Lebensversicherung - Zweitmarkt vertraut weiter in den Erstmarkt
An den Garantien der Vergangenheit tragen Lebensversicherer aktuell schwer. Besitzer von klassischen Lebensversicherungen sollten aber wissen: Das Risiko der Lebensversicherer ist nicht hausgemacht und dennoch zu bewältigen. Der Zweitmarkt für Lebensversicherungen vertraut in den Erstmarkt und dessen langfristige Ausrichtung. Der Handel mit gebrauchten Policen rechnet sich auch für Normalsparer – übrigens auch auf der Investmentseite und nicht nur beim Verkauf.
Ein Gastkommentar von Henning Kühl, Chefaktuar bei Policen Direkt
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Die Absenkung des Garantiezinses hat keine Auswirkungen auf das Ankaufverhalten von Zweitmarkthändlern. Die meisten gekauften Policen sind schließlich zwischen zehn und 15 Jahre alt. Abhängig von den weiteren Gegebenheiten auf den Zinsmärkten jedoch kann sich der Handel mit Lebensversicherungen mit niedrigsten Garantiezinsen ebenfalls schon bald lohnen. Für dieses Jahr erwarten wir von Policen Direkt, dass Altverträge von rund 200 Millionen Euro den Besitzer wechseln werden – bei einem Stornovolumen von zirka 13 Milliarden Euro.
Wir warnen vor übertriebener Kritik an der Gesamtverzinsung von Lebensversicherungen für das kommende Jahr. Auch wenn mit einem branchenweiten Rückgang zu rechnen ist, rentieren Lebens- und Rentenversicherungen immer noch gut. Wer sich heute für eine Lebensversicherung interessiert, sollte vor einem Vertragsabschluss recherchieren, wie sein auserwähltes Unternehmen wirtschaftet. Seit einem Jahr besteht für die Unternehmen die gesetzliche Pflicht, die Ertragsquellen für den Kunden transparent auszuweisen. Ein Blick auf die Ertragsquellen bietet einen ersten Hinweis auf die Finanzstärke des Versicherers.
Zinsrisiken künftig weitgehend Sache des Kunden
Vergleichbar sichere Sparanlagen oder Staatsanleihen können mit der Rendite der Lebensversicherung derzeit bei Weitem nicht mithalten. Eine 10-jährige Bundesanleihe wirft seit Juli fast überhaupt keine Zinsen mehr ab – im Gegenteil: Anleger mussten zwischenzeitlich dafür bezahlen, dem Staat Geld zur Verfügung zu stellen. Blickt man auf die klassischen Produkte darüber hinaus als Instrument der Altersvorsorge, gilt zu beachten: Das Risiko liegt hier alleine beim Versicherer. Garantien muss er in jedem Fall erfüllen. Bei hybriden Produktvarianten der Lebensversicherung sind Zinsrisiken zumindest teilweise, bei fondsgebundenen Lebensversicherungen zu 100 Prozent Sache des Kunden.
Für wenig finanzmarktaffine Anleger gibt es derzeit keine alternativen Produkte zur Altersversorgung. Die vergleichsweise langweilige Lebensversicherung ist also keineswegs tot. Das bestätigt ganz aktuell auch eine Untersuchung der Managementberatung Bain & Co. Demnach möchten Besitzer einer Police ihren bestehenden Schutz gar erweitern oder ein zusätzliches Lebensversicherungsprodukt kaufen. Auch eine aktuelle Einschätzung der Deutschen Aktuarvereinigung DAV geht übrigens in diese Richtung: man sieht sich durchaus – trotz Solvency II und Tiefzinsphase – in der Lage, Produkte der Lebensversicherung mit Garantien auszustatten, „die eine Mindestleistung im Alter sicherstellen und damit das Vertrauen in ein neues Vorsorgemodell der reinen Beitragszusage maßgeblich stärken.“
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Es gibt dennoch plausible Gründe, seinen Vertrag vorzeitig zu beenden. Versicherungskunden benötigen Liquidität, für die Ablösung von Krediten oder größere Anschaffungen beispielsweise. Der Verkauf einer Lebensversicherung ermöglicht in der Regel einen direkten Mehrerlös von drei bis fünf Prozent zur Kündigung – bei Erhalt eines Rest-Todesfallschutzes.