Die größte Neuerung bei den Betriebsrenten betrifft das Sozialpartnermodell, mit reinen Beitragszusagen an die Arbeitnehmer und der neu definierten „Zielrente“ statt Rentengarantie. Im Folgenden die Zusammenfassung aus dem Mercer-Statement zu dem Gesetzesentwurf in Auzügen (der Versicherungsbote berichtete). Dieser Entwurf als durchgeführt angenommen, eröffnete allen Beteiligten diese Möglichkeiten:

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Höhere Renditechancen bei der Betriebsrente

Mit dem sogenannten Sozialpartnermodell („Nahlesrente“) könnten Arbeitgeber ihren Belegschaften eine Betriebsrente anbieten, künftig ohne dass sie dafür nach- oder mithaften müssten (Subsidiärhaftung). Möglich würde eine reine Beitragszusage der Arbeitgeber allerdings nur, wenn ihr eine tarifliche Regelung zugrunde gelegt. Nicht tarifgebundene Arbeitgeber können sich außerdem an Tarifregelungen anlehnen.

Arbeitnehmer sollen ihre Nahlesrente auch zu einem anderen Unternehmen mitnehmen können, sofern ihr neuer Arbeitgeber auch das Sozialpartnermodell anwendet. Neu an diesem Modell ist, dass kein bestimmtes Versorgungsniveau garantiert wird. Statt einer festen Rentenzusage soll den Beschäftigten lediglich eine erwartete Rente („Zielrente“) in Aussicht gestellt werden, deren Höhe abhängig vom Auf und Ab an den Kapitalmärkten steigen oder sinken kann.

Versicherer dürfen mitmachen

Den Nachteil der Nahlesrente (keine feste Rentenzusage) tauschen die Beschäftigten gegen eine Chance auf höhere Renten ein, weil ohne Rentengarantien hierfür kein Kapital mehr gebunden werden muss. Neben den zunächst von Ministerin Nahles vorgesehenen exklusiven Versorgungswerken (ähnlich etwa der Metallrente) dürfen laut dem aktuellen Gesetzentwurf auch Versicherer mit ihren Pensionskassen und Direktversicherungen an der Nahlesrente teilnehmen; Pensionsfonds auch. Arbeitsrechtlich wird die Nahlesrente mit der Entgeltumwandlung gleichgesetzt: Beiträge der Arbeitnehmer sind sofort unverfallbar, gehören also sofort dem Mitarbeiter, etwa wenn er das Unternehmen verlässt.

Die Höchstgrenzen für die Förderung von Beiträgen der Entgeltumwandlung steigen gemäß Gesetzentwurf auf sieben Prozent der Beitragsbemessungsgrenze (BBG) der gesetzlichen Rentenversicherung. Unterm Strich können solvente Arbeitnehmer pro Jahr künftig 5.334 Euro (+486 Euro) steuerfrei aus ihrem Entgelt in Betriebsrente umwandeln. Bis 3.048 Euro bleiben sozialversicherungsfrei, wenn der Beschäftigte Pflichtmitglied der Krankenversicherung ist. Neu: Soll bei Ausscheiden eine Abfindung in die bAV eingebracht werden, so kann für maximal zehn Dienstjahre ein Betrag von drei Prozent der BBG lohnsteuerfrei gezahlt werden. Bei ruhenden Arbeitsverhältnisses, etwa in Erziehungszeiten, sind sogar sieben Prozent für jedes Dienstjahr (wiederum maximal für zehn Jahre) möglich.

Für Arbeitnehmer mit einem Einkommen bis 2.000 Euro pro Monat erhalten Arbeitgeber einen Zuschuss von Staat. Zwischen 240 und 480 Euro gezahlte Arbeitgeberzuschüsse pro Jahr erstattet der Fiskus dem Chef mit 30 Prozent. Technisch geht das so, dass die Firmen den Zuschuss beim Finanzamt mit der Lohnsteuer verrechnen können. Der Gesetzentwurf sieht vor, dass den Formen bereits in diesem Jahr gezahlte Zuschüsse erstattet werden.

Erfreulich: Die Erwachsenenzulage für Riester-Renten steigt ab 2018 von 154 Euro auf 165 Euro pro Jahr. Auch sollen doppelte Sozialbeiträge bei der Riester-bAV entfallen und Betriebsrenten bis (der Höhe nach und gemäß Rechtsstand 2016) 202 Euro pro Monat nicht auf die Grundsicherung angerechnet werden. Dies alle gilt, falls der Entwurf wie oben beschrieben auch unverändert zum Gesetz wird.

Im Folgenden drei Statements von Mercer-Betriebsrenten-Experten Uwe Buchem zu dem Gesetzentwurf zum Betriebsrenten-Stärkungsgesetz:

„Mit dem Entwurf möchte der Gesetzgeber insbesondere mit verbesserten steuerlichen und arbeitsrechtlichen Rahmenbedingungen für die Tarifpartner eine stärkere Verbreitung der bAV – vor allem im Hinblick auf Kleinunternehmen und Geringverdiener – erreichen. Der Fisch muss aber am Ende dem Köder und nicht dem Angler schmecken. Ob die Tarifparteien die Chancen des neuen Gesetzes tatsächlich nutzen werden, bleibt abzuwarten. Um der Verbreitung der bAV einen stärkeren Impuls zu geben, wäre eine Ausweitung der neuen Möglichkeiten für alle Arbeitgeber, also auch für jene ohne Tarifvertrag, notwendig.“

„Die erstmalige Einführung einer reinen Beitragszusage ohne Garantieleistungen in der bAV im Rahmen von Tarifverträgen führt zu Kostensicherheit und zum Wegfall der Haftung für Arbeitgeber. Gleichzeitig bietet die Möglichkeit einer flexibleren Kapitalanlage die Chance, höhere Renten für die Arbeitnehmer zu erzielen. Denn gerade für Geringverdiener ist es wichtig, dass bei oftmals niedrigen Beiträgen vernünftige Versorgungsleistungen durch eine stärkere Beteiligung am Produktivkapital generiert werden und damit schließlich die zunehmenden Versorgungslücken verkleinert werden können.“

„Mit dem neuen steuerlichen bAV-Förderbetrag von 30 % auf Arbeitgeberbeiträge bis maximal 480 € soll Arbeitgebern ein effizienter und einfacher Einstieg in die bAV ermöglicht werden. Davon profitieren Arbeitnehmer, die bisher keine zusätzliche Altersversorgung haben. Mit dem Wegfall der Doppelverbeitragung in der Sozialversicherung für die Riester-bAV und einem maximalen Freibetrag für die Anrechnung auf Leistungen der Grundsicherung in Höhe von aktuell 202 € lohnt sich nun auch die zusätzliche Entgeltumwandlung für Geringverdiener.“

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