Betroffen von den höheren Beiträgen für ihren Versicherungsschutz bei Krankheit seien rund sechs Millionen der bundesweit knapp neun Millionen Privatversicherten, die nun in den kommenden Wochen unangenehme Post von ihrem Versicherer bekommen. Die „Stuttgarter Nachrichten“ (StN) berufen sich in ihrer Meldung auf eine „sichere Quelle“. Als solche kann man besonders den Verband der Privatkassen bezeichnen, der die Zahlen seiner Mitglieder kennt.

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„Untypische Beitragserhöhungen“ könnten typisch werden, wenn die Zinsen nicht steigen

Der Verband begründet die steigenden Beiträge mit sinkenden Zinserträgen der Privatversicherer, denen, genau wie anderen Kapitalanlegern auch, die anhaltend niedrigen Zinsen auf den Finanzmärkten zu schaffen machen. Der Zins, den die Unternehmen aus den Beiträgen ihrer Kunden am Kapitalmarkt nicht erwirtschaften können, muss zur Vermeidung von Löchern in den Kassen der Unternehmen von den Versicherten selbst aufgebracht werden.

„Ohne die Auswirkungen der Niedrigzinsen wäre die PKV-Beitragsentwicklung auch in diesem Jahr unauffällig“, habe Volker Leienbach vom Verband der Privaten Krankenversicherer den StN gesagt und zugleich die „untypischen Beitragserhöhungen“ seiner Mitglieder, den Versicherern, bestätigt. Allerdings könnten die untypische Beitragserhöhungen, von denen Leienbach spricht könnten, demnächst als typisch zu bezeichnen sein, wenn die Zinsen nicht steigen.

SPD-Kritiker Lauterbach: unproduktiver und schädlicher Wettbewerb

Für einen Trend nach oben beim Preis fürs Geld gibt es derzeit keine Anzeichen an den Kapitalmärkten; auch die US-Zentralbank Fed zaudert. Deren Präsidentin, Janet Yellen, hatte erst kürzlich Hoffnungen der Finanzwirtschaft auf höhere US-Leitzinsen zerstoben, obwohl die gelernte Wirtschaftsprofessorin seit Monaten über positive Zinsschritte orakelt. Zum Trost für die Privatversicherten führt PKV-Verbandssprecher Leienbach laut StN an, dass der Ausgabenanstieg der Privatkassen nicht über dem Kostenanstieg der Gesetzlichen Kassen liege. Außerdem dürften die Privaten ihre Beiträge „erst anpassen, wenn besondere Sprünge in den Leistungsausgaben nachweisbar sind“, dies gelte auch in Bezug auf Kosten für den medizinischen Fortschritt, denen Privatpatienten durch ihre Beiträge mitfinanzieren.

Das Blatt zitiert auch den SPD-Experten und gelernten Mediziner Karl Lauterbach aus der SPD-Bundestagsfraktion. Dieser habe das System aus privaten und gesetzliche Kassen als einen „einem unproduktiven und schädlichen Wettbewerb“ bezeichnet. Kassenpatienten litten unter der Bevorzugung von Privatpatienten. Und letztere „stöhnten“ wegen hoher, nun offenbar drastisch steigender, Beiträge.

Michael Hennrich aus dem schwarzen Regierungslager wird von den StN auch zitiert. Der CDU-Abgeordnete im Deutschen Bundestag habe sich langfristig „für eine Zusammenführung der Gebührenordnungen für die ärztliche Vergütung von privaten und gesetzlichen Kassen“ ausgesprochen. Das ist Wortgeklingel. Zum einen erstatten die gesetzlichen Kassen dem Arzt immer weniger Behandlungen auf Basis der Gebührenordnung. Zum anderen haben sich die Ärzteverbände erst kürzlich heillos zerstritten und nach Jahren der Debatte eben keine neue Gebührenordnung zustande gebracht.

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