Ein Gastbeitrag von Rahul Singh, Präsident der Finanzdienstleistungen bei HCL Technologies

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Immer mehr Geräte werden über das Internet miteinander verbunden. Laut aktuellen Analysen sollen es derzeit zwischen 10 und 20 Milliarden sein. Demnach steigt diese Zahl bis 2020 auf 40 bis 50 Milliarden vernetzte Geräte. Schon Autos und Flugzeuge, Kaffeemaschinen und Lebensmittelautomaten, Bohrinseln, medizinische Geräte, Thermostate, Ampeln, Smartphones, GPS-Systeme, Wetterstationen sowie Millionen Software-Anwendungen kommunizieren miteinander. Obwohl es sich dabei um Maschine-zu-Maschine-Verbindungen handelt, umfasst die Konversation auch wichtige Geschäftsdaten. So können diese intelligenten Geräte, Sensoren und Systeme Daten aus verschiedenen Quellen miteinander teilen – häufig in Echtzeit – und damit auch die Produktivität von Unternehmen verbessern.

Eine der Branchen, die das IoT deutlich verändern wird, ist das Finanzwesen und hier insbesondere die Versicherungen. Durch die Nutzung dieser Prozesse werden sie ihr Business neu erfinden, innovative Produkte entwickeln, die Kundenzufriedenheit verbessern und die Compliance-Risiken reduzieren. Denn sie können auf Basis enormer Mengen an Echtzeit-Daten und leistungsfähigen statistischen Analysen aktuelle Business-Trends, Bedrohungen, Lebensstile und Meinungen von Kunden, Umwelteinflüsse und vieles mehr für Entscheidungsprozesse berücksichtigen.

Konkrete Beispiele

Zum Beispiel ist schlechtes Wetter eine der Hauptursachen für Versicherungsfälle im Heimbereich. Eine Studie der ISO zeigt, dass im Laufe von fünf Jahren eine von 31 Wohneinheiten von Wind und Hagel betroffen ist sowie eine von 55 von Wasser- oder Frostschäden. Durch die Nutzung von aktuellen und bisherigen Wetterdaten können Versicherungen Kunden identifizieren, die am wahrscheinlichsten von entsprechenden Schäden betroffen sein werden. Die Informationen aus Wetterstationen in Kombination mit geografischen Daten und detaillierten ERP-Daten ermöglicht dabei völlig neue Erkenntnisse und Ergebnisse. Damit lassen sich zum Beispiel:

  • Versicherte, die am wahrscheinlichsten von Schlechtwetter betroffen sind, über mögliche Vorbeugemaßnahmen informieren
  • Gutachter auf die vermutlichen Forderungen vorbereiten
  • Schadenrückstellungen für unbekannte Spätschäden sowie Verluste vorausberechnen
  • Die Geschwindigkeit von Berichterstattung und Abwicklung von Schadensforderungen verbessern
  • Analysen zur Entdeckung von möglichem Versicherungsbetrug nutzen
  • Angemessene Schadenreserven anlegen

Es überrascht daher nicht, dass sich das IoT unter den fünf wichtigsten Technologie-Trends befindet, die Versicherungen betreffen. Bereits heute verändert es die Branche deutlich. Erste Unternehmen in den USA bieten Rabatte von bis zu 25 Prozent auf Versicherungsprämien für Häuser, wenn dort intelligente Überwachungs- und Sicherheitstechnologien installiert sind. Andere geben Gutschriften von bis zu 5 Prozent bei Vorhandensein eines Wasserleck-Erkennungssystems oder eines Temperatur-Überwachungssystems. Eine weitere Versicherung erwirtschaftet Prämien im Wert von 2 Milliarden US-Dollar durch ein freiwilliges, verhaltensbasiertes Programm auf Basis von Fahrzeit, Entfernung und Geschwindigkeit, die über Messgeräte am Auto erhoben werden. Prinzipiell ermöglichen Wearables sogar die Überwachung und Analyse von Körperfunktionen, um individuelle Gesundheitstarife anzubieten. Doch hier sind insbesondere die strengen Datenschutzgesetze in Deutschland zu beachten.

Daten im Mittelpunkt

Das Internet of Things ermöglicht also zahlreiche neue Geschäftsideen für Versicherungen. In Kombination mit Technologien aus den Bereichen Künstliche Intelligenz und Signalverarbeitung eröffnen sie völlig neue Möglichkeiten zur Kunden-Kommunikation und -Bindung. Im Zentrum dieser digitalen Transformation befinden sich die Daten. Diese müssen weitgehend automatisch vier Phasen durchschreiten: Erfassung durch Sensoren und Geräte, Bereinigung und Anreicherung mit zusätzlichen Informationen, Analyse der kombinierten Daten durch branchenspezifische Modelle und Algorithmen zur Ermittlung konkreter Empfehlungen, Kommunikation der Aktion in Echtzeit über Alarmmeldungen und Arbeitsprozesse an Nutzer und andere Beteiligte.

Die Versicherungsbranche verfolgt die Entwicklungen sehr genau und nutzt die Technologien bereits, vor allem in den Bereichen Privathaftpflicht-, Kranken- und Kfz-Versicherung. Denn gerade hier investieren Konsumenten sichtbar in Überwachungs- und Management-Geräte. Die weiteren benötigten Bestandteile für ein ausgereiftes System gibt es ebenfalls schon: Telekommunikationsnetzwerke können große Datenvolumen bewältigen, intelligente Geräte werden immer günstiger, die Versicherer sind offen für Innovationen, Service-Partner wie Gesundheitszentren oder Reparaturservice-Anbieter für Haushaltsgeräte sind besser mit ihren Kunden vernetzt, Daten und Anwendungen wandern zunehmend in eine standardbasierte, skalierbare Cloud-Umgebung.

Bereits in den vergangenen Monaten sind zahlreiche interessante Konzepte entstanden. So wird es nicht lange dauern, bis IoT als alltägliche Technologie für die Versicherungsbranche gilt.

Dabei sind einige Trends bemerkenswert, die durch das den neuen Ansatz ausgelöst werden. Die Versicherungsbranche hat noch nie reale Produkte hergestellt. Sie nutzt Daten, um intelligente Wege zur Kompensierung von Verlusten zu entwickeln. Wie diese Daten erfasst und genutzt werden, ist für die Differenzierung im Wettbewerb entscheidend. Da jedoch Daten nun zum Allgemeingut werden, sind die Auswirkungen offensichtlich: Die Geschwindigkeit und Effizienz, mit der Versicherungsunternehmen ihre Daten verwalten – ohne davon überfordert zu sein – ist in Zukunft erfolgskritisch. Zusätzlich wird die Datensicherheit immer wichtiger. Und schließlich bestimmen auch Technologie-Partnerschaften, was eine Versicherung im neuen Zeitalter erreichen kann – oder auch nicht.

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