Bausparkassen greifen immer öfter in Notfallfonds
Die Bausparkassen ächzen unter dem Niedrigzins. Immer öfter müssen sie Geld aus ihrem Notfallfonds entnehmen, um die Garantien ihrer Kunden zu bedienen. Das zeigt eine aktuelle Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Grünen. Es besteht der Verdacht, dass mit Kundengeldern die Bilanzen der Bausparkassen aufgehübscht werden sollen.
Die Bausparkassen müssen immer öfter Geld aus ihrem Notfallfonds entnehmen, damit sie die Zinsversprechen an ihre Kunden erfüllen können. Das berichtet die Süddeutsche Zeitung am Donnerstag. Demnach ist der Notfonds der Bausparkassen innerhalb von zwei Jahren um fast 41 Prozent geschrumpft.
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Sicherheitsfonds fast um die Hälfte geschrumpft
Konkret geht es um ein Konstrukt, das sich „Fonds zur bauspartechnischen Absicherung“ (FtbA) nennt: ein bilanzieller Sonderposten, den jede Bausparkasse selbst bildet und als Sicherheitspolster für schlechtere Zeiten dienen soll. Das heißt, jeder Anbieter spart einen eigenen Topf an.
Eingerichtet wurde der Fonds im Jahr 1990. Und er war paradoxerweise usprünglich für Zeiten hoher Zinsen gedacht. Der Hintergedanke: Wenn viele Kunden ihren Bausparkredit zeitgleich abrufen, aber aufgrund unattraktiver Zinsen keine neuen Bausparer nachkommen, die das System mit Geld füttern, sollten die Bausparkassen besser eine Art Notfallkasse haben, um die Ansprüche ihrer Kunden weiter bedienen zu können.
Und dieser Sicherheitsfonds schrumpft nun: Er schrumpft rapide. Ende 2014 wies der FtbA noch über 2,2 Milliarden Euro aus. Übrig geblieben sind davon zum Jahresende 2016 nur noch 1,3 Milliarden Euro. Das zeige eine Antwort der Bundesregierung auf eine parlamentarische Anfrage der Grünen, berichtet die Süddeutsche.
Bausparkassen: Hochverzinste Altverträge – und eine Branche in der Krise
Doch in Niedrigzins-Zeiten haben sich die Probleme der Branche umgekehrt. Befürchtete man früher, dass zu viele Menschen ihre Bausparverträge kündigen und zu wenige bei den Bausparkassen Geld ansparen, leiden nun die Anbieter unter jenen Sparern, die ihre Verträge eben nicht kündigen wollen. Denn Altverträge, die zum Beispiel in den 90er Jahren geschlossen wurden, garantieren den Kunden eine weit überdurchschnittliche Verzinsung. Durch Basis- und Zinszahlungen sind mit ihnen Renditen von vier bis fünf Prozent pro Jahr zu erzielen: mit neuen Verträgen undenkbar. Neuverträge werfen aktuell nur noch einen Zins von 0,25 Prozent und weniger ab.
Also besparen die Altkunden ihre Verträge einfach weiter. Und bringen damit die Bauspar-Anbieter in die Bredouille, denn sie selbst haben Probleme, den damals versprochenen Zins zu erwirtschaften. Die Bausparkassen antworten mit Härte: Sie setzen hunderttausende Kunden mit hochverzinsten Altverträgen vor die Tür (der Versicherungsbote berichtete). Doch kündigen dürfen sie die Verträge nach jetzigem Rechtsstand nur, wenn sie seit mindestens zehn Jahren zuteilungsreif sind: Der Sparer also genug angespart hat, um einen Kredit für den Häuslebau abzurufen.
Also müssen viele Bausparkassen auf ihren Notfallfonds zurückgreifen, um nicht selbst in finanzielle Schieflage zu geraten? Es gibt noch weitere Gründe. Auch das Neugeschäft der Institute leidet unter dem Niedrigzins. Die Zahl der Neuabschlüsse bei den privaten Bausparkassen brach 2016 um fast ein Fünftel ein (-18,2 Prozent), so geht aus Zahlen des Bundesverbandes Privater Bausparkassen (vdpd) hervor. Ein Grund: Bausparen lohnt sich für viele potentielle Kunden nicht mehr. Brauchen sie frisches Geld für den Hausbau, können sie sich derzeit Kredite für einen Zins von circa zwei Prozent beschaffen. Die Krise zeigt sich auch an den Bilanzen. Beim größten deutschen Anbieter, der Schwäbisch Hall, ist das Vorsteuer-Ergebnis 2016 laut Geschäftsbericht um mehr als die Hälfte auf 158 Millionen Euro gesunken.
Sanieren die Bausparkassen ihre Bilanzen mit Kundengeldern?
In dieser Situation hat die Bundesregierung das Bausparkassengesetz zum Jahresende 2015 geändert, um den Instituten mehr Luft im Niedrigzins zu verschaffen. Auch die Regeln für die Sicherungsfonds wurden damit gelockert. Bisher durfte auf den FtbA nur zugegriffen werden, um die Zuteilung reifer Bausparverträge zu garantieren. Nun darf er auch „zur Sicherung kollektiv bedingter Erträge“ herhalten. Eine recht schwammige Formulierung, die viel Interpretationsraum lässt.
Die Bauspar-Institute machen von der Neuregelung rege Gebrauch. Allein die Schwäbisch Hall habe im letzten Jahr 350 Millionen Euro aus ihrem Sicherheitsfonds entnehmen müssen, so haben Recherchen der „Süddeutschen“ ergeben. Bei der Wüstenrot seien es 82 Millionen Euro gewesen, bei der BHW 68 Millionen. Hier stellt sich laut „Süddeutscher Zeitung“ ein böser Verdacht. Die Bausparkassen könnten den Fonds nutzen, um mit dem Geld ihr Eigenkapital zu stärken und die Bilanzen zu schönen. Keine Kleinigkeit, denn es handelt sich um Kundengelder. So habe beispielsweise die BHW ihre Millionen aus dem Fonds als „sonstiger betrieblicher Ertrag“ ausgewiesen. Laut einem Sprecher sei das handelsrechtlich so geboten.
Die Grünen werten den Vorgang kritisch. „Die Gelder aus dem Fonds zur bauspartechnischen Absicherung stehen eigentlich den Bausparern zu", sagt der Bundestagsabgeordnete Gerhard Schick der Süddeutschen. "Stattdessen führt das neue Gesetz nun dazu, diese Mittel großzügig zu den Eigentümern umzuverteilen und zur Gewinnmaximierung zu nutzen."
Zwar sei es als Notmaßnahme gerechtfertigt, wenn die Bausparkassen das Geld einsetzen, um Eigenmittel zu stärken, sagte Schick. Aber zum Beispiel habe die Schwäbisch Hall 60 Millionen Euro aus dem Notfallfonds entnommen – und zeitgleich 18 Millionen Euro an den Mutterkonzern DZ Bank ausgeschüttet. Auch Udo Philipp vom Institut für Finanzdienstleistungen beklagt gegenüber „Versicherungswirtschaft heute“, dass die Mittel zweckentfremdet werden: „Manche Bausparkassen, zum Beispiel Schwäbisch Hall und die LBS SüdWest haben Teile der Erträge aus dem FbtA auch zu einer Gewinnausschüttung an ihre Eigentümer genutzt.“
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Ein Vorwurf, den der Verband der Privaten Bausparkassen zurückweist. Ein Sprecher sagte dem Münchener Blatt, die Fondsmittel stünden den Bausparern nur insofern zu, als sie "dem Schutz der Bauspargemeinschaft als Ganzes dienen". Zudem würden Gelder nur von einem Sicherungstopf in einen anderen umgeschichtet, wenn diese für die Verbesserung der Eigenkapitalbasis dienen, positioniert sich ein Sprecher des vdpd.
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