Versicherungsbote: Wo liegen künftig die Herausforderungen im Bereich der Hausratversicherung?


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Michael Böhler, Senior Produktmanager bei der Janitos Versicherung AG. Foto: Janitos. Michael Böhler: Die mittelfristig größte Herausforderung im Bereich der Hausratversicherung dürfte sicherlich die Entwicklung der Wohnungseinbrüche in Deutschland sein. Die Leistungen der Versicherer stiegen hier laut GDV von 2009 bis 2015 von 340 Millionen Euro um über 50 Prozent auf 530 Millionen Euro. Vor diesem Hintergrund ist es bei der Kalkulation neuer Tarife besonders wichtig, die richtige Balance zu finden. Einerseits muss dieser Entwicklung natürlich durch höhere Prämien Rechnung getragen werden. Andererseits weiß niemand, ob sich die Zahlen in den kommenden Jahren vielleicht stabilisieren oder sogar rückläufig werden. Wer dann übers Ziel hinausschießt, verliert seine Wettbewerbsfähigkeit und muss wiederum mit einem neuen Tarif gegensteuern.

Solche versicherungstechnischen Herausforderungen sind zwar bedeutsam, aber wenig spannend. Interessanter ist da schon die Frage, ob sich z. B. „Einzelgeräte-Versicherungen“, die beim Online-Kauf von Unterhaltungselektronik, Smartphones und Tablets vermehrt angeboten werden, als echter Markt-Trend durchsetzen werden oder ob es in diesem Bereich bei einem Nischendasein bleibt. Sollte sich, ausgehend von der jüngeren Generation, das Sicherheitsbedürfnis der Kunden tatsächlich mittel- bis langfristig statt auf die pauschale Absicherung des Hausrates, auf die gezielte Absicherung einzelner Sachen konzentrieren, müssten die Anbieter klassischer Hausratversicherungen umdenken. Schnelle Anpassungsprozesse werden auf die Versicherer allerdings eher nicht zukommen. Entsprechende Entwicklungen laufen normalerweise relativ langsam ab.

Grundsätzlich werden sich Kompositversicherer in den kommenden Jahren der Herausforderung durch neue Anbieter und Dienstleister im Bereich Versicherung und Finanzen stellen müssen. Ob man nun die überstrapazierten Begriffe Digitalisierung oder Fintech nutzen möchte oder nicht. Sicher ist, dass es neue Anbieter geben wird, die vor allem über digitale Kanäle und Prozesse versuchen werden, den etablierten Vermittlern und Versicherern Marktanteile streitig zu machen. Solange es fair zugeht, ist das auch absolut zu begrüßen.

Der Trend geht zu modularen Versicherungen. Warum macht das Sinn?

Der modulare Aufbau von Tarifen bietet für Kunde, Vermittler und Versicherer viele Vorteile. Er kann jedoch auch Nachteile mit sich bringen. Das hängt vor allem von der Ausgestaltung und Umsetzung der Modularität im Hinblick auf die Eigenheiten der Sparte, die Prozesse der Vermittler und die Bedürfnisse der Kunden ab. Mit zunehmender Modularität steigt in der Regel immer auch die Komplexität des Tarifs. Aber richtig umgesetzt, lässt ein modularer Tarif Vermittler und Kunden mehr Freiheiten auf individuelle Bedürfnisse und Risiken einzugehen. Der Kunde bekommt dann kein Produkt von der Stange, sondern ein auf seine Lebenssituation zugeschnittenes Produkt. Versicherer wiederum genießen den Vorteil, ihren Partnern und Kunden sehr individuelle Pakete und Konzepte schnüren zu können, ohne das eigene Produktportfolio kosten- und verwaltungsintensiv aufzufächern. Zusammenfassend kann man also sagen: Richtig umgesetzt ist ein Modulartarif für alle Seiten ein Gewinn.

Auf welche Leistungspunkte sollten Vermittler besonders achten?

Zunächst sollten Vermittler natürlich darauf achten, den Kunden wichtige Zusatzbausteine zur Hausratversicherung zu erläutern. Wird z. B. bei der Beratung der Elementarschadenbaustein außer Acht gelassen, so nützt dem Kunden die beste und leistungsstärkste Deckung nichts, wenn es zu einem Überschwemmungsschaden kommt. Darüber hinaus benötigen bestimmte Zielgruppen Deckung in speziellen Leistungsbereichen. Freelancer und Freiberufler brauchen eine umfangreiche Deckung des häuslichen Büros. Kunden, die oft beruflich verreisen, sollten eine höhere Außenversicherungssumme und Deckung für den Diebstahl aus dem Kfz haben – auch außerhalb Deutschlands. Beim Vergleich hochwertiger und leistungsstarker Hausrattarife sollte darauf geachtet werden, dass nicht nur die grob fahrlässige Schadenverursachung mitversichert ist, sondern auch die grob fahrlässige Verletzung von Obliegenheiten bzw. Sicherheitsbestimmungen. Letzteres wird beim Thema „grobe Fahrlässigkeit“ gerne übersehen.

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Warum sollten Vermittler bewusst Sachversicherungen verkaufen?

Im Rahmen einer umfassenden und ganzheitlichen Beratung muss der Vermittler nicht nur das Thema Versicherung, sondern auch die Themen Altersvorsorge und Vermögensaufbau im Blick behalten. Vor diesem Hintergrund ist es dann auch egal, ob man eine private Sachversicherung im engeren Sinne, also z. B. die Hausratversicherung, als zu versicherndes existentielles Risiko betrachtet oder nicht. Sachversicherungen schützen das Vermögen des Kunden und ein größerer nicht versicherter Feuer- oder Leitungswasserschaden torpediert nachhaltig die Bemühungen und die Möglichkeiten des Kunden, kontinuierlich für das Alter vorzusorgen oder einen Kapitalstock aufzubauen. Darüber hinaus ist es auch für Vermittler wichtig, sich einen Bestand aufzubauen, der über die Bestandsprovisionen stetig und verlässlich für ein solides Grundeinkommen sorgt. Vermittler, die sich zu stark auf Einnahmen aus Abschlussprovisionen verlassen, verfolgen kein wirklich nachhaltiges Geschäftsmodell.