In Deutschland existiert nicht nur ein „Gender Pay Gap“, sondern fast zwangsläufig auch ein „Gender Pension Gap“. Denn weil Frauen weniger verdienen, erwerben sie in der Regel auch deutlich niedrigere Ansprüche aus der gesetzlichen Rentenversicherung, wie erneut eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) zeigt. Das bedeutet auch, dass Frauen ein weit höheres Risiko haben, in Altersarmut zu enden.

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In Westdeutschland klafft Rentenlücke von 42 Prozent

Für die Studie hat eine Forschergruppe um den Ökonomen Markus Grabka geschlechtsspezifische Unterschiede bei der Rente ausgewertet. Grundlage waren Daten des Sozio-oekonomischen Panels, einer regelmäßig durchgeführten repräsentativen Befragung unter 12.000 Privathaushalten. Auch Zahlen der Rentenversicherung wurden hinzugezogen.

Das Ergebnis: Vor allem in Westdeutschland klafft ein riesiges Loch zwischen den Renten von Männern und Frauen. Der Studie zufolge erhielten westdeutsche Männer im Ruhestand 2014 monatlich im Schnitt 994 Euro und damit 418 Euro mehr als weibliche Ruheständler. Ein sattes Plus von 42 Prozent!

Deutlich geringer ausgeprägt ist die Kluft in den neuen Bundesländern. Ostdeutsche Männer kommen 2014 im Schnitt auf eine Rente von 1.057 Euro. Frauen erhielten 239 Euro oder 23 Prozent weniger gesetzliche Rente. Ein Grund für die höheren Ansprüche ist, dass Frauen in der früheren DDR weit häufiger erwerbstätig waren als Frauen in Westdeutschland.

Häufige Erwerbsunterbrechungen für Erziehung und Pflege

Verantwortlich für den Rückstand der Frauen seien in erster Linie Unterschiede beim sozialversicherungspflichtigen Arbeitsentgelt, schreiben die DIW-Wissenschaftler. Im Schnitt verdienten Arbeitnehmerinnen deutlich weniger als Arbeitnehmer - unter anderem, weil sie öfter in schlecht bezahlten Berufen tätig sind, seltener in Führungspositionen gelangen und häufiger in Teilzeit arbeiten. Folglich erwerben sie auch weniger Ansprüche in der Rentenversicherung.

Hinzu kommt, dass Frauen wesentlich häufiger als Männer ihre Erwerbstätigkeit unterbrechen, um sich um Kinder oder pflegebedürftige Angehörige zu kümmern. So sind es vor allem Frauen, die ihren Beruf vorübergehend aufgeben oder die Arbeitszeit reduzieren, wenn ein Pflegefall in der Familie auftritt. Frauen tragen fast allein die Pflegelast: Von den 2,6 Millionen Pflegebedürftigen werden drei Viertel zu Hause betreut. Laut dem DAK Pflegereport 2015 nehmen zu 90 Prozent weibliche Angehörige diese große Belastung auf sich.

Gender Pension Gap schrumpft – Weil Rentenansprüche der Männer sinken

Infolgedessen übertreffe der Gender Pension Gap deutlich den Gender Pay Gap, der zuletzt deutschlandweit bei 21 Prozent (West 23 Prozent, Ost 8 Prozent) lag. Allerdings ist die Lücke zwischen Männer- und Frauen- Renten in den letzten Jahren kleiner geworden. Das liegt nach Einschätzung der Forscher aber nicht unbedingt daran, dass die Frauen deutlich mehr Rente erhalten: Die Ansprüche der Männer sinken.

Das Schrumpfen des „Gender Pension Gap“ zeigt sich vor allem mit Blick auf Neurentner. 1995 lag der Abstand zwischen westdeutschen Männern und Frauen, die erstmals eine Rente der GRV bezogen, noch bei 48 Prozent. 2014 waren es 39 Prozent. Im Osten, wo die Differenzen durchgehend kleiner sind, ging die geschlechtsspezifische Lücke von 33 auf 10 Prozent zurück. Als maßgeblichen Grund nennen die Ökonomen die gestiegene Frauenerwerbstätigkeit, eine zunehmend bessere Ausbildung von Frauen und einen wenn auch langsam sinkenden Gender Pay Gap.

Blick in die Zukunft - Männer haben noch weniger, Frauen kaum mehr

Mithilfe eines Simulationsmodells haben die Experten auch berechnet, was heute Berufstätigen im Alter finanziell blüht. Männern in Ost und West, die zwischen 1966 und 1970 geboren wurden, drohen demnach geringere Alterseinkommen im Vergleich zu heute bereits Verrenteten. Ihre gesetzlichen Rentenansprüche im Alter von 65 Jahren werden nach den Berechnungen im Westen um monatlich rund 170 Euro niedriger liegen als bei Männern der Geburtsjahrgänge 1936 bis 1945. Im Osten dürfte der Rückgang sogar 220 Euro betragen. Die Gründe: häufigere Erwerbsunterbrechungen, längere Ausbildung, mehr Teilzeit. Das berichtet die gewerkschaftsnahe Böckler-Stiftung in einer Pressemeldung, die die Studie unterstützt hat.

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Höhere Renten haben laut Modellrechnung nur die westdeutschen Frauen dieser Alterskohorte zu erwarten. Auf sehr niedrigem Niveau: im Schnitt werden die Rentenansprüche der Geburtenjahrgänge 66 bis 70 bei knapp über 700 Euro liegen. Dies "dürfte allein kaum vor Altersarmut schützen", kommentiert die Böckler-Stifung. Schon gar nicht, wenn das Rentenniveau künftig deutlich sinken sollte.

mit Pressematerial Böckler-Stiftung / DIW Berlin