Ergo wird Lebensversicherungs-Töchter nicht verkaufen
Die Ergo Group wird ihre Lebensversicherungs-Töchter Ergo Leben und Victoria doch nicht an einen externen Investoren verkaufen. Das teilte der Versicherer am Dienstag in einer Pressemeldung mit. Als Grund nennt der Versicherer, dass die Angebote nicht attraktiv gewesen seien. Aber auch andere Ursachen sind denkbar: so hatte ein möglicher Verkauf der rund sechs Millionen Verträge den Haussegen bei der Ergo gehörig schief hängen lassen.
Die Ergo Group hat ihre Gespräche zum Verkauf der beiden Tochterfirmen Ergo Leben und Victoria beendet. Das berichtet der Versicherer in einer heutigen Pressemeldung. Der Vorstand der Ergo Group habe „nach intensiver Bewertung der unverbindlichen Angebote“ und „unter Abwägung aller Optionen“ entschieden, sich nicht von den Beständen zu trennen, heißt es im Pressetext.
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“Nach Auffassung von Ergo spiegelt sich der derzeitige Wert des Bestandes sowie dessen Wertentwicklungspotential in den Angeboten nicht angemessen wider“, sagt Markus Rieß, Vorsitzender des Vorstands der ERGO Group AG. „Daher werden wir unsere klassischen Lebensversicherungsbestände weiterhin unter eigener Regie verwalten.“ In der Summe geht es um sechs Millionen Verträge, die der Versicherer bei den beiden Konzerntöchtern hält.
Ergo fürchtete Imageschaden – und spürte Gegenwind der Mitarbeiter
Die Ergo begründet ihren Rückschritt von den Verkaufsplänen also offiziell damit, dass die Investoren schlicht kein attraktives Angebot unterbreiten konnten. Die Verträge werden nun von einer eigenen Abwicklungsgesellschaft betreut. Die sechs Millionen Policen befinden sich bereits im sogenannten Run-off: Das heißt, in den betroffenen Tarifen wurde das Neugeschäft eingestellt. Die bestehenden Vertragsverhältnisse werden nur noch abgewickelt.
Sehr wahrscheinlich ist aber auch, dass andere Gründe beim Nein zu einem Verkauf hineingespielt haben. So haben rund 5.000 Mitarbeiter des Düsseldorfer Versicherers eine Petition gegen den Verkauf der Leben-Töchter unterzeichnet, nachdem die Neue Assekuranz Gewerkschaft (NAG) dazu aufgerufen hatte. Der Haussegen hing gehörig schief im Hause Ergo und die Beschäftigten begehrten öffentlich gegen das Management auf. In der deutschen Versicherungsbranche ist das ein sehr seltener Vorgang.
Ergo fürchtete auch Imageschaden durch Verkauf
Zudem musste die Ergo indirekt eingestehen, dass sie einen Imageschaden durch den Verkauf ihrer Leben-Töchter befürchtet. „Wir sind ein international agierendes Unternehmen mit Sitz in Deutschland und müssen unsere Reputation im Blick behalten“, sagte Achim Kassow, Vorstandschef der Ergo Deutschland, vor einer Woche dem „Handelsblatt“. All das dürfte eine wichtige Rolle gespielt haben, als sich die Ergo gegen den Verkauf ihrer Tochterfirmen entschied. Auch wenn offiziell keine Namen genannt wurden, sollen unter anderem Hedgefonds und chinesische Investoren an einem Kauf der Leben-Bestände interessiert gewesen sein.
Nun also wird der Versicherer seine Altbestände selbst abwickeln. Nähere Details hierzu hat die Ergo noch nicht bekanntgegeben. Es geht um eine gewaltige Summe: Laut "Süddeutscher Zeitung" müssen für die Policen Kapitalanlagen in Höhe von rund 56 Milliarden Euro bedient werden.
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Der Run-off-Markt ist aufgrund des Niedrigzinses in den letzten Jahren stark angewachsen. Das Geschäft mit klassischen Lebensversicherungen bindet viel Kapital, da die Lebensversicherer unter anderem Geld der Zinszusatzreserve zuführen müssen, um auch zukünftig alle Garantiezusagen an ihre Kunden bedienen zu können. Zugleich sind die Versicherer gezwungen, große Teile der Kundengelder in festverzinsliche Papiere zu stecken: Diese werfen bei dem anhaltend schwachen Zinsniveau an den Kapitalmärkten kaum noch etwas ab. Nach Schätzungen des Rating-Hauses Fitch befindet sich in Deutschland bereits ein Vertragsvolumen von 90 Milliarden Euro in der Abwicklung.