Ein Gastbeitrag von Dr. Andreas Eurich, Vorstandsvorsitzender der Barmenia Versicherungen

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Das Fatale an der Niedrigzinsphase ist, dass sie immer stärkere Auswirkungen auf die private und betriebliche Altersvorsorge hat. Während die heutige Rentner-Generation überwiegend gut versorgt ist, wird es bei den künftigen Generationen Handlungsbedarf geben. Gerade die Diskussionen um die künftige Höhe der gesetzlichen Rente zeigen, dass der Staat kaum das heutige Niveau wird halten können. Diese zu erwartende Absenkung wird sich nur über zusätzliche Vorsorge ausgleichen lassen. Umfragen zeigen, dass in der Bevölkerung angesichts der Niedrigzinsen die Bereitschaft dazu aber abnimmt. Hier gilt es, das Bewusstsein dafür zu schärfen, dass etwas getan werden muss. Denn zu einer zukunftsfesten Altersvorsorge gehören die gesetzliche Rente, die betriebliche und private Vorsorge.

Veränderung der Vorsorgekultur

Gerade bei letzterer erleben wir einen Paradigmenwechsel – nämlich die Abkehr von den klassischen Garantieprodukten. Immer mehr Anbieter ziehen sich dort zurück. Nachdem das Bundesfinanzministerium den Höchstrechnungszins zum 1. Januar 2017 auf 0,9 Prozent senkt, werden für viele Kunden die klassischen Renten-Garantieprodukte nicht mehr erste Wahl sein. Denn die Renditechancen sind dort deutlich eingeschränkt und erfüllen oftmals nicht mehr die Erwartungen. Der Altersvorsorgemarkt der Zukunft wird den Fokus auf neue kapitalmarktorientierte Produkte legen. Das größte Wachstum sehe ich bei den Indexpolicen. Dass die Kunden sie annehmen, belegen deutlich steigende Absatzzahlen. Nicht zuletzt, weil sie durch Garantien wie den Erhalt der eingezahlten Beiträge oder eine Mindestrente zu Rentenbeginn ebenfalls Planungssicherheit bieten.

Die digitale Herausforderung

Die zweite große Herausforderung der Branche ist die Digitalisierung. Der damit einhergehende technologische Fortschritt erfasst mittlerweile die gesamte Wertschöpfungskette der Versicherungswirtschaft. Das eröffnet neue Geschäftsfelder und verändert auf der anderen Seite Organisation und Prozesse. Der rasante Wandel im Kundenverhalten gibt den Takt für die Digitalisierung vor.

Situative Versicherungen sind hier ein gutes Beispiel. Das Koppeln des Versicherungsschutzes an das Leben, spontan und individuell, wird eine immer stärkere Rolle spielen. Ich halte situative Versicherungen für ein Zukunftsthema.

Wichtig ist für Versicherungsunternehmen in diesem Zusammenhang eine hoch flexible, moderne IT. Damit sind sie in der Lage, in kürzester Zeit komplette digitale Neuprodukte inklusive Infrastruktur auf den Weg zu bringen. Diese Infrastruktur ist in dem sich digitalisierenden Markt eine der Grundvoraussetzungen für eine erfolgreiche Kooperation mit Insurtechs. Schließlich spielen die Newcomer eine immer wichtigere Rolle. Mittlerweile versuchen die jungen Firmen sogar, den gesamten Versicherungsprozess digital abzubilden. Eine große Chance für Versicherungsunternehmen liegt in der Zusammenarbeit mit diesen agilen Partnern. So kooperiert die Barmenia im Bereich des situativen Versicherungsschutzes sehr erfolgreich unter anderem mit Insurtech-Start-Ups wie Knip und KASKO.

Technisch affin und auf Augenhöhe mit dem Kunden – die Zukunft des Vertriebs

Es gibt Marktuntersuchungen, die prognostizieren eine Verdrängungsgefahr durch Insurtechs – vor allem im Versicherungsvertrieb. Diese Gefahr sehe ich nur bedingt. Warum? Verbraucher verfügen im Allgemeinen nicht über tiefere Kenntnisse der privaten Altersvorsorge. Ich glaube, dass Technik-affine Vermittler und der digital ausgerichtete Versicherungsvertrieb wichtiger für Kunden werden, da sie ihnen einen Mehrwert im Vergleich zur reinen Online-Beratung liefern.

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Bei komplexen Vorsorgelösungen wie indexgebundenen Renten- oder Berufsunfähigkeitsversicherungen bleibt die fundierte persönliche Beratung letztlich unverzichtbar. Traditionelle Vertriebe sollten sich über hochwertige Kundenberatung und digitale Omnikanal-Modelle positionieren. Hier wird der digitalen Unterstützung der Vertriebe durch uns als Versicherungsgesellschaft eine wesentliche Bedeutung zukommen.