Für den Versicherungsmakler bestehen grundsätzlich Betreuungspflichten über den Versicherungsabschluss hinaus. Diese Betreuungspflicht kann zwar durch Individualvereinbarung mit dem Versicherungsnehmer ausgeschlossen werden. Grundsätzlich aber obliegt dem Versicherungsmakler im Rahmen der Betreuungspflicht beispielsweise die Pflicht, laufende Verträge auch ungefragt auf etwaigen Anpassungsbedarf hin zu prüfen oder im Schadensfall den Versicherungsnehmer sachkundig zu beraten und für eine ordnungsgemäße Schadensanzeige zu sorgen.

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Der BGH hat hierbei erneut mit Urteil vom 14.01.2016 (I ZR 107/14) zu Recht klargestellt, dass der Versicherungsmakler „als treuhändischer Sachwalter des Versicherungsnehmers“ tätig ist. Aus diesem Grund ist es nach Ansicht des BGH unzulässig, gleichzeitig eine Schadensregulierung für die Versicherungsgesellschaft „gegen“ den vermittelten Versicherungsnehmer vorzunehmen.

Im dortigen Fall hat der Versicherungsmakler für den Versicherer gegenüber der Versicherungsnehmerin, einer Reinigungsfirma, die Schadensregulierung übernommen, nachdem er bei Abschluss des Versicherungsvertrags für die Reinigungsfirma tätig wurde. Einer derartigen „Doppeltätigkeit“ hat der BGH eine Absage erteilt. Dies ist auch aus dogmatischen Gründen richtig, da eine solche Doppeltätigkeit für den Versicherer und gleichzeitig für den Versicherungsnehmer nicht dem gesetzlichen Leitbild des § 59 VVG entsprechen würde. Ein Versicherungsvermittler kann demnach nicht zugleich als Versicherungsmakler und Versicherungsvertreter tätig sein. Der Versicherungsmakler steht im Lager des Versicherungsnehmers, nicht des Versicherers. Der Gefahr von Interessenkonflikten aufgrund einer solchen Doppeltätigkeit soll dadurch vorgebeugt werden.

Die Unterstützung des Versicherungsnehmers hingegen ist weiterhin nicht nur zulässig, sondern im Rahmen der Betreuungspflicht sogar geboten. Nach unserer Erfahrung ist es für den Versicherungsnehmer – unabhängig ob Privatperson oder Unternehmen – wichtig und hilfreich, den Makler an seiner Seite zu wissen, der mit seiner Erfahrung Unterstützung liefert bei der Schadensmeldung und der Abwicklung mit der Versicherungsgesellschaft.

Haftungsrisiken für Versicherungsmakler bei Vertragsschluss

Doch schon bei Abschluss der Versicherungsverträge ist der Versicherungsmakler verpflichtet, umfassend Erkundigungen einzuholen und Nachfragen zu stellen. Unterlässt er dies, kann er zur „Quasideckung“ verpflichtet sein.

So hat der BGH mit Urteil vom 26.03.2014 (IV ZR 422/12) einen Versicherungsmakler dazu verurteilt, den Versicherungsnehmer so zu stellen, als hätte er den erforderlichen Versicherungsschutz erhalten. Hintergrund war, dass der beklagte Versicherungsmakler einem selbständigen Ofenbaumeister eine Betriebshaftpflichtversicherung vermittelt hat. Hierbei übersah der Versicherungsmakler, dass der Ofenbaumeister auch Fliesenarbeiten durchführt und versicherte diese Tätigkeit nicht mit. Nach Ansicht des BGH hat der Versicherungsmakler damit eine wesentliche Beratungspflicht verletzt und muss dem Ofenbaumeister Schadensersatz in Form der „Quasideckung“ erteilen, ihn also so stellen, als wäre er ordnungsgemäß versichert worden.

Im Ergebnis sind die Pflichten des Versicherungsmaklers sehr weitreichend. Um Haftungsrisiken vorzubeugen, sollten sich Versicherungsmakler auch regelmäßig über den aktuellen Stand der Rechtsprechung informieren, da die Gerichte die gesetzlichen Pflichten häufig erst genauer definieren.

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Ein Gastbeitrag von Rechtsanwältin Aylin Pratsch und Rechtsanwalt Christian Luber, LL.M., M.A., Fachanwalt für Versicherungsrecht Kapitalmarktrecht