Money meets Handelsblatt
Moneymeets, nein, nochmal: Money meets Handelsblatt. Geld trifft auf Handelsblatt. Präziser meint dies ein Firmengeflecht, zu dem neben der Zeitung auch das Insurtech Moneymeets gehören. Zu diesem wirtschaftlichen Zusammenhang sollte das Blatt seinen Lesern im Redaktionsteil Durchblick liefern. Ein aktueller Beitrag des Blattes spricht mit Vokabeln wie an einem Pranger – aber ohne der Höhe nach Sachgründe zu nennen – von „fetten Einnahmen“ der Versicherungsvermittler, nennt ausschließlich den „Angreifer“ Moneymeets und erwähnt nicht klar dessen wirtschaftlichen Zusammenhang in dem Handelsblatt-Firmenuniversum.
Um den Zusammenhang zwischen Handelsblatt und Moneymeets (Mit-Investor ist DvH Ventures) zu verstehen, hilft ein erster Blick darauf, wie sich DvH Ventures im Internet darstellt. Als „unabhängige Venture Capital Gesellschaft des gleichnamigen Verlegers Dieter von Holtzbrinck“, so steht auf deren Webseite zu lesen. Seine Leistungen beschreibt das Unternehmen so:
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„Geld trifft auf Handelsblatt“. Der Satz ist kein Wortspiel. Er erklärt - jedenfalls aktuell exemplarisch - einen Zusammenhang zwischen Moneymeets und Handelsblatt. Das Blatt titelte an diesem Montag „Was Versicherungsvermittler verdienen“. In der Unterzeile heißt es dann, die Vermittler „zittern um ihre fetten Einnahmen“.
Fette Einnahmen, volle Taschen der Vermittler – Begründung Fehlanzeige
Im ersten Absatz des Handelsblatt-Textes suggeriert der Autor (quellenlos) der Verbraucher fürchte, „dass sich der Versicherungsvermittler vor allem mit hohen Provisionszahlungen die Taschen vollmacht“ (nebenbei aus dem Lehrbuch nicht nur für Pressevolontäre: „Zahlungen“ machen Taschen leer – Einnahmen machen Taschen voll; aber dies nur am Rande).
Kritik 1: Zahlenbeispiele „für fette Einnahmen“ der Vermittler oder Beträge oder einen Einkommensvergleich mit anderen Dienstleistern nennt das Handelsblatt nicht. Ob die Vermittler unangemessen viel Geld bekommen, was dem Leser mit der Wortwahl „fette Einnahmen“ oder „Taschen vollmacht“ suggeriert wird, ist nicht bewiesen. Der Beweis wird erst gar nicht versucht.
„Was“ (genauer bitte: wie viel, das müsste der Chefredakteur rot anmerken) die Vermittler kriegen, das erklärt das Blatt mit „prozentualen Anteilen“ bei laufenden und einem „gewissen“ Prozentsatz bei Abschluss-Provisionen, was hier dem Fachleser nicht weiter zu erklären ist - aber in der Zeitung dem Laien sachlich einzuordnen ist. Der Erklärtext (als der er wie oben dargelegt nicht taugt) im Handelsblatt zur Vergütung der Vermittler liest sich eher wie eine Einleitung. Auf Moneymeets hin:
Prozess gewonnen – im kommenden Gesetz wieder verloren
Im dritten Absatz schreibt der Autor, „das (das was? „Fette Einnahmen“ der Vermittler? Anm. d. Red.) machen sich neue Wettbewerber zunutze“. Sodann erklärt der Autor den Angriff der Fintechs auf den „tradierten Markt“. Und nennt nachfolgend, „einer dieser Angreifer auf die etablierten Vermittler“ sei - täddääh: Auftritt Moneymeets. Dessen Geschäftsmodell (die demnächst wieder gesetzlich verbotene anteilige Provisionsabgabe an die Kunden) anschließend mit Zitat von Moneymeets-Chef Johannes Cremer ausführlich erläutert wird.
Kritik 2: Einen zweiten oder dritten „Angreifer“, die „mit schlanken Strukturen, smarter Software, frischen Ideen und auch niedrigeren Preisen“ (Handelsblatt) bei Versicherungskunden punkten wollen, nennt das Handelsblatt nicht. Ist das mit „wirksamen Eintrittsbarrieren gegenüber potenziellen Mitbewerbern“ gemeint, wie DvH Ventures schreibt (siehe Screenshot oben).
Geschäftsmodell auf Zeit – bis das IDD-Gesetz kommt
Anschließend erzählt das Handelsblatt, dass Moneymeets einen Prozess um sein Modell zur anteiligen (50/50) Provisionsabgabe gewonnen hat. Ja, das stimmt. Dies suggeriert, Moneymeets handle korrekt. Jein. Ja: derzeit. Künftig: Nein. Egal? Dazu:
Kritik 3: Erst im hinteren, dritten Teil des Artikels (man muss auf Handelsblatt.com zwei Mal weiter klicken) meldet auch das Handelsblatt, dass das deutsche Gesetz zur EU-Vertriebsrichtlinie (IDD) weiterhin ein Provisionsabgabeverbot vorsieht – welches die Provisionsabgabe von Moneymeets an seine Kunden bald wieder verbietet (der Versicherungsbote berichtete).
Moneymeets Obsiegen gegen eine Klage, übrigens des IGVM-Maklerverbands, gegen deren Provisionsabgabe bedeutet angesichts des kommenden Gesetzes zur IDD für Moneymeets ein Geschäftsmodell auf Zeit. Ganz sachlich betrachtet und mit Frist bis zu dessen Rechtskraft, mit der in den nächsten Monaten zurechnen ist, weil die Große Koalition in Berlin sich zu dem Gesetz einig ist.
Kritik 4: Die räumliche Ferne in dem Pressebeitrag zu einem und demselben widersprüchlichen Thema, dem (demnächst) neu installierten Provisionsabgabeverbot, ist für den Leser nicht leicht zu durchblicken. In (Klick-)Teil 1 beim Handelsblatt heißt es, Moneymeets darf laut Urteil Provision abgeben. Erst in Teil 3 (nicht Teil 2) steht, dass das Provisionsabgabeverbot ins Gesetz kommt. Haben die Leser in der Mehrheit Jura studiert und können mal rasch die (Paragraphenmatsch...) Normenpyramide erklären?
Kritik 5: In der ersten Version des Beitrags stand nicht in dem Text des Handelsblatts, dass „Dieter von Holtzbrinck Ventures ... an dem Unternehmen beteiligt“ ist. Diesen Nachsatz fügte die Handelsblatt-Redaktion erst nach Intervention (via Twitter) von Versicherungsmakler Matthias Helberg, Osnabrück, ein. Ein Bezug auf oder mit dem Wort „Handelsblatt“ und Konzern oder ähnliches: fehlt.
Läuft das mit @moneymeets_com im @handelsblatt eigentlich unter Productplacement oder unter konzerninterne Hilfe? https://t.co/d1BkCkQKfN
— Matthias Helberg (@MatthiasHelberg) 2. Januar 2017
Auf Makler Helbergs Beschwerde antworte Moneymeets und schrieb, der Artikel sei journalistischer Auftrag(?). Das mutet dem Leser eher an, als wolle der Bock erklären, warum Gärtner werden will.
Läuft unter #relevanz #journalistischerauftrag - DvH Ventures ≠ Handelsblatt Redaktion @moneymeets_JoC @ErwinHausen @rieksmeier https://t.co/WfcUAkPfUz
— moneymeets (@moneymeets_com) 3. Januar 2017
DvH was?
„DvH Ventures beteiligt“ ... Reicht diese Ergänzung zum wirtschaftlichen Zusammenhang von Handelsblatt und Moneymeets? Der „normalverständige Verbraucher“ (oder Leser), wie ihn Richter in Urteilen zum Verbraucherschutz immer wieder umschreibend bemühen, kann mangels Wissen zu Konzern- oder Gesellschaftsgeflechten nicht erkennen, wer oder was DvH ist. Und: Er (er)kennt nicht zumutbar den Zusammenhang von DvH Medien (Handelsblatt, Wirtschaftswoche, Die Zeit, Tagesspiegel Berlin) zu DvH Ventures, die Moneymeets mitfinanzieren.
Was steckt dahinter? Dahinter steckt der Unternehmer Dieter von Holtzbrinck (DvH) und seine Unternehmen DvH Medien (Handelsblatt und andere große Pressetitel (*)) und die „unabhängige“ DvH Ventures, die junge Unternehmen finanziert. So weit, so gut. So klar (Bedingung: falls man es weiß). Sprechen wir über DvH Ventures, nein, lassen wir das Unternehmen sprechen:
Man beachte die Reihenfolge dessen, wie DvH Ventures auf seiner Webseite textet:
-
Media-Leistungen (Hervorhebung durch den Versicherungsboten) („Zielgruppenspezifische Medialeistungen in den Titeln der Verlagsgruppen“ (*))
- Management
- Kapital
Am 26. November 2016 zeigte sich das Handelsblatt transparent und schrieb im Zusammenhang mit Moneymeets: "Moneymeets – an dem die Verlagsgruppe Handelsblatt beteiligt ist – ... "
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(*) Handelsblatt, Wirtschaftswoche, Die Zeit, Tagespiegel (Berlin)