Glaubt man einer neuen Studie des Instituts für Management und Wirtschaftsforschung (IMWF), dann haben die Versicherer in Zukunft ein existenzbedrohendes Problem. „Die Bevölkerungsentwicklung in Deutschland bedroht die Versicherungswirtschaft in ihren Grundfesten“, so heißt es in einer Pressemeldung des Instituts. Stark vereinfacht sterben schlichtweg die Kunden weg. Und weil die Geburtenzahlen im Keller sind, kommen nicht mehr ausreichend Neukunden nach, die Verträge abschließen und Mitgliedsbeiträge zahlen.

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Bis ins Jahr 2050 4,61 Millionen Haftpflicht-Kunden weniger

Ausgangspunkt der Untersuchung mit dem sperrigen Titel "Auswirkung der demografischen Entwicklung auf die Marktpotenziale von Versicherungen und Kreditinstituten" ist die Beobachtung, dass der Großteil der Versicherungskunden schon recht betagt ist. „Bei den meisten untersuchten Versicherungsprodukten weist die Altersgruppe der 50 bis 59jährigen die höchste Zahl an Versicherten auf“, heißt es in einer Pressemeldung des IMWF. „Bis ins Jahr 2050 wird diese Alterskohorte um fast ein Viertel schrumpfen – von derzeit 13,2 Millionen auf nur noch 9,9 Millionen.“

Die meisten potenziellen Neukunden für Versicherungsprodukte seien demgegenüber zwischen 20 und 29 Jahren alt, berichtet das Institut. Diese Altersgruppe wird im gleichen Zeitraum um fast ein Fünftel von aktuell 9,7 auf dann 7,8 Millionen Twens abnehmen, so Prognosen des Statistischen Bundesamtes. Anders sieht das bei den über 60jährigen aus: Die Gruppe der 60 bis 69jährigen wird um 6,1 Prozent von heute 9,9 auf 10,5 Millionen zulegen.

In Folge dieser Entwicklung verändert sich auch die Altersstruktur der Versicherten. „Bei allen untersuchten Versicherungsprodukten wird die Anzahl der Versicherten - also der Kunden und damit Beitragszahler - bis ins Jahr 2050 abnehmen“, berichten die Studienmacher. Am drastischsten schrumpft die Zahl der Haftpflichtkunden: Hier fallen laut Prognose 4,61 Millionen Kunden weg. Kaum weniger drastisch fallen die Zahlen in der Kfz-Haftpflicht (4,33 Millionen Kunden weniger) und Hausratversicherung (-4,15 Millionen) aus.

Steigende Schadenquoten

Zugleich prognostiziert das Institut steigende Schadensquoten, weil die Versicherten schlicht im Alter höhere Kosten erzeugen würden. Dies gelte vor allem in der Kranken- und Pflegeversicherung. Zum Ausgleich müssten die Beiträge steigen, was wiederum Probleme bei der Gewinnung von Neukunden. Höhere Prämien machen den Versicherungsschutz schlicht unattraktiver, so das Fazit: ein Teufelskreis.

"Dieser Spirale der Risikoverschlechterung sollten Versicherer frühzeitig begegnen, denn die Basis für die zukünftige Versichertenstruktur wird schon heute gelegt", mahnt Wilhelm Alms, Vorsitzender des Wissenschaftlichen Beirats des IMWF. "Nur wer heute mit einer klugen Produkt-, Marken- und Vertriebsstrategie jüngere Zielgruppen gezielt bindet, wird in dem sich stetig verschärfenden Verdrängungswettbewerb im Versicherungsmarkt langfristig überleben."

Hier ist entgegen dem Fazit der Studienmacher einzuwenden, dass ältere Menschen in manchen Sparten gerade weniger Schadensfälle verursachen. So bieten die Versicherer zum Beispiel in der Haftpflicht- und Rechtsschutzversicherung spezielle Senioren-Tarife an, die in der Regel günstiger sind: in der Haftpflicht um bis zu 30 Prozent, wie die Zeitschrift „Finanztest“ berichtet. Die Behauptung, ältere Menschen erzeugen höhere Schadenskosten, ist in diesem Sinne zu undifferenziert.

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Hintergrundinformationen: Die Studie "Auswirkung der demografischen Entwicklung auf die Marktpotenziale von Versicherungen und Kreditinstituten" (Hamburg, Dezember 2016) des IMWF Instituts prognostiziert die potenzielle Marktabdeckung bis ins Jahr 2050 unter Berücksichtigung der zukünftigen Altersstrukturen. Grundlage sind die Ergebnisse der Markt-Media-Studie "best for planning 2016" und die Bevölkerungsvorausrechnung des statistischen Bundesamts.