Deutschlands Ex-Vizekanzler Franz Müntefering ist der Überzeugung, dass eine Altersrente von 600 Euro zum Leben reicht. „Nur weil jemand auf nur 600 Euro Altersrente kommt, muss er ja nicht arm sein“, erklärt der SPD-Politiker in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung. „Meine Mutter hatte keine Rentenansprüche, mein Vater ja. Meine Mutter hatte nicht das Gefühl, arm zu sein. Es war klar, dass das Haushaltseinkommen zählte. Ich denke, das gilt weiter“.

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Münteferings Idee: Wer eine niedrige Rente hat, der kann sich ja einfach finanzielle Unterstützung vom Partner und/oder den Kindern holen. Damit gesteht Müntefering den Ruheständlern rund 300 Euro weniger im Monat zu als die offizielle Armutsgrenze: diese liegt aktuell bei rund 900 Euro im Monat. 3,4 Millionen Rentner müssen derzeit mit niedrigeren Alterseinkünften auskommen.

„Mit 14 habe ich angefangen, mit 73 aufgehört“

Auch die Anhebung des Rentenalters auf 67 Jahre verteidigt Müntefering. Er selbst habe immer freiwillig in die Rentenkasse eingezahlt, obwohl er als Abgeordneter Anspruch auf eine Pension erworben habe und das gar nicht hätte tun müssen. "Man weiß ja nie, was noch wird. Ich war 59,5 Jahre berufstätig. Mit 14 habe ich angefangen, mit 73 aufgehört", sagt der frühere Bundesarbeitsminister. Ursprünglich war Müntefering Landwirt und hat Ende der 50er Jahre eine Ausbildung zum Industriekaufmann abgeschlossen, bevor er seine Parteilaufbahn in der SPD begann.

Vor einiger Zeit habe Müntefering auch mit Müllmännern über die Anhebung des Rentenalters gesprochen. Diese hätten gesagt: "Wir können nicht einmal bis 63 arbeiten." Münteferings Gegenfrage lautete: "Wie lange denn?" Ihre Antwort: "So bis 50 oder 52." Aber auch den Müllmännern sei bewusst gewesen, dass das nicht gehe, 30 Jahre arbeiten und für 40 Jahre Rente beziehen.

"Rechtzeitig aus Knochenjobs aussteigen und den Job wechseln"

Deshalb gibt Müntefering den Müllmännern und anderen Menschen mit schwerer körperlicher Tätigkeit einen Tipp mit auf den Weg. Man sollte rechtzeitig aus Knochenjobs aussteigen „und etwas Neues in einem körperlichen Schonberuf anfangen, der sie nicht kaputt macht. Aber dafür fehlen oft das Bewusstsein und die Stellen“. Ein Wechsel in solche weniger anstrengende Berufe müsse deshalb staatlich gefördert werden.

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Franz Müntefering selbst muss sich keine Gedanken über seine Altersbezüge machen. Er hat einen Pensionsanspruch in Höhe von 7.320 Euro erworben, wie Focus Online recherchiert hat. Zusätzlich ist er ehrenamtlich in mehreren Gremien tätig und hält Vorträge über das Thema Demografie, die er sich mit einem Honorar vergüten lässt. Seit 2014 ist er Beiratsvorsitzender des Berliner Demografie-Forums (BDF), einem Think Thank für den demografischen Wandel, das u.a. vom Bundesfamilienministerium und der Allianz SE gegründet wurde.

Süddeutsche Zeitung