Der SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach warnt vor drastischen Gebührensteigerungen in der privaten Krankenversicherung. „Die Beiträge für Nicht-Beamte werden sich in den nächsten zehn Jahren fast verdoppeln“, sagte der gesundheitspolitische Sprecher der SPD im Interview mit der „Welt am Sonntag“. Das hätten eigene Berechnungen ergeben. Demnach müssten sich die Privatpatienten auf jährliche Prämienanpassungen von durchschnittlich fünf bis sieben Prozent einstellen. In den Beamten-Tarifen fallen die Beitragssprünge in der Regel moderater aus, weil hier die Gesundheitskosten durch staatliche Beihilfen gepäppelt werden.

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Karl Lauterbach gilt als prominentester Lobbyist für eine Bürgerversicherung, mit der die SPD auch im Bundestagswahlkampf 2017 punkten will. Nach den Plänen der SPD dürfen die privaten Krankenversicherer zwar auch Vollversicherungen anbieten - aber nur zu den selben Bedingungen wie die gesetzlichen Krankenkassen (der Versicherungsbote berichtete).

Die private Krankenversicherung hält Lauterbach für nicht reformierbar. „Marginale Änderungen ergeben aus meiner Sicht keinen Sinn“, sagte Lauterbach. Neben dem Niedrigzins an Kapitalmärkten würde auch die Alterung der Gesellschaft die privaten Krankenversicherer belasten. Zudem seien die Behandlungskosten bei niedergelassenen Ärzten für PKV-Versicherte vergleichsweise hoch.

Krankenversicherer kämpfen mit kriselndem Neugeschäft

In Deutschland sind derzeit circa 8,77 Millionen Menschen privat krankenversichert, das Neugeschäft war in den letzten beiden Jahren rückläufig. 2016 verloren die privaten Krankenversicherer netto circa 17.300 Mitglieder. Allerdings gibt es auch positive Zeichen: Erstmals seit 2012 konnte im zweiten Halbjahr 2016 wieder ein positiver Saldo im Nettoneuzuwachs erzielt werden. Der PKV-Verband argumentiert, dass viele Privatversicherte nicht freiwillig aus der PKV ausscheiden, sondern weil ihnen der Gesetzgeber keine andere Wahl lässt: etwa, wenn Selbstständige in ein Angestelltenverhältnis wechseln.

Laut einer Studie des Ratinghauses Assekurata haben sich die Prämien in der privaten Krankenversicherung zwischen 2007 und 2017 im Normalgeschäft (ohne Beihilfe-Tarife) um durchschnittlich 53 Prozent erhöht. Das bedeutet eine durchschnittliche jährliche Teuerung von 4,2 Prozent. Zur Einordnung müssen aber auch die steigenden Beiträge in der gesetzlichen Krankenversicherung berücksichtigt werden: Der Krankenkassen-Höchstbetrag sei in der Zeit zwar „nur“ um knapp 30 Prozent beziehungsweise 2,8 Prozent pro Jahr gestiegen, berichtet Assekurata. Absolut gesehen liege die GKV mit einem Beitragsanstieg von insgesamt 156 Euro jedoch rund 17 Euro über dem errechneten Durchschnitt für die private Krankenversicherung.

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Dennoch warnt auch Assekurata im aktuellen PKV-Marktausblick vor steigenden Prämien in der privaten Krankenversicherung, denn ein Ende der Niedrigzins-Politik ist derzeit nicht abzusehen. Steigende Arzthonorare und das Sinken des Rechnungszinses erfordern demnach weitere Prämienanhebungen. Die privaten Krankenversicherer haben es immer schwerer, ausreichend Zinsen für den Kapitalstock der Altersrückstellungen zu erwirtschaften, um die Prämien im Sinne der Kunden stabil zu halten. Je weniger Zins erwirtschaftet wird, desto mehr muss das Geld für die zukünftigen Altersrückstellungen aus den laufenden Beiträgen bedient werden (der Versicherungsbote berichtete).