Negativ-Zins lässt Barabfindungen der Versicherer explodieren
Englische Versicherer müssen bei Abfindungen von Personenschäden seit diesem Montag mehr Bargeld auf den Tisch legen als der Schaden hoch ist. Die britische Regierung hat nämlich den Abzinsungssatz von +2,5 auf -0,75 Prozent gesenkt. Dadurch sind Abfindungen jetzt teurer als der Schaden. Als erste Maßnahme haben nun zwei Versicherer erst einmal ihre Presseinformation zur Jahresbilanz verschoben.
Großbritannien hat an diesem Montag den Zinssatz für Barabfindungen bei Personenschäden gesenkt. Bis vergangene Woche galten 2,5 Prozent als Zinssatz, mit dem die Versicherer etwa Unfallrenten-Summen auf den heutigen Barwert abzinsen und abfinden können, berichtet Reuters. Barabfindungen haben für die Assekuranz den Vorteil, dass sie Großschäden schließen oder eventuelle Gerichtsprozesse mit einer Einmalzahlung beenden können.
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Fast verdoppelte Abfindung
Angenommen, Versicherer und Kunde einigen sich auf eine Rente von 2.500 Euro und auf eine Laufzeit von 22 Jahren; etwa bei einer Unfall- oder einer Berufsunfähigkeits-Versicherung. Die Summe der Rente beträgt in diesem vereinfachten Modell 264 Monate mal 2.500 ist gleich 600.000 Euro. Mit 2,5 Prozent abgezinst beträgt der Barwert heute 348.000 Euro.
Wenn ein britischer Versicherer den oben genannten Schaden nun mit dem seit Montag geltenden Negativwert (-0,75 Prozent) abzinst, steigt der Barbetrag auf 708.000 Euro. Im Vergleich zu 348.000 Euro (alter Zins) ist das über den hier berechneten Zeitraum von 22 Jahren eine Verdoppelung des Abfindungsaufwands!
Versicherer Admiral und Direct Line verschieben Finanzberichte
"Der derzeitige Rechtsrahmen macht deutlich, dass die Antragsteller als risikoaverse Investoren behandelt werden müssen, was darauf zurückzuführen ist, dass sie finanziell von diesem Pauschalbetrag abhängig sein können, oft für längere Zeit oder die Dauer ihres Lebens", zitiert die Nachrichtenagentur Reuters das englische Justizministerium.
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Der britische Versicherer Admiral habe am Montag mitgeteilt, dass er die Veröffentlichung seiner Jahresergebnisse wegen der neuen von der Regierung vorgegebenen Abfindungszinssätze, die mit umgerechnet rund 100 Millionen Euro Mehrkosten bewertet würden, um eine Woche auf den 8. März verschieben werde. Auch der Versicherer Direct Line wolle wegen der Zinsänderung zunächst seine Bücher neu prüfen, berichtet Reuters weiter, und habe die Meldung seiner Finanzzahlen für 2016 zunächst auf unbestimmte Zeit verschoben.