Bundesregierung will keine strengeren Regeln für Lebensversicherer
In einem Stresstest vor einem Jahr hat die europäische Versicherungsaufsicht Eiopa die Risiken für Lebensversicherer auf bis zu 160 Milliarden Euro beziffert. Aber die Bundesregierung sieht aktuell keinen Handlungsbedarf, wie eine Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Linksfraktion zeigt.
Versicherungsmonitor am Montag berichtet. Eine Kleine Anfrage der Linksfraktion im Bundestag habe die Bundesregierung damit beantwortet, dass derzeit keinerlei Handlungsbedarf für eine strengere Kontrolle der Versicherer bestehe.
Muss mehr für die Stabilität der Lebensversicherer unternommen werden, um mögliche Ausfälle zu Lasten der Sparer zu verhindern? Die Bundesregierung verneint dies, wie der BranchendienstAnzeige
Mögliche Lücke von 160 Milliarden Euro – im Extremszenario
Der Hintergrund: Ein Stresstest der europäischen Aufsichtsbehörde Eiopa hat im Vorjahr die Stabilität der Lebensversicherer untersucht – insgesamt 236 Unternehmen aus 30 Ländern. Auch 20 deutsche Lebensversicherer waren darunter. Das Ergebnis ließ aufhorchen. Im schlimmsten Fall fehlen den Anbietern bis zu 160 Milliarden Euro, so hatte die Eiopa errechnet.
Doch Experten mahnen zu Gelassenheit. „Aus den Ergebnissen des Stresstests ergibt sich kein Nachbesserungsbedarf“, schreibt die Bundesregierung. Denn Eiopa habe darauf hingewiesen, dass die Szenarien bewusst sehr extrem gewählt worden seien – noch jenseits der Kapital-Anforderungen von Solvency II. Dass dieses Extremszenario eintrete, sei folglich höchst unwahrscheinlich.
In dem Szenario habe Eiopa bewusst die Auswirkungen von Extremsituationen auf Einzelfirmen untersucht, berichtet Versicherungsmonitor. Als deutsche Firmen waren unter anderem große Gesellschaften wie die Allianz und Aachen Münchener beteiligt, aber auch kleinere Anbieter wie Neue Leben und Volkswohl Bund.
Linke: Bundesregierung redet Probleme klein
Dass selbst extreme Szenarien nicht gänzlich auszuschließen sind, zeigen die Erfahrungen mit der Finanzkrise 2008, als die Pleite des Geldhauses Lehman Brothers den Anstoß für eine weltweite Krise gab. Und so zeigt sich auch die Linke mit der Antwort der Bundesregierung nicht zufrieden.
„Die Bundesregierung redet ganz offensichtlich Probleme mit dem Versicherungssektor klein“, sagt Susanna Karawanskij, Finanzexpertin der Linken, dem Versicherungsmonitor. Die Regierung baue zum wiederholten Male darauf, „dass in der Not wieder Gelder der Kunden angezapft werden“.
Die Linke fordert, dass die größten „Wackelkandidaten“ unter den Lebensversicherern genannt werden. Eben, damit sich die Verbraucher selbst ein Bild davon machen können, welcher Anbieter solide aufgestellt ist oder nicht. Bisher werden die Ergebnisse solcher Stresstests anonym publiziert – ohne, dass Anbieter fürchten müssen, dass ihr Abschneiden im Stresstest publik wird.
Nachbesserungsbedarf bei Abschlusskosten?
Auch bei den Abschlusskosten sieht die Linke Nachbesserungsbedarf. Das Lebensversicherungsreformgesetz (LVRG), Anfang 2015 in Kraft getreten, sollte eigentlich bewirken, dass diese Kosten deutlich sinken. Seitdem können die Versicherer weniger Abschlusskosten steuerlich geltend machen. Und tatsächlich haben viele Anbieter bei den Vermittlern den Rotstift angesetzt und die Abschlussvergütung beschnitten. Doch werden diese Einsparungen auch an die Kunden weitergegeben?
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Die Zeitschrift „Finanztest“ hegt Zweifel. Laut BaFin-Statistik müssen die Vorsorgesparer im Schnitt 8,1 Prozent der gezahlten Beiträge für Abschlusskosten zahlen, kritisiert "Finanztest" in einer Pressemeldung vor wenigen Tagen (der Versicherungsbote berichtete). Seit der letzten Erhebung 2014 sei die Belastung für den Vertragsabschluss um 0,4 Prozentpunkte gesunken. Doch laut Versicherungsmonitor lehnt die Regierung eine Stellungnahme dazu ab, warum die LV-Neukunden nicht deutlich stärker entlastet werden konnten. Die Regierung verweist auf eine Evaluation des Reformgesetzes, mit deren Ergebnis erst 2018 zu rechnen ist.