Das IDD-Gesetz ist noch nicht am Ziel
Am Mittwoch hat das Bundeskabinett beschlossen, den Entwurf zum IDD-Gesetz per Textstand Dezember in den Deutschen Bundestag zu leiten. Politisch hatte sich die Große Koalition bereits Ende letzten Jahres geeinigt, wie der Bund mit dem Gesetz die EU-Vertriebsrichtlinie für Versicherungen (IDD) umsetzen soll. Aber noch kann sich der Text ändern, der planmäßig erst im Juli zu einem Gesetz werden soll. Zwei dicke Zinken wurden im aktuellen Entwurf gestrichen.
Versicherungsmakler dürfen als Entgelt kein Honorar kassieren. So steht es im Text des Gesetzes, mit dem der Bund die EU-Vertriebsrichtlinie IDD in deutsches Recht wandeln will. Auch Provisionsabgaben an Kunden: bleiben verboten. Das Abgabeverbot ist eine der letzten Bastionen des dirigistischen Staats, der damit seine Wirtschaft schützt. Ähnliches kennt man nur noch von der Buchpreisbindung, mit der Verlage und Buchhändler vor Preisdumping und damit das Kulturgut Buch geschützt werden sollen.
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Verbot der Provisionsabgabe als Kulturgut wie die Buchpreisbindung?
Ob Versicherungen und ihre Vermittler genauso schützens- und schätzenswert sind wie das Buch und die Buchhändler, sei dahingestellt. Zurück zum Bundeskabinett: Nein, nicht alles, was noch im ersten Entwurf des Gesetzes stand, hat die erste Runde des Verfahrens für das neue Gesetz überlebt. Einiges ist inzwischen aus dem Text verschwunden, den das Kabinett am Mittwoch an die Adresse des Deutschen Bundestag geleitet hat.
Provision kassieren sollte den Vermittlern laut dem Ur-Entwurf nur bei privaten Kunden erlaubt sein. Bei Firmen, neudeutsch im B2B-Geschäft, sollten die Vermittler nur gegen Honorar beraten dürfen. Praktisch hätte das etwa so ausgesehen: Der Axa- oder der Allianz-Agent hätte beim Bäcker, der für seine Gesellen eine Pensionskasse abschließen wollte, ein Honorar aufrufen müssen, zahlbar durch den Bäckermeister. Dagegen hätte sich der Handwerker nicht wehren können, denn das Recht auf Entgeltumwandlung steht jedem Arbeitnehmer zu.
Honorarpflicht bei Selbstständigen wäre teuer geworden
Im Effekt hätte hier im Beispiel der Betriebsrente eine Honorarpflicht den Handwerker gezwungen, den Vermittler zu bezahlen, eine Art Arbeitgeberzuschuss in die Kasse des Vermittlers. Dieser Passus ist aus dem Kabinettsentwurf verschwunden. Denn er wäre dem kleinen Handwerker buchstäblich kaum zu vermitteln gewesen. Anderes beim Provisionsmodell: Dort bezahlen bekanntlich die Mitarbeiter mit ihrem Beitrag auch die Kosten etwa ihrer Pensionskasse.
In dem vom Bundeskabinett verabschiedeten Text auch gestrichen ist die doppelte Beratung des Kunden durch seinen Vermittler UND den Versicherer. Vor allem Makler sahen ihre Arbeit und ihren Status als entwertet an, hätte ihnen der Versicherer doch als eine Art unerwünschter Zusatzberater in die Arbeit und ihre Souveränität pfuschen können. Die staatlich verordnete Pflicht zur „Zweitmeinung“ konnte auch nicht im Sinne der Versicherer sein. Denn sie wären bei jedem Abschluss des Maklers in der Pflicht – und mit haftbar – gewesen, den Kunden bei einer vom Makler-Vorschlag abweichenden Meinung zum Versicherungsschutz zu beraten, im Zweifel den Makler auszubremsen.
Sollte der Versicherer draußen bleiben?
Andererseits: Obläge dem Versicherer beim Rat etwa zu einer neu angebotenen Berufsunfähigkeits-(BU)-Police ein (Mit-)Stimmrecht, dann hätte er nachhaken können. Zum Beispiel mit der Frage, warum die beantragte BU-Rente vielleicht zu niedrig erscheint. Etwa wenn aus dem Antrag für die Police und dem Gesprächsprotokoll hervorgeht, dass der Kunde 3.000 Euro netto verdient, aber nur 1.000 Euro BU-Rente versichert werden sollen (und kein weiterer Vertrag besteht).
Heute – und auch künftig – hat es der Versicherer einfacher. Antrag, Prüfung (auf Über-, nicht aber auf Unterversicherung), Police, fertig. Den Bedarf prüft der Makler, der Versicherer ist raus, denn Gesprächsprotokolle bleiben meist beim Makler. Dieser Zustand stärkt den Makler als Alleinberater, schwächte aber den Kunden, wenn der Maklerrat schlecht war und der Versicherer schweigen muss und in gesetzlich vorgegebener Unkenntnis bleiben darf. Insofern wäre ein Vier-Augen-Prinzip, bei dem Makler und Versicherer auf den Kundenrat schauen, vorteilhaft.
Hier ist der weitere Zeitplan für das IDD-Gesetz:
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- 10.03.2017: Bundesrat (berät und kommentiert den IDD-Entwurf)
- 22.03.2017: Kabinett (antwortet dem Bundesrat)
- 30.03.2017: Bundestag (1. Lesung des Gesetzes)
- 22.04.2017: Bundestag (Wirtschaftsausschuss tagt)
- 17.05.2017: Zusatztermin für eine etwaige Anhörung
- 31.05.2017: Bundestag (Wirtschaftsausschuss tagt)
- 02.06.2017: Bundestag (2. 3. Lesung, Abstimmung/Verabschiedung des Gesetzes)
- 07.07.2017: Bundesrat (Beschluss)
Anschließend unterzeichnet der (zwischenzeitlich neugewählte) Bundespräsident das Gesetz. Mit Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt tritt das Gesetz in Kraft.