Rentenstudie - Gutverdiener haben relativ kleine Rente
Statt sich über Rentenstatistiken und Prognosen Gedanken zu machen, sollte jeder Erwerbstätige über sein persönliches Rentenniveau nachdenken, also wie viel die gesetzliche Rente im Ruhestand zum eigenen Lebensunterhalt beiträgt. Der Versichererverband GDV hat zusammen mit Prognos berufsbezogene Rentenniveaus untersucht und rechnet Beispiele vor. Eine pauschale Festschreibung des Rentenniveaus auf heutigem Niveau käme nicht bei allen Berufs- oder Einkommensgruppen gleich an. Und kostet laut Prognos 600 Milliarden Euro.
In der Debatte um das Rentenniveau im Allgemeinen werde übersehen, dass sich die Rente ganz individuell entwickelt, schreibt der GDV-Verband zu einer Studie, die das Prognos-Institut für den Verband durchgeführt hat. Einkommen und Auskommen hängen demnach vor allem mit dem Beruf des Versicherten zusammen und mit seinem Wohnort, genauer mit dem Preisniveau. Das Leben in München ist eben teurer als in Mecklenburg-Vorpommern.
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Die starke Rentenerhöhung in diesem Jahr (4,25% West/5,95% Ost) kommt vor allem bei denjenigen an, die während ihres Arbeitslebens besonders gut verdient haben, wird Peter Schwark vom GDV sinngemäß zitiert. Der Grund: Wer schon jetzt hohe Anwartschaften auf seinem Rentenkonto angesammelt hat, der profitiert von den diesjährigen Rentenerhöhungen entsprechend stärker.
Prognosen 2030
Allerdings haben Gutverdiener wegen der Beitragsbemessungsgrenze 6.200 Euro ein umso niedrigeres Rentenniveau im Vergleich zum Einkommen, je mehr sie im Arbeitsleben verdient haben. Prognos habe zehn typische Berufe samt Einkommen untersucht und für den gut verdienenden Ingenieur ein Rentenniveau von etwa ein Drittel ausgewiesen: Gut 6.000 Euro Bruttoeinkommen während der vergangenen Jahre/Jahrzehnte steht eine Rente von lediglich etwa 2.000 Euro gegenüber.
Für eine kinderlose Bürokauffrau mit, sagen wir typischer Erwerbsbiografie, hat Prognos zum Jahr 2030 hin ein Rentenniveau von 46 Prozent im Vergleich zum zum letzten Bruttoverdienst vor Renteneintritt errechnet. Die gleiche Person, allerdings mit zwei Kindern, kommt im Modellvergleich nur auf gut 38 Prozent Rentenniveau – trotz Mütterrente, mit der der Staat Frauen für die Kindererziehung mit drei Entgeltpunkten je Kind belohnt. Der Grund für das dennoch niedrigere Rentenniveau von Müttern ist: Sie unterbrechen je Kind in der Regel länger als drei Jahre ihr Erwerbsleben. Soweit zu Modellbeispielen, die auf das Jahr 2030 hin berechnet wurden.
Bei Rentenbeginn 2040 profitieren vor allem Gutverdiener
Während im Vergleich zum Rentenbeginn 2030 die Bürokauffrau ohne Kinder nur noch mit einem Rentenniveau von gut 34 Prozent (etwa -12 Prozentpunkte im Vergleich zu 2030) rechnen kann, steigt das durchschnittliche Rentenniveau der Kollegin mit zwei Kindern sogar geringfügig auf 39,2 Prozent (+0,7 Prozentpunkte). Und auch das Rentenniveau des Entwicklungsingenieurs bleibt dem Bericht des GDV zufolge relativ stabil bei 34 Prozent. Zur Rentenpolitik: Von einer pauschalen Anhebung des Rentenniveaus, wie etwa vom DGB gefordert, würde der Ingenieur (Beispiel wie oben) am meisten profitieren, obwohl er summenmäßig die höchste Rente bezieht.
Neben Beruf und Kinderzahl, die die Erwerbsbiografie beeinflussen, bestimmt auch der Wohnort des künftigen Rentners mit über dessen Ein- und Auskommen im Alter mit. Prognos vergleicht Wilhelmshaven und die Sächsischen Schweiz: Je nach Berufsbild liegt das Rentenniveau in der niedersächsischen Küstenstadt um bis zu 20 oder 30 Prozent über dem Niveau im Erzgebirge, berichtet der GDV.
Preisniveau am Wohnort ist wichtig
Dies bedeute nicht, dass die Rentner im Erzgebirge weniger Rente bekämen. Die kinderlose Bürokauffrau bekomme in beiden Regionen, so die regionalen Auswertungen, etwa die gleich viel Rente, um die 1.400 Euro im Monat. Der GDV schreibt: „Aber da in dem ostdeutschen Landkreis die Menschen in ihren letzten Berufsjahren voraussichtlich mehr verdienen werden als in der strukturschwachen Nordseestadt, ist das Rentenniveau niedriger.“
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„Die pauschale Anhebung des Rentenniveaus ist darum nicht zielgenau”, warnt GDV-Experte Peter Schwark. „Wir müssen viel genauer auf die individuelle Situation schauen – sonst gibt es enorme Streuverluste.“ Die Festschreibung des Rentenniveaus würde nach Schätzungen von Prognos bis 2040 immerhin rund 600 Milliarden Euro kosten. „Wenn wir beim Rentenniveau Politik nach dem Gießkannenprinzip machen, kommt von dieser ungeheuren Summe nur der kleinste Teil bei den Menschen an, die wirklich Hilfe brauchen“, so Schwark.