Beliebte Direktversicherung

Am beliebtesten unter allen Durchführungswegen zur betrieblichen Altersvorsorge ist bei sozialversicherungspflichtigen Arbeitnehmern die Direktversicherung in Form einer Entgeltumwandlung vom Bruttolohn. Allerdings kann der gute Wille zur privaten Altersvorsorge bei Fehlberatung fatale Folgen haben. Dies gilt insbesondere dann, wenn der sozialversicherungspflichtige Arbeitnehmer die Beiträge selbst von seinem Bruttogehalt zahlt, der Arbeitgeber also keine Zuzahlungen leistet.

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Zuzahlung des Arbeitgebers ist wichtig

Gerade zusätzliche Zahlungen des Arbeitgebers zum Gehalt wären aber zwingend notwendig, damit sich eine Entgeltumwandlung nicht nur für die Versicherer, sondern auch für die Arbeitnehmer rechnet.

Verbraucherschützer sprechen von mindestens 20% zusätzlicher Zuzahlung durch den Arbeitgeber. Meine Empfehlung lautet jedoch mindestens 35% Zuzahlung durch den Arbeitgeber, wegen der Kostenstruktur des Produktes und dem niedrigen Zinsstand für klassische Anlageformen.

Direktversicherung: Das dicke Ende kommt zum Schluss

Auf die Auszahlung von Direktversicherungen an sozialversicherungspflichtige Arbeitnehmer werden seit dem 1. Januar 2004 generell die vollen Krankenkassen- und Pflegepflichtversicherungsbeiträge fällig. Davon sind auch rund 6 Millionen Altverträge betroffen. Für die betroffenen Altverträge wurden also während der Ansparzeit vom Gesetzgeber die Regeln geändert.

Sogar Altverträge, die anfänglich vom Arbeitgeber voll oder teilweise gefördert, später aber privat fortgesetzt wurden oder werden, sind davon betroffen. Dies gilt zumindest dann, wenn der Arbeitnehmer es versäumt sich in diesem Falle selbst als Versicherungsnehmer einsetzen zu lassen. Nur privat Krankenversicherte müssen aufgrund ihres anderen Status prinzipiell keine Abzüge durch die gesetzliche Kranken- und Pflegepflichtversicherung hinnehmen.

Hinzu kommen steuerliche Aspekte. Zwar sind die Aufwendungen für die Direktversicherung heute durch den Abzug der Beiträge vom Bruttolohn meist steuerfrei, aber die Auszahlung muss voll versteuert werden. Es gilt hier das Prinzip der nachgelagerten Besteuerung. Die einheitliche nachgelagerte Besteuerung für Betriebsrenten gibt es seit dem Jahr 2005.

Direktversicherung, gesetzliche Arbeitslosenversicherung und gesetzliche Krankenversicherung

Eine Direktversicherung verringert neben der Altersrente auch die Höhe des Arbeitslosengeldanspruchs. Dies kommt zustande, weil die Direktversicherung das Bruttogehalt durch Vornwegabzug senkt und somit weniger Sozialversicherungsabgaben geleistet werden. Darüber hinaus verringert sich auch der Anspruch auf Krankengeld aus der gesetzlichen Krankenversicherung. Beispielrechnungen dazu und zum Aufwand können interessierte Leser in einem ähnlichen Artikel vom 14.08.2015 auf Versicherungsbote nachlesen.

Direktversicherung und wie sie beworben wird

Fast jede Werbung zu Direktversicherungen bewegt sich auf einem meines Erachtens ähnlich irreführenden Niveau. Die Werbeaussagen ergehen sich in fast ausschließlich im Aufzählen von Vorteilen unter Weglassen von Zwängen und Nachteilen. Gerade Versicherungsmakler und Versicherungsberater, aber auch Arbeitnehmer und Arbeitgeber sollten daher keinesfalls auf Werbeschriften und Internet-Werbeseiten zur Direktversicherung vertrauen.

Diese Tatsachen führen mich zu der Meinung, dass § 264a des Strafgesetzbuches (Kapitalanlagebetrug) derart zu erweitern ist, dass er sich nicht mehr nur auf "den Vertrieb von Wertpapieren, Bezugsrechten oder von Anteilen, die eine Beteiligung an dem Ergebnis eines Unternehmens gewähren sollen" bezieht, sondern auch auf alle Arten von Versicherungsanlageprodukten. Dann würde zum Beispiel auch zur Direktversicherung gelten: "Wer ... in Prospekten oder in Darstellungen oder Übersichten ... hinsichtlich der für die Entscheidung über den Erwerb oder die Erhöhung erheblichen Umstände ... unrichtige vorteilhafte Angaben macht oder nachteilige Tatsachen verschweigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.". Dies könnte dann beispielsweise für Vorstände von Versicherungsgesellschaften gelten.

IDD könnte Abhilfe bringen

Die neue Vermittlerrichtlinie IDD könnte in genau diese Richtung gehen. Dies aus mehreren Grunden:

  1. Die IDD prägt nicht mehr den Begriff "Versicherungsvermittler" sondern nunmehr den Begriff "Versicherungsvertreiber". Unter dem Begriff Versicherungsvertreiber sind laut IDD auch die Versicherer selbst erfasst, wodurch die IDD damit auch für die Versicherer selbst gilt.
  2. In Kapitel V der IDD findet sich in Artikel 17 folgende Aussage: "Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass Versicherungsvertreiber bei ihrer Versicherungsvertriebstätigkeit gegenüber ihren Kunden stets ehrlich, redlich und professionell in deren bestmöglichem Interesse handeln." und: "Unbeschadet der Richtlinie 2005/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (1) stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass alle Informationen mit Bezug auf den Gegenstand dieser Richtlinie, einschließlich Marketing-Mitteilungen, die der Versicherungsvertreiber an Kunden oder potenzielle Kunden richtet, redlich, eindeutig und nicht irreführend sein müssen."
  3. Ebenfalls in Kapitel V der IDD in Artikel 23 heißt es, dass Auskünfte an den Kunden (Zitat) "in klarer, genauer und für den Kunden verständlicher Form" zu erteilen sind.

Haftung durch Software der Versicherer?

Gerade Versicherungsmaklern, die bekanntlich selbst für ihr Tun und Unterlassen haften, ist dringend zu raten selbst Erkundigungen zur Direktversicherung einzuholen. Denn es müssen nicht nur Vorteile, sondern auch Zwänge und Nachteile zur Direktversicherung in der gesetzlich vorgeschriebenen Beratungsdokumentation Eingang finden. In diesem Zusammenhang sollten sich Versicherungsmakler und Versicherungsberater fragen, ob die von den Versicherern kostenfrei zur Verfügung gestellte Software folgende Punkte beinhaltet:

  • Schätzung der garantierten Auszahlung als Rente oder in Summe nach Abzug Krankenversicherungs- und Pflegepflichtbeitrag basierend auf aktuellem Stand zum Abschlussdatum der Direktversicherung.
  • Schätzung der garantierten Auszahlung als Rente oder in Summe zuzüglich nicht garantierter Überschüsse nach Abzug Krankenversicherungs- und Pflegepflichtbeitrag basierend auf aktuellem Stand zum Abschlussdatum der Direktversicherung.
  • Schätzung der monatlichen Kürzung der Altersrente in der gesetzlichen Rentenversicherung zum Rentenbeginnalter im 65. und 67. Lebensjahr durch Abschluss einer Direktversicherung, basierend auf aktuellem Stand zum Abschlussdatum der Direktversicherung.
  • Schätzung der garantierten Auszahlung als Rente oder in Summe nach Abzug der Krankenversicherungs- und Pflegepflichtbeiträge und nach Verrechnung der monatlichen Kürzung der Altersrente in der gesetzlichen Rentenversicherung basierend auf aktuellem Stand zum Abschlussdatum der Direktversicherung (Angabe einer geschätzten Effektivrente).
  • Schätzung der Kürzung der gesetzlichen Erwerbsminderungsrente während der Ansparzeit durch Abschluss einer Direktversicherung, basierend auf aktuellem Stand zum Abschlussdatum der Direktversicherung.
  • Schätzung der Kürzung der gesetzlichen Arbeitslosigkeitsversicherung während der Ansparzeit durch Abschluss einer Direktversicherung, basierend auf aktuellem Stand zum Abschlussdatum der Direktversicherung.
  • Schätzung der Kürzung des Krankentagegeldanspruchs aus der gesetzlichen Krankenversicherung während der Ansparzeit durch Abschluss einer Direktversicherung, basierend auf aktuellem Stand zum Abschlussdatum der Direktversicherung.

Fazit

Die betriebliche Altersvorsorge in Form einer Direktversicherung kann für sozialversicherungspflichtige Arbeitnehmer eine möglicherweise sinnvolle Altersvorsorge darstellen, aber nur dann, wenn der Arbeitgeber mindestens 35% der Beiträge leistet. Optimalerweise zahlt der Arbeitgeber mehr oder übernimmt die komplette Einzahlung. Eine wirklich sinnvolle Alternative zur Direktversicherung sind meines Erachtens sogenannte Zeitwertkonten, ein Thema, zu dem Versicherungsbote sicher noch ausführlich berichten wird. Denn fest steht: Private Altersvorsorge ist unverzichtbar, aber die richtige Produktauswahl und kundenorientierte Beratung entscheidet über Erfolg und Misserfolg für den Verbraucher …

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… meint herzlichst Ihr
Freddy Morgengraue