergrund sei es, risikogerechtere Prämien zu kalkulieren. So könne die als sicher geltende Zürs-Zone 1 künftig eine gesonderte Starkregen-Unterkategorie 4 (Hoch-Wasser-Risiko) bekommt. Eine solche auf die Spitze getriebene würde für an sicheren Orten gebaute Häuser günstigere Prämien bedeuten. Umgekehrt würden weniger Gebäude versichert oder höhere Risiken aus Sicht der Kunden überproportional teurer. Etwa ab diesem Punkt wird das Problem des Schutzes vor Elementar-Risiken zu einem politischen Problem. Im schadenträchtigen Jahr forderten Politiker parteienübergeifend eine Pflichtversicherung für Gebäude, natürlich mit Annahmezwang für Elementargefahren.
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Vorbild England
Die Versicherer lehnten einen staatlichen Eingriff ab, dadurch würden sich die Menschen – eine deutsche Mentalität - nur noch mehr auf den Staat verlassen, sich ihrer – immerhin eigenen – Gebäuderisiken nicht mehr bewusst sein. Stattdessen solle an einer generellen Versichererbarkeit und Finanzierbarkeit für Elementar-Gefahren gearbeitet werden. Erfahrungen dazu gibt es aus Britannien. Auf der Insel gewährleistet der englische Staat Zuschüsse für sonst vom Bürger unbezahlbare Gebäudepolicen.