Eine Allianz-Agentur im Bilderstreit
Das Team-Bild der Berliner Allianz-Agentur von David Patrick Kundler zeigt ihn als Chef, links und rechts von ihm je vier seiner acht Mitarbeiterinnen. Soweit die unbestreitbaren Fakten. Auf einer Facebookseite diskutierten die User, wie das Gruppenbild Kundlers mit den Damen auf sie wirkt. Was als Kontroverse auf der Facebookseite von Inge Bell begann, führte nun zu Post vom Rechtsanwalt des Allianz-Agenten.
Inge Bell ist Medienunternehmerin in Leipzig und hat das Werbebild der Allianz-Agentur von David Patrick Kundler am 14. Januar auf ihrer Facebookseite gepostet. Ihr gefällt die Darstellung der Personen nicht und den meisten Usern in den mehr als hundert Kommentaren mehrheitlich auch nicht. Es entwickelte sich eine Debatte, etwa darüber, ob das Bild als Sexismus bezeichnet werden könne oder nicht. Einige deftigere Kommentare, neudeutsch Hatespeech, gab es in den Kommentaren auch, die Inge Bell gelöscht hat.
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Inzwischen hat Inge Bell Post von David Patrick Kundlers Rechtsanwalt bekommen, sie solle ihr Posting vom 14. Januar – und damit auch das in ihrem Post gezeigte Team-Bild der Agentur – bei Facebook entfernen. Außerdem solle Bell unter anderem diesen Satz künftig unterlassen, mit dem sie das Gruppenbild kommentiert hatte: „Ich musste stutzen, ob ich hier eine Werbung fürs Berliner Laufhaus ,Artemis’ oder für die Berliner Allianz Generalvertretung sehe“. Unterlassungsgläubiger sei nicht Allianz-Mann Kundler, sondern seine acht Mitarbeiterinnen.
Werbebild ist öffentlich
Nach dem Anwaltsbrief postete die ehemalige Journalistin Inge Bell, die 2013 mit einem Bundesverdienstkreuz für ihr Engagement gegen Menschenhandel ausgezeichnet wurde, erneut auf Facebook: „Und nein - ich kusche nicht“, schreibt sie und berichtet von der Rechtsanwaltspost. Dieser Beitrag wurde inzwischen öfter (etwa 50 Mal) auf Facebook geteilt als ihr erster Post und die mediale Welle schwappt nun auch auf andere Kanäle über wie Twitter.
Das Team-Bild der Agentur Kundler ist weiterhin öffentlich auf deren Webseite zu sehen, auch als Werbung in einem Berliner Wirtschaftsmagazin. Im Folgenden die Statements der Allianz und von Inge Bell:
Ein Allianz-Sprecher antwortete auf Anfrage des Versicherungsboten (auch für die Agentur Kundler):
Kontroverse Diskussionen gehören nach unserem Verständnis zu einer freien Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung. Sie haben ihre Grenzen aber dort, wo Menschen persönlich beleidigt und verletzt werden. Deshalb irritiert uns, wenn Agentur-Mitarbeiterinnen (Anmerkung der Red.: die Allianz führt hier die Namen der acht Damen auf) durch Frau Bell verunglimpft und in die Nähe des Rotlichtmilieus gerückt werden. Ich habe Ihnen die prägnantesten Beispiele dafür als Screenshot angehängt (Anmerkung der Redaktion: darunter das „Laufhaus“-Zitat Inge Bells).
So möchte niemand in der Öffentlichkeit behandelt werden. Dass „persönliche Angriffe und Hatespeech“ von Frau Bell nachträglich gelöscht wurden, wie sie selber auf Facebook bestätigt, macht das nicht besser. Frau Bell als ehemalige Journalistin sollte die Wirkung von Beleidigungen in der Öffentlichkeit einschätzen können.
Wenn nun die betroffenen Mitarbeiterinnen – nicht Herr Kundler, nicht die Agentur – Frau Bell deutlich auffordern, persönliche Beleidigungen und derartige Vergleiche zu unterlassen, können wir das nachvollziehen. Diesen Wunsch gilt es zu respektieren. Darum geht es in der Auseinandersetzung.
Vielleicht hätte es im Sinne einer konstruktiven Auseinandersetzung geholfen, wenn Frau Bell das direkte Gespräch mit der Agentur gesucht hätte, anstelle die Öffentlichkeit. Nach unserem Kenntnisstand gibt es seit 23. Januar ein entsprechendes Gesprächsangebot der Agentur-Mitarbeiterinnen an Frau Bell, das von dieser aber leider bislang nicht angenommen wurde. (soweit die Allianz)
Inge Bell hat ihr Statement in Form ihres Antwort-Briefs an David Patrick Kundlers Anwalt geliefert. Der Versicherungsbote zitiert aus Bells Schreiben:
Zunächst weist Inge Bell in ihrem Brief an den Rechtsanwalt darauf hin, dass sie keine Unterlassungserklärung unterschreiben werde, dass das umstrittene Bild öffentlich zugänglich und deswegen von ihr nicht gelöscht werden muss. Sie schreibt:
Dass die von der Allianz Generalvertretung Berlin gewünschte Eigendynamik dieser
Werbekampagne nun nicht erreicht wurde, sondern offenbar das Gegenteil davon, ist
das Risiko, das jedem Werbenden und seiner PR-/Werbeagentur bewusst sein sollte.
In meiner Bildkritik ging und geht es mir ausschließlich um die Bildwahrnehmung.
Aufgrund der auch für mich unerwartet hohen Beteiligung an meiner Bildkritik und
der schon vorhergehenden viralen Verbreitung des Werbefotos auf Facebook liegt
die hohe gesellschaftspolitische Relevanz dieses Themenfeldes (Sexismus/
entindividualisierte Darstellung von Frauen/ Gleichberechtigung) auf der Hand.
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Weiter schreibt Bell in ihrer Stellungnahme: Ich setze mich seit fast 20 Jahren für Frauenrechte und gegen Menschenrechtsverletzungen an Frauen ein. Es liegt mir stets am Herzen, Mädchen und Frauen zu fördern, sie zu „empowern“, ihnen gesellschaftliche Schieflagen bewusst zu machen und ihnen Hindernisse aus dem Weg zu räumen. Wenn sich die MitarbeiterInnen der Allianz Generalvertretung Berlin von mir persönlich beleidigt fühlen, dann tut mir das wirklich sehr leid. Denn es war niemals meine Absicht.