Schaden- und Unfallversicherung: Traditioneller Vertrieb schlägt Onlineportale
In der Schaden- und Unfallversicherung bleiben die Ausschließlichkeitsvertreter wichtigster Vertriebskanal: Über sie läuft beinahe die Hälfte des Neugeschäfts. Auch die unabhängigen Vermittler konnten hinzugewinnen und bleiben ein wichtiger Absatzkanal. Dem entgegen sind Internetportale und Direktvertrieb weiterhin nur ein Nischenthema, wie eine aktuelle Vertriebswegestudie zeigt.
Tradition schlägt neue Wettbewerber: So lässt sich stark vereinfacht die aktuelle Vertriebswege-Studie zur Schaden- und Unfallversicherung zusammenfassen, die am Montag das Beratungsunternehmen Willis Towers Watson vorgestellt hat. Der Ausschließlichkeitsvertrieb (AO) bleibt demnach 2016 wichtigster Absatzkanal und vereint 45,4 Prozent aller Bruttobeiträge des Neugeschäfts auf sich. Die Einfirmenvertreter konnten gegenüber dem Vorjahr sogar minimal hinzugewinnen (+0,2 Prozentpunkte).
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Auch die unabhängigen Vermittler zeigten sich mit 26,1 Prozent stark und verbuchten ein Plus (Vorjahr 25,7 Prozent). Zu dieser Gruppe zählt das Analysehaus nicht nur Versicherungsmakler und Mehrfachvertreter, sondern auch Vertriebsgesellschaften wie die MLP Finanzberatung.
Internetportale gewinnen nur minimal hinzu
Dem entgegen nimmt der Absatz über Internetportale wie zum Beispiel Check24 nur schleppend zu. Zwar können die Webanbieter immerhin bereits 7,3 Prozent des Neugeschäfts-Volumens auf sich vereinen, wuchsen aber nur um 0,3 Prozentpunkte. Der Absatz über den Direktvertrieb stagniert sogar und beträgt wie im Vorjahr 6,5 Prozent. Von noch geringerer Bedeutung ist in der Schaden- und Unfallsparte der Vertrieb über gebundene Strukturvertriebe wie die Deutsche Vermögensberatung (DVAG), die 3,6 Prozent des Neugeschäfts erzielen.
„Die traditionellen Vertriebskanäle sind weiterhin für über 85 Prozent des Neugeschäfts verantwortlich“, erläutert Michael Klüttgens, Leiter der Versicherungsberatung bei Willis Towers Watson in Deutschland. „Damit bleiben Vergleichsportale und Direktvertrieb weit unter den Erwartungen und auch unter europäischen Vergleichsmärkten.“ In Frankreich zum Beispiel entfallen laut Insurance Europe bereits über 30 Prozent des Neugeschäfts auf den Direktvertrieb.
Kfz-Versicherung: 8,3 Prozent Vertriebsanteile für Internetportale
Die größten Marktanteile können die Onlineportale in der Kfz-Sparte erzielen, die traditionell stark online nachgefragt wird. Doch auch hier vereinen die Portale nur 8,7 Prozent des Neugeschäfts auf sich und konnten nur 0,3 Prozentpunkte gegenüber 2015 hinzugewinnen. Auch hier sind die gebundenen Versicherungsvertreter mit knapp 45 Prozent Vertriebsanteil absoluter Spitzenreiter.
„In einigen zentral- und osteuropäischen Ländern sehen wir bereits einzelne Player, deren Marktanteil zwei bis drei Mal so hoch ist wie der Anteil aller Portale im deutschen Kfz-Markt zusammen“, sagt Ulrich Wiesenewsky, Leiter Distribution Services bei Willis Towers Watson und verantwortlich für die Vertriebswege-Surveys. „Dass ein Großteil der Deutschen die Kfz-Versicherung lieber auf Basis persönlicher Beratung abschließt, hängt auch damit zusammen, dass die AO es geschafft hat, eine enge und langfristige Kundenbeziehung aufzubauen, die nicht durch neu entstehende Vertriebskanäle, wie die Portale, zerrüttet wird.
“Zudem stellen wir fest, dass gerade in urbanen Bereichen für die junge, online-affine Zielgruppe, die möglicherweise eine Versicherung über ein Online-Portal abschließen würde, die Bedeutung des eigenen Autos abnimmt und diese lieber Carsharing-Angebote oder ähnliches in Anspruch nimmt“, erklärt Wiesenewsky weiter.
Unfallversicherung: Ausschließlichkeit wichtigster Kanal – und büßt doch ein
Die höchsten Vertriebsanteile hat die Ausschließlichkeit der Versicherer in der Unfallversicherung. In dieser Sparte vermittelt sie mehr als die Hälfte des Prämienvolumens (54,1 Prozent), obwohl die Einfirmenvertreter gegenüber dem Vorjahr sogar knapp zwei Prozentpunkte einbüßten. Hier zeigt der Trend speziell für die gebundenen Strukturvertriebe steil nach unten: sie verloren seit 2012 die Hälfte des Neugeschäfts. Die Makler gewannen hingegen in der Unfall-Sparte hinzu und können in den kommenden fünf Jahren die 30-Prozent-Marke knacken, prophezeit Willis Towers Watson im Pressetext.
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Hintergrundinformationen: Die Studie bildet laut Willis Towers Watson knapp 75 Prozent des deutschen Marktes nach Beitragseinnahmen ab. Für nicht teilnehmende Gesellschaften wurden die Werte geschätzt, die auf öffentlich verfügbaren Informationen beruhen.