G-20-Gipfel in Hamburg: Bundesregierung wollte keine Versicherung gegen Randale abschließen
Die Bundesregierung hat es im Vorfeld des G-20-Gipfels in Hamburg abgelehnt, eine Versicherung abzuschließen, die Anwohner und Gewerbetreibende gegen Randalierer-Schäden sichert. Das lässt die Frage laut werden, wer die Opfer entschädigt, falls keine private Versicherung für die Zerstörung aufkommt.
„Welcome to hell“ - diesen Slogan einer Demo gegen den G20-Gipfel in Hamburg nahmen autonome Randalierer gar zu wörtlich. Pflastersteine flogen, Scheiben wurden eingeworfen, Autos in Brand gesteckt, Geschäfte geplündert. An mehreren Tagen wurden ganze Stadtteile in Schutt und Asche gelegt. Wie hoch der Schaden für die Hamburger ist, für Anwohner, Geschäfteinhaber und Gewerbetreibende, ist derzeit noch nicht abzusehen. Allein die Sachschäden in den geplünderten Supermärkten werden von der Hamburger Polizei auf mehr als 400.000 Euro geschätzt – pro Filiale. Die Gewalt überschattete viele friedliche Demonstrationen, die zugleich in der Hafenmetropole stattfanden.
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Das Ausmaß der Zerstörung lässt auch die Frage laut werden, wer die Sachschäden ersetzt. Nicht alle Geschädigten dürften eine private oder gewerbliche Versicherung haben, die nun einspringen kann. Nun kommt raus: Die Bundesregierung hat es abgelehnt, den G20-Gipfel gegen Schäden durch Randalierer zu versichern, obwohl dies möglich gewesen wäre. Das berichtet die Süddeutsche Zeitung am Montag und beruft sich auf ein internes Schreiben des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV).
G7-Gipfel in Elmau war mit Versicherung abgesichert
Als sich die sieben führenden Industrienationen vor zwei Jahren im bayrischen Elmau zum G-7-Gipfel trafen, da hatte die Bundesregierung noch eine solche Versicherung abgeschlossen, so berichtet die Süddeutsche. Sie sollte Privatleuten und kleinen Gewerbetreibenden unter die Arme greifen, wenn ihnen durch Randalierer ein Sachschaden entsteht. Wie üblich bei derartigen Policen, die ein großes Ereignis absichern, teilten sich mehrere Versicherer das Risiko.
Federführend war damals die Versicherungskammer Bayern (VKB). Und diese bestätigte auf Anfrage der Süddeutschen, dass es damals kaum Schäden gegeben habe. Freilich war der Versicherungsschutz begrenzt: Geschädigte erhielten maximal 10.000 Euro, wenn sie mit einer privaten Kfz- oder Wohngebäudeversicherung vorgesorgt hatten, aber diese nur einen Teil der Kosten erstatten wollte. Auch wenn Leistungen durch Randalierer laut Privatversicherung ausgeschlossen waren, sprang die Versicherung ein. Wer gar nicht mit einer privaten Police vorgesorgt hatte, ging leer aus.
Beim G-20-Treffen lehnte es die Bundesregierung hingegen ab, eine solche Versicherung abzuschließen, berichtet die Süddeutsche. Weshalb, wollte die Regierung nicht kommunizieren. Wahrscheinlich ist, dass die geringen Schadenssummen bei früheren Gipfeln es überflüssig erscheinen ließen, mit einem solchen Vertrag vorzusorgen. Es entstanden ja auch bisher nur geringe Schäden.
Elmau vs. Hamburg: Ländliches Idyll vs. Metropole
Doch im Vergleich zum G-7-Gipfel in Elmau gab es diesmal einen gewaltigen Unterschied: der Kongress fand inmitten einer Großstadt statt. Elmau ist im Wettersteingebirge gelegen, ein Gebiet, das für Wanderer und Kletterer interessant ist, die Landschaft geprägt durch Moränen und Buckelwiesen. Die nächsten Ortschaften heißen Krün und Klais, die nächste Metropole München ist 152 Kilometer entfernt.
Mit anderen Worten: Es war gar nicht so leicht für Protestierende, sich dem Ort Elmau zu nähern. Die Polizei hatte damals eine acht Kilometer lange Sicherheitszone um das Schloss errichtet. Am ehesten wurde noch befürchtet, dass die Protestierenden Felder kaputt trampeln: für die Entschädigung der Landwirte hatte laut SZ der Freistaat Bayern extra eine Police abgeschlossen.
Nun fand der G-20-Gipfel in Hamburg mit seinen knapp zwei Millionen Einwohnern statt, einer Verkehrsmetropole, die von ganz Europa aus gut zu erreichen ist. Und damit auch für die militante autonome Szene und andere potentielle Gewalttäter. Bereits im Vorfeld des G-20-Gipfels kündigte Rechtsanwalt Andreas Beuth als Mitorganisator von „Welcome to hell“ an, es werde „den größten schwarzen Block“ geben, der je auf einer Demo zugegen gewesen sei.
"Wir tragen ja auch den Hafengeburtstag aus!"
Sicherheitsexperten hatten im Vorfeld gewarnt, dass es zu massiven Ausschreitungen kommen könnte. Bedenken, die Hamburgs regierender Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) einfach wegwischte. „Wir tragen ja auch den Hafengeburtstag aus“, sagte er wenige Tage vor dem Gipfel gegenüber Journalisten. Und weiter: „Es wird Leute geben, die sich am 9. Juli wundern, dass der Gipfel schon vorbei ist“. Nun zeigte sich, dass Stadt und Polizei komplett überfordert waren. Teils konnte der Mob ungehindert randalieren, ohne dass Einsatzkräfte zugegen waren.
Bundesregierung und Politik hätten diesmal gewarnt sein müssen, dass das Schadenpotential für Privatpersonen und Gewerbetreibende weit größer ausfallen könnte. Und muss nun beantworten, wer die Betroffenen entschädigt. Vielleicht war die Stadt Hamburg für die Austragung des Gipfels tatsächlich ungeeignet. Befürworter des Austragungsortes hatten dies mit dem hohen logistischen Bedarf bei einem solch Großereignis begründet, etwa, dass viele tausend Journalisten aus aller Welt zu betreuen sind. Eine Aufgabe, die ein Provinznest nicht stemmen könne.
"Wir werden die Opfer entschädigen"
Immerhin: Bundeskanzlerin Angela Merkel hat noch während des Kongresses Entschädigung für die Opfer der Randale versprochen. "Wir überlegen nicht ob, sondern wie wir die Opfer der Ausschreitungen entschädigen", sagte die CDU-Politikerin vor Pressevertretern.
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Ein Sprecher der Bundesregierung teilte auf Anfrage des Versicherungsboten mit: "Die Bundeskanzlerin hat am Samstag in ihrer Abschlusspressekonferenz des G20-Gipfels mitgeteilt, dass sich die Bundesregierung gemeinsam mit der Hansestadt Hamburg an der Beseitigung der Schäden beteiligen wird. Damit ist klar: Die Entschädigung der Betroffenen hat höchste Priorität für die Bundesregierung. Wir arbeiten sehr intensiv an einer schnellen und unbürokratischen Lösung für die Geschädigten. Die Bundesregierung wird sich finanziell beteiligen". Die Gespräche zwischen dem Bundesfinanzministerium und der Hansestadt über die Entschädigung der Opfer haben bereits am Sonntagvormittag begonnen, berichtet der Sprecher.