Nicht nur Versicherungskunden in Deutschland, Frankreich oder Norwegen (die Liste ist unvollständig) bangen um ihr Geld, das ihnen etwa nach Sturmschäden an ihren Gebäuden zusteht, die sie bei Gable Insurance versichert hatten. „Seit Monaten sind die Vereinspräsidenten von mindestens 20 Fußballclubs gezwungen, die Abenteuer einer kleinen Versicherungsgesellschaft genau zu verfolgen, die sich am Rand des Bankrotts bewegt“, schreibt „L’Esspresso“ zu den Gable-Zockereien im italienischen Fußball (dazu unten mehr).

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Der Stand der Dinge vor allem mit Blick auf bisher bei Gable versicherte Kunden und Versicherungsmakler ist: Die liechtensteinische Finanzmarktaufsicht FMA hatte der Gable Insurance AG bereits Anfang September den Geschäftsbetrieb untersagt (der Versicherungsbote berichtete). Seitdem sortierten die von der FMA offiziell als Sonderbeauftragte bestallten Wirtschaftsprüfer von Pricewaterhouse Coopers zu fürstlichen Preisen die Bücher des Unternehmens und stellten Ende Oktober mit Post an das Fürstliche Landgericht Liechtenstein offiziell die Überschuldung von Gabel Insurance fest. In Deutschland hatte Gable Insurance einen Prämienumsatz von 4,1 Millionen Euro, der über den Assekuradeur Direkt Assekuranz, Düsseldorf, bei dem Unternehmen eingereicht wurde.

Gespräche mit Konkursverwalter bisher ergebnislos

Zwar sitzt Gable in Liechtenstein, organisierte ihr operatives Geschäft aber über London, wo der Versicherer bis vor kurzem auch an der Börse notiert war. Nach Angaben von Daniel Wirtz, Geschäftsführer der Direkt Assekuranz Service GmbH (DAss), hatte sein Unternehmen als Assekuradeur 9.000 Verträge bei Gable eingedeckt, überwiegend Wohngebäude-Policen. Laut Wirtz arbeitete seine DAss seit 2013 mit der Gable Niederlassung London zusammen.

Schadenzahlungen an Gable-Kunden ruhen seit einigen Wochen, von „Monaten“ berichten betroffene Versicherungsmakler, mit denen der Versicherungsbote gesprochen hat. Daniel Wirtz von DAss bestätigt den Geldstillstand. Sein Schadenkonto, von dem aus er als Assekuradeur Schäden der Kunden reguliert hat, ist leer und wird derzeit auch nicht von Gable aufgefüllt. Die Gespräche mit dem Konkursverwalter, dem Anwaltsbüro Batliner Wanger Batliner in Liechtenstein, führen derzeit zu keinem zählbaren, geschweige denn zahlbaren Ergebnis für die Kunden, die nun ihren Schäden hinterherlaufen.

Ziel: 50-60 Prozent Vorschuss auf Schadenansprüche der Kunden

Bei der DAss in Düsseldorf sind im Augenblick 500 Schäden offen, für die derzeit 1,5 Millionen Euro buchhalterisch reserviert sind, also versicherungsvertraglich unstrittig, auszahlbar. Wenn Geld vorhanden wäre. Der Assekuradeur hat inzwischen den gesamten Vertragsbestand von Gable auf ein neues Versicherer-Konsortium umgedeckt. Nun will die DAss für die betroffenen Kunden beim Konkursverwalter erreichen, dass sie einen Vorschuss auf die 1,5 Millionen Euro Schadensumme bekommt und an die Kunden weitergeben kann. So berichtet es Daniel Wirtz weiter gegenüber dem Versicherungsboten.

In Finanzkreisen in London, wo bisher das operative Geschäft organisiert wurde, kursieren Zahlen zur Höhe der „Vorschussquote“, die realistisch als erste Zahlung in Richtung Kunden zu erwarten sei: 50 bis 60 Prozent werden als sicher gehandelt. DAss-Geschäftsführer Wirtz will diese Zahlen nicht bestätigen. Deutsche Kunden sind nämlich nicht die einzigen, die auf Geld warten. Nach Recherchen des Versicherungsboten hat in Frankreich Assurances Chevalier, Avignon, rund 300.000 Euro offene Schäden.

Bei Norgwegian Broker AS, Oslo, liegen unbezahlbare Schadenabrechnungen in Höhe von zwei Millionen Euro auf Halde. Das ist aber noch nicht alles. Weitere Schäden und Summen aus anderen Ländern, in denen Gable tätig war, werden zurzeit gesammelt addiert, mit dem Vermögen von Gable saldiert und hernach eine Entschädigungsquote für die Kunden ermittelt. Die Sachlage lässt sich also in den vorstehenden Satz kleiden und erklären. Erledigen allerdings lässt sich das Gable-Problem nicht mit einem Federstrich.

Bei nur 100 Millionen Umsatz 12 Millionen Euro schwere Fußballzockereien

Daniel Wirtz’ Problem hinsichtlich der deutschen Kunden ist nicht nur finanzieller, sondern auch formaler Natur: Vorläufig sind der DAss buchstäblich regelrecht die Hände gebunden. Auch nach dem liechtensteinischen Insolvenz- und Aufsichtsrecht ist die Schadenregulierungs-Vollmacht des Assekuradeurs mit der Insolvenz von Gable erloschen. Die DAss bewirbt sich derzeit bei Insolvenzverwalter Batliner-Rechtsanwälte um eine neue Vollmacht als so genannter Claims Handler. Diese Vollmacht lässt seit Wochen auf sich warten, klagt Daniel Wirtz über die Verzögerung.

Pikant ist zudem, dass Gable bei nur 100 Millionen Euro Prämienumsatz in Italiens Fußball-Landschaft gezockt hat. Das Unternehmen gab unter anderem an den Club Sampdoria Genua, der in der ersten italienischen Liga, der Seria A, spielt, eine Transfergarantie in Höhe von 12 Millionen Euro, berichtet die italienische Zeitung „L’Espresso“. Aber der Betrag ist möglicherweise zu niedrig angesetzt. „Seit Monaten sind die Vereinspräsidenten von mindestens 20 Fußballclubs gezwungen, die Abenteuer einer kleinen Versicherungsgesellschaft genau zu verfolgen, die sich am Rand des Bankrotts bewegt“, schreibt „L’Esspresso“ zu den Gable-Zockereien.

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Und wie hat Gable seine Vermittler in deutschen und anderen Landen über den Zustand des Unternehmens informiert? Offenbar gar nicht, jedenfalls weder rechtzeitig noch wahrheitsgemäß. Noch im Frühjahr hatte der inzwischen entlassene Gable-Chef in London gegenüber seinen Vertriebspartnern gesagt, das Unternehmen stehe gut da. Auch sei bald (das Geld werde er rechtzeitig bei Investoren einwerben) ausreichend Geld in der Kasse, um die schärferen Eigenkapital-Vorschriften für Solvency II einzuhalten. Das Ende ist bekannt. Die Pleite von Gable Insurance ergab sich aus der Solvency-II-Buchprüfung. Anders gesagt: Ohne Solvency II, nach der zurzeit alle Versicherer geprüft werden, wäre Gable heute noch aktiv. Wahrscheinlich.