Auslands-Krankenversicherungen - ein Potential für Vermittler?
Erst kürzlich wurde vom Bundessozialgericht in Kassel bestätigt: gesetzliche Krankenkassen dürfen ihren Versicherten einen kostenlosen Auslands-Krankenschutz nicht anbieten. Damit wird klar – Kunden müssen sich selbst um ihre Absicherung auf Reisen kümmern. Doch wie wichtig ist eine solche Versicherung überhaupt? Welche Rolle spielt sie für Vermittler? Und was zeichnet eine gute Reisekrankenversicherung aus? Antworten darauf weiß der Experte und Direktionsbevollmächtigte Florian Jandrey der Europäische Reiseversicherung (ERV).
Lohnt sich eine Auslands-Krankenversicherungen – ja oder nein?
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Um es gleich vorwegzunehmen – ja. Eine Reisekrankenversicherung sollte für jede Reise abgeschlossen werden. Dazu raten auch Verbraucherschützer. Einen verdorbenen Magen durch ungewohntes Essen, eine Erkältung durch die Klimaanlage des Hotels oder eine Schnittwunde am Fuß hat man sich schnell eingefangen. Wichtig ist es dann, eine kompetente medizinische Versorgung vor Ort zu haben. Die Notrufzentralen der Reiseversicherer sorgen mit ihrem weltweiten Netzwerk dafür, dass ihre Kunden überall schnelle und kompetente Hilfe erhalten. Und nicht nur das: Die Experten der Notrufzentralen stehen dem Reisenden im Ausland rund um die Uhr und über den gesamten Krankheitsverlauf als direkter Ansprechpartner zur Verfügung.
Besonders wichtig wird ein Reisekrankenschutz in außereuropäischen Ländern. Dort funktionieren viele Gesundheitssysteme anders als in Deutschland per Vorkasse. Ohne entsprechende Vorleistung der oft bis zu vier- oder fünfstelligen Arzt- und Krankenhauskosten erhält der Reisende selbst unter lebensbedrohlichen Umständen mitunter keine medizinische Versorgung – das erleben wir immer wieder. Dann hilft nur noch die Kostenübernahme-Garantie der Reiseversicherung.
Innerhalb Europas sind die gesetzlichen Krankenkassen zwar verpflichtet, den Versicherten unter anderem die EHIC, die europäische Krankenversicherungskarte, bereit zu stellen. Diese greift allerdings nur in Ländern, mit denen Deutschland ein Sozialversicherungsabkommen hat. Und selbst dort werden die anfallenden Kosten nur bis zu einer bestimmten Höhe und nur für Behandlungen von festgelegten Vertragsärzten übernommen. Dadurch können selbst in Ländern wie Österreich oder Italien Kosten entstehen, die der Reisende selbst tragen muss. Krankenrücktransporte werden von gesetzlichen Krankenkassen ebenfalls nicht gezahlt, auch nicht innerhalb Deutschlands.
Ein Urteil des Hessischen Landessozialgerichts von Mai 2015, nach dem die gesetzlichen Krankenkassen für einen weltweiten, kostenlosen Auslands-Krankenschutz gesetzlich nicht ermächtigt seien, wurde erst kürzlich vom Bundessozialgericht in Kassel bestätigt. Damit wird noch einmal die Bedeutung der privaten Reisekrankenversicherung für den Verbraucher deutlich: Es liegt in der Eigenverantwortung der Einzelnen, sich um einen entsprechenden Schutz im Ausland zu kümmern.
Welches Potential birgt das Produkt Auslands-Krankenversicherungen für Vermittler?
Insbesondere weil man im Ausland mit den Leistungen der gesetzlichen Krankenkassen nicht ausreichend geschützt ist, sollten Vermittler wie Versicherungsmakler, Reisebüros oder Veranstalter ihren Kunden zu einer Auslands-Krankenversicherung raten. Das trägt zur Kundenbindung bei und dient als zusätzliche Einnahmequelle.
Außerdem eignen sich Auslands-Krankenversicherungen für das Neukundengeschäft des Vermittlers, weil er dadurch neue Zielgruppen erschließen kann. Nehmen wir als Beispiel den Reise-Krankenschutz für Studenten & Au-pairs. Ein solches Produkt richtet sich an junge Menschen unter 35 Jahre, die als Studenten, Au-pairs, Sprach- oder Austauschschüler, Teilnehmer von Work & Travel-Programmen oder als Teilnehmer am Bundesfreiwilligendienst einen längeren Zeitraum im Ausland verbringen. Sprich, es richtet sich an diejenigen, für die ein Reise-Krankenschutz unerlässlich ist. Wer diese jungen Kunden gewinnt, kann sie auch bei ihrem wachsenden, sich verändernden Versicherungsbedarf begleiten.
Ein interessantes Akquise- und Beratungsthema sind ebenso Dienstreise-Versicherungen für Firmenkunden. Die meisten Reise-Versicherungen bieten Dienstreiseschutz-Produkte an, die auf die jeweilige Unternehmensgröße zugeschnitten werden können. Der Vermittler unterstützt den Arbeitgeber damit bei der Erfüllung seiner gesetzlichen Fürsorgepflichten gegenüber seinen Mitarbeitern auf Dienstreisen. Festgelegt sind die Fürsorgepflichten im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) §§ 241 und 618. Sie umfassen zum Beispiel eine dem deutschen Standard entsprechende medizinische Versorgung des Arbeitnehmers. Muss er beispielsweise operiert werden, ist der Arbeitgeber verpflichtet, ihm die Behandlung vor Ort in einem Krankenhaus zu ermöglichen, das westlichen Standards genügt oder ihn nach Hause transportieren zu lassen. Um die Fürsorgepflicht zu 100 % abzudecken sind aber auch andere Produkte interessant wie etwa eine Unfall-, Gepäck- oder Haftpflichtversicherung.
Woran erkennt man eine gute Auslands-Krankenversicherung?
Eine gute Versicherung erkennt man an Leistungen, die über den üblichen Standard hinausgehen. Diese sind zum Beispiel:
In der Reisekranken-Versicherung sollten Versicherungsnehmer im Zusammenhang mit dem Krankenrücktransport ganz genau auf die Wortwahl achten. Wichtig ist, dass der „medizinisch sinnvolle“ Krankenrücktransport abgedeckt ist und nicht nur der „medizinisch notwendige“. Beim „medizinisch notwendigen und ärztlich angeordneten“ Rücktransport wird der Patient nur nach Hause transportiert, wenn er vor Ort nicht adäquat behandelt werden kann. Die Entscheidung über die Transportfähigkeit treffen die Ärzte in der Notrufzentrale des Versicherers. Beim „medizinisch sinnvollen“ Rücktransport wird der Patient unter der Voraussetzung, dass er transportfähig ist, nach Hause transportiert. Das bedeutet, dass auch der Wunsch des Patienten, nach Hause zu kommen, berücksichtigt wird.
Kommt es auf Reisen zu einem stationären Klinikaufenthalt, sollte die vertraglich vereinbarte Leistungsfrist unbegrenzt sein. Sprich, die Kosten sollten übernommen werden, solange wie eine stationäre Behandlung notwendig ist.
Können minderjährige Kinder während der Reise aufgrund einer Erkrankung der Aufsichtsperson nicht mehr betreut werden, bezahlt und organisiert eine gute Reiseversicherung die Rückreise der Kinder. Oder aber sie organisiert und bezahlt die Hin- und Rückreise einer nahestehenden Person an den Aufenthaltsort. Das gleiche gilt für betreuungsbedürftige Personen. Ebenso sollte eine Reiseversicherung die Kosten für die Unterbringung einer Begleitperson im Krankenhaus übernehmen, wenn ein minderjähriges mitreisendes Kind stationär behandelt werden muss.
Immer mehr Versicherer stellen ihren Kunden Services wie Sicherheits-Apps zur Verfügung, auf die sie bei Unsicherheiten auf Reisen zurückgreifen können. Der Kunde erhält hier zum Beispiel Notfallnummern oder die Adressen von nächstgelegenen Apotheken, Ärzten oder von ausgewählten Krankenhäusern vor Ort. Letzteres hat folgenden Vorteil: Für Behandlungen in diesen Krankenhäusern ist die sofortige Kostenübernahme sowie die komplette Abwicklung garantiert.
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Ein Qualitätsmerkmal einer Reiseversicherung ist auch, wenn die Mitarbeiter der Notrufzentrale mehrere Sprachen beherrschen. Das wird vor allem im Fall einer intensiven medizinischen Betreuung eines Patienten im „Arzt zu Arzt“-Gespräch wichtig. Es ist sicherlich von Vorteil, wenn die Ärzte der Assistance mit den behandelten Ärzten vor Ort ohne Sprachbarrieren die gesundheitliche Kondition des Patienten besprechen können.