Können auch große Versicherungen „too big to fail“ sein, so dass ihr Zusammenbruch das gesamte Finanzsystem gefährden würde? Diese Frage hat die US-Finanzaufsicht bereits mit „ja“ beantwortet. Im Jahr 2013 stufte die amerikanische Aufsichtsbehörde FSOC drei amerikanische Anbieter als systemrelevant ein: die Versicherer American International Group (AIG), Prudential Financial sowie GE Capital, die Finanzsparte von General Electric. Weitere könnten folgen.

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Strengere Kapitalvorschriften für die „Big Player“

Nun will die Notenbank Fed die Aufsichtsregeln für die größten Versicherer der USA verschärfen. Die Fed stellte am Freitag nach Beratungen ihres Führungsgremiums entsprechende Vorschläge vor, wie die Nachrichtenagentur APA berichtet. So sollen die als „systemrelevant“ eingestuften Versicherer künftig strengere Kapitalregeln erfüllen, ähnlich wie Banken dies bereits heute müssen. Details zu den Plänen nannte die Zentralbank jedoch nicht.

Vorgesehen ist, dass Versicherer künftig auch ihre Liquiditätsausstattung genauer nachweisen müssen, also ob sie genug Kapital haben, um in Krisensituationen ihre Zahlungsfähigkeit zu garantieren. Auch Notfallpläne bei einem Liquiditätsengpass sollen die Versicherungen ausarbeiten müssen sowie Cashflow-Projektionen abliefern: hierbei werden Verbindlichkeiten der Versicherer anhand ein- und ausgehender Zahlungsströme berechnet.

Seit Verabschiedung des Dodd-Frank-Acts im Jahr 2010 hat die Notenbank Fed mehr Aufsichtsbefugnisse über die US-amerikanischen Versicherer. Die Versicherungen müssen sich infolge der Finanzkrise regelmäßigen Belastungstests unterwerfen und mehr Kapital für die Absicherung von Risiken hinterlegen. Zuvor war die Fed nur für die Aufsicht von Banken, nicht aber für andere Finanzdienstleister verantwortlich. Bis zum 2. August hat der US-amerikanische Branchenverband Zeit, die geplanten Änderungen zu kommentieren.

Rechtsstreit: Wann ist eine Versicherung „too big to fail“?

Die Frage, wann eine Versicherung systemrelevant ist, hat in den USA bereits die Justiz beschäftigt. Denn den Versicherern ist es gar nicht recht, sich strenger auf die Finger schauen zu lassen. Im März 2016 gewann die MetLife, mit weltweit über 100 Millionen Kunden einer der weltgrößten Lebensversicherer, einen Rechtsstreit gegen die US-Regierung. Ein Gericht in Washington bestätigte dem Konzern, die Regierung habe seine Einstufung als „systemwichtig“ nicht ausreichend begründet. Seitdem muss der Versicherer nicht mehr die strengeren Aufsichtsregeln erfüllen.

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„Metlife hat immer gesagt, dass unser Geschäftsmodell keine Bedrohung für die finanzielle Stabilität der USA darstellt“, ließ Metlife-Chef Steven Kandarian nach dem Urteil zufrieden verlauten. Für den Konzern wäre die Einstufung als „systemrelevant“ mit kostspieligen Auflagen verbunden gewesen. Die zusätzlichen Auflagen erschweren den Branchenriesen das Geschäft: Sowohl MetLife als auch GE haben bereits Geschäftsbereiche abgestoßen, um der Einordnung als „systemrelevant“ zu entgehen.

APA