Im verhandelten Rechtsstreit hatte ein früherer Hauptbrandmeister und Staffelführer eine Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung mit vereinbarter Rente und Beitragsbefreiung abgeschlossen. Bei einem Feuerwehr-Einsatz im Jahr 2011 verletzte sich der Mann so schwer an der rechten Schulter, dass ihm das Heben und Tragen schwerer Sachen fortan untersagt war. Infolge der Verletzung musste er seinen Beruf vorzeitig aufgeben und beantragte beim Versicherer eine BU-Rente.

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Abstrakte Verweisung: Versicherer stellte Rentenzahlungen ein

Der Versicherer war zwar bereit eine entsprechende Rente zu zahlen – aber nur vorläufig. Nachdem der frühere Feuerwehrmann an einer Wiedereingliederungsmaßnahme nach dem „Hamburger Modell“ teilnahm, wollte der Versicherer die Rente einstellen und berief sich auf die im Vertrag vorgesehene abstrakte Verweisung. Dem Mann war es nun möglich, vier Stunden täglich in einem Feuerwehrmuseum zu arbeiten, was er auch regelmäßig tat. Er betreute die Exponate und führte Besucher durch die Räume.

Diese Schreibtisch-Arbeit erfülle die Bedingungen für einen abstrakten Verweis laut Vertrag, argumentierte der Versicherer: nämlich, dass der Versicherte den neuen Beruf aufgrund seiner bisherigen Ausbildung und Erfahrung ausüben könne und die Tätigkeit auch der „bisherigen Lebensstellung des Versicherten“ entspreche. Folglich stellte der Versicherer seine Zahlungen ein.

Das wiederum wollte der frühere Feuerwehrmann nicht akzeptieren und klagte vor Gericht. Es handle sich bei seinem Museums-Job um eine bloße Nebentätigkeit, argumentierte der Mann und forderte erneut seine BU-Rente. Sein neuer Job sei „keine taugliche Verweistätigkeit, da es sich hierbei um eine Nischentätigkeit handle und dies im Übrigen seiner bisherigen Lebensstellung als Feuerwehrmann im aktiven Rettungs- und Noteinsatz nicht entspreche“.

Richter entscheiden zugunsten des früheren Feuerwehrmanns

Die Richter gaben dem früheren Feuerwehrmann recht und verpflichteten den Versicherer zur Zahlung einer BU-Rente. Denn bei der Arbeit im Feuerwehrmuseum handele es sich um eine sogenannte „Nischentätigkeit, die es nur in unbedeutendem Umfang gibt“, heißt es im Urteilstext. Auf solche ”Nischentätigkeiten” dürfe der Versicherer nicht verweisen. Darüber hinaus liegen die Bedingungen für eine abstrakte Verweisung gar nicht vor, bestätigte das Landgericht Berlin. Denn die Aufgabe und Lebensstellung im alten Beruf gehe mit einer weit höheren Wertschätzung einher.

„Der Kläger war seit seinem Unfall im Juni 2011 unstreitig mehr als sechs Monate ununterbrochen vollständig außerstande, seine zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Hauptbrandmeister und Staffelführervertreter bei der Feuerwehr aufgrund seiner Schulterbeeinträchtigung auszuüben“, heißt es im Urteilstext. Und weiter: „Prägend hierfür ist die Fähigkeit, in Notsituationen insbesondere auch schwere Lasten heben und tragen, Zwangshaltungen einnehmen, Rettungdiensteinsätze durchführen sowie das Einsatzfahrzeug unter Einsatz von Sonderrechten führen zu können.“

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Mit der Tätigkeit im Museum sei "schon ansatzweise keine vergleichbare Wertschätzung" wie im alten Beruf verbunden, betonten die Richter. Dasselbe würde auch für eine reine Innentätigkeit des Klägers im Verwaltungsbereich gelten. Somit muss der BU-Versicherer weiterhin die Rente zahlen und den Mann von den Beitragspflichten freistellen.