Ergo Stellenabbau - 1.800 Leute gehen, 18 Standorte schließen, Leben platt
Der Ergo-Konzern schlägt kahl. 1.800 Mitarbeiter werden an der am diesem Mittwoch von Haus-Chef Markus Rieß angekündigten Digitalstrategie nicht mitarbeiten können. Sie werden sozialverträglich abgebaut; außerdem schließen 18 „dezentrale Standorte". 540 Millionen Euro Kosten will der Konzern bis 2020 einsparen. Außerdem schickt Ergo seine traditionelle Leben-Sparte in die Verwesung. Leben-Neugeschäft wird auf die Versicherungsfabrik „Ergo Vorsorge“ verlagert. Unterdessen kommen eher bedrohliche Worte von Konzernmutter Munich Re, die klingen wie ein Ultimatum: „Als Eigentümer geben wir ERGO den finanziellen Gestaltungsspielraum, sich wettbewerbsfähig aufzustellen“.
1.800 von 28.500 Mitarbeitern der Ergo müssen gehen, berichtet der Konzern heute an die Presse. Exakt sind es 1.835 Menschen, die bis 2020 gehen sollen, meldet das Unternehmen parallel zur Presse-Information in einem Papier für die Belegschaft mit Fragen und Antworten zu dem geplanten Personalabbau, der ab 1. Januar 2017 beginnen soll. „Konkrete Betroffenheiten einzelner Mitarbeiter“, schwurbelt Ergo in Richtung seiner Menschen, würden „erst erkennbar“ sein, sobald der Interessenausgleich mit dem Betriebsrat ausgehandelt sei.
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Sozialplan angekündigt
Für das „Vertriebsprojekt“, wie Ergo den sozialverträglichen Rausschmiss von Leuten an 18 zu schließenden „dezentralen Standorten“ nennt, sollen die Verhandlungen bereits „sollen die Verhandlungen noch Anfang Juni“, also ab heute, beginnen. Hierzu kündigt das Unternehmen einen Sozialplan an, um „wirtschaftliche Nachteile“ für betroffene Mitarbeiter „zumindest teilweise auszugleichen“. Also nicht ganz, schließen beunruhigte Leser daraus, bei denen derzeit noch „Ergo“ auf dem Gehaltszettel zu lesen steht.
Alte Leben wird eingegraben
Für das Lebensversicherungsgeschäft schreibt das Unternehmen, man wolle sich in Zukunft bei Altersvorsorge auf „nicht-traditionelle kapitalmarktorientierte“ Policen konzentrieren. In der Liste der Maßnahmen zur Strategie 2020 liest sich das so: „Trennung von vertrieblichem Neugeschäft und Bestand Leben“. Mit anderen Worten: Das Neugeschäft im traditionellen Leben-Geschäft wird – wie schon bei Leben-Tochter Victoria längst geschehen – auch im Stamm-Bestand Leben zurückgefahren. Eingegraben. Nächste Haltestelle Run-Off.
Wie schnell der Abbau des Klassik-Neugeschäfts geschieht und ob das traditionelle Leben-Produkt gar auf null Neuzugang gesetzt wird, sagt das Presse-Orakel nicht.
Lebensversicherung: Neugeschäft nach Luxemburg
Dafür bringt der Konzern nun seine Versicherungsfabrik „Ergo Vorsorge“ mit Sitz in Luxemburg als Rechtsträger für das Leben-Neugeschäft in Stellung. Das Wort „Luxemburg“, (scheinbar anrüchig?) erscheint im Pressetext des Unternehmens nicht. Dennoch ist Ergo Vorsorge, Luxemburg, Marktkennern nicht unbekannt. Die Ende 2013 eingeführte Police Ergo „Garantie“ mit abgespeckten Garantien wird von der Vorsorge betrieben. Wichtig in diesem Zusammenhang. Garantiegeber, vor allem für die eingezahlten Beiträge ist ganz unversicherungstechnisch die reiche Mutter Munich Re.
Nach Adam Rieß 500 Millionen Euro Gewinne geplant
Insgesamt investiert der Konzern seinen Angaben zufolge bis 2020 rund eine Milliarde Euro und will zudem operativ 540 Millionen Euro pro Jahr einsparen. Ab 2021 sollen nach Adam Rieß (so hieß der Erfinder des ersten deutschen Rechenbuchs wirklich) und nach Markus Rieß’ Plänen jedes Jahr rund 500 Millionen Gewinne sprudeln. Bis es soweit kommt, hat die Munich Re schonmal ein Damoklesschwert über die Ergo oder Markus Rieß’ Kopf aufgehängt. Den Pressetext der Munich Re, der an diesem Mittwoch zeitgleich mit der Ergo-Buchstabenemission für die Journalie geliefert wurde, liest sich wie der Warnschuss einer genervten Mutter:
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Ergo-Mutter Munich Re verzichtet – bis 2020
„Als Eigentümer geben wir ERGO den finanziellen Gestaltungsspielraum, sich wettbewerbsfähig aufzustellen. So sind wir bereit, bis 2020 auf die Dividende zu verzichten. Die Digitalisierung mit den daraus folgenden Maßnahmen ist zeit- und kostenintensiv und damit etwas, für das vor allem starke Gruppen wie Munich Re den nötigen langen Atem haben“, schreibt die Munich Re.