Rund 80.000 Menschen haben seit Jahresbeginn von der Pflegereform der Bundesregierung profitiert. Sie erhalten erstmals Pflegeleistungen, auf die sie vor der Reform kein Anrecht gehabt hätten. Das berichtet der Medizinische Dienst der Krankenkassen (MDK) am Freitag in Berlin. Insgesamt dürften im Gesamtjahr 2017 rund 200.000 Patienten erstmals von den Neuerungen profitieren, so die Prognose des Medizinischen Dienstes.

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Die Zahl der Anträge auf Pflegeleistungen sei in den ersten drei Monaten des Jahres ebenfalls in die Höhe geschnellt, berichtet der MDK: Um 31 Prozent gegenüber dem Vorjahresquartal. Das bedeutet vor allem längere Wartezeiten für die Bedürftigen. Eine 25-Tages-Frist, innerhalb der Patienten ihren Pflegebescheid erhalten sollten, musste ausgesetzt werden. Insgesamt hätten 222.000 Menschen bisher einen Pflegegrad nach dem neuen System beantragt, 84 Prozent dieser Versicherten seien Pflegeleistungen zuerkannt worden.

Fünf Pflegegrade statt drei Pflegestufen

Die Bundesregierung hat zum Jahresbeginn weitreichende Reformen in der Pflegeversicherung umgesetzt. Die bisherigen drei Pflegestufen wurden durch fünf Pflegegrade ersetzt: Sie sollen genauer abbilden, auf welche Pflegeleistungen ein Bedürftiger Anspruch hat (der Versicherungsbote berichtete).

Geringe, erhebliche und schwere Beeinträchtigungen werden in die Pflegegrade 1 bis 3 eingestuft. Pflegegrad 4 bedeutet, dass der Pflegebedürftige „schwerste Beeinträchtigungen“ hat. Die höchste Pflegestufe 5 bedeutet „besondere Anforderungen an die pflegerische Versorgung“, etwa die Notwendigkeit einer lückenlosen Betreuung.

Speziell Menschen mit geistiger Beeinträchtigung wie Demenz erhalten nun erstmals Leistungen, auf die sie zuvor kein Anrecht hatten. Früher fielen sie teils komplett durch das soziale Netz: Obwohl Demenzkranke oft rund um die Uhr betreut werden müssen, erhielten die Angehörigen oft keinerlei finanzielle Hilfen.

Die neuen Pflegegrade und damit verbundener Leistungsanspruch. Quelle: Bundesregierung.de

Neues Begutachtungsverfahren und mehr Pflegegeld

Auch ein neues Begutachtungsverfahren ist mit der Reform in Kraft getreten. Bisher war für den Erhalt einer Pflegestufe ausschlaggebend, wie viele Minuten die Betreuung eines Pflegebedürftigen in Anspruch nimmt. Antragsteller mussten auf die Minute genau nachweisen, wie lange sie etwa Unterstützung beim Zähneputzen oder beim Waschen des Patienten leisten mussten. Bei den neuen Pflegegraden wird die Pflege anhand der Selbstständigkeit einer Person eingestuft: Ist der Patient noch in der Lage Treppen zu steigen? Kann er sich im Alltag selbständig orientieren? Kann er sich selbst ankleiden? Etc.

Auf Pflegegeld haben Angehörige und Pflegepersonen Anspruch, wenn ein Patient ambulant betreut wird. Quelle: bundesregierung.de

Mit der Neuordnung stieg zugleich das maximale Pflegegeld: in der ambulanten Pflege von monatlich 728 Euro (Pflegestufe 3) auf dann 901 Euro (Pflegegrad 5); bei vollstationärer Versorgung von 1.995 Euro (für Härtefälle in der Pflegestufe 3) auf 2.005 Euro (Pflegegrad 5).