Ein Gastbeitrag von Wadim Doulger

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Blockchain heißt übersetzt Block-Ketten. Dabei handelt es sich um dezentrale Online-Datenbanken, die als Netzwerk angelegt sind. In den Datenbanken werden Informationsblöcke gespeichert und miteinander verkettet. Die enthaltenen Informationen haben einen individuellen, auslesbaren Fingerabdruck – den sogenannten Hash. Jeder Informationsblock einer Blockchain enthält dabei nicht nur seinen eigenen Hash, sondern auch den Hash des vorherigen Blocks.

Wadim Doulger ist Senior Manager im Bereich „Financial Services“ bei der KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft.KPMG AG

Da Inhalte aus einem Block damit immer auch in allen folgenden Blocks gespeichert sind, entsteht eine übersichtliche Kette. Die kann nicht einfach durchbrochen werden. Es ist zum Beispiel nicht möglich, einen Teil der Kette unabhängig vom Rest zu verändern, ohne dabei nicht auch das gesamte Gefüge der Kette zu beschädigen. Manipulationen von Daten werden somit erheblich erschwert. Gleichzeitig garantiert die vollständig automatisierte Abwicklung der Blockchain eine sofortige Übertragung der Informationen.

Die Blockchain liefert klare und übersichtliche Informationen und bietet gleichzeitig eine schnelle und sichere Übertragung der Daten. Zudem hat sie den Anspruch und die Möglichkeiten, die Versicherungswelt nachhaltig zu verändern. Sie verspricht sowohl Versicherern als auch Kunden Versicherungsprodukte und deren Umsetzung auf eine neue Ebene zu heben.

Smart Contracts

Im Mittelpunkt der Blockchain stehen webbasierte Computerprotokolle in Form sogenannter Smart Contracts. Auf Basis von Wenn-Dann-Regeln führen diese intelligenten Verträge bestimmte Arbeitsschritte aus. Dafür müssen eine oder mehrere Bedingungen erfüllt werden. Ein einfaches Beispiel für die grundlegende Logik sind klassische Münztelefone: Die Höhe des eingeworfenen Betrags und die gewählte, in- oder ausländische Nummer (Bedingungen) bestimmen automatisch die Länge der verfügbaren Gesprächszeit (Aktion).

Aus der Verbindung der Blockchain mit Smart Contracts ergeben sich für Versicherer umfassende Möglichkeiten. So können beispielsweise Verträge und Beitragszahlungen verwaltet werden. Zudem kann die Auszahlung von Leistungen vollautomatisch abgebildet werden. Einige Versicherer sowie KPMG haben hieraus bereits konkrete Anwendungsfälle abgeleitet.

Zum Beispiel:

  • Beispiel: Reiseversicherungen

    Mit der Fizzy-Police der Axa können sich Fluggäste über die Blockchain-Plattform Ethereum gegen Flugverspätungen versichern. Der Versicherungsvertrag selbst soll direkt in der Blockchain gespeichert werden. Diese soll dann auch die Leistung direkt an den Kunden veranlassen. Als Auslöser für die Zahlung an den Kunden ist eine Verspätung von zwei Stunden hinterlegt. Wird diese Marke überschritten, bezahlt die Blockchain automatisch und sofort. Denn die Plattform ist direkt mit einer weltweiten Flugverkehrsdatenbank verbunden. Für die Auszahlung im Schadensfall seien demnach weder eine Schadensmeldung noch Mitarbeiter für die Regulierung notwendig.
  • Beispiel: Versicherung und Sensorik

    Die Arag hat gemeinsam mit dem Technologie-Unternehmen ubirch im Mai eine Blockchain-Versicherung auf der InsurTech Week in Köln vorgestellt. Über Sensoren wurde während der Veranstaltung die Luftqualität in den Räumen gemessen und auf einer Blockchain gespeichert. Ein bestimmter Wert der Luftqualität sollte dabei der Auslöser für die Auszahlung der Schadenssumme sein. Wurde der Schwellenwert unterschritten, erhielten die Teilnehmer der Veranstaltung eine Zahlung. Dadurch ist es möglich, dass der Einsatz von Sensoren als fester Bestandteil eines Vertrags zwischen Versicherung und Versicherungsnehmer verankert werden könne.
  • Beispiel: Berufsunfähigkeits-Versicherung als App

    KPMG „New Life“ ist ein smarter Ansatz für Peer-to-Peer Berufsunfähigkeits-Versicherungen für Unternehmen. Prämien werden automatisch und transparent vom Mitgliederkollektiv eingezogen. Liegt der erste Prämieneingang vor, wird die entsprechende Police automatisch ausgestellt. Im Schadensfall kann der Versicherte Leistungen in Anspruch nehmen, indem er ein Foto der Krankenbescheinigung per App hochlädt. Auch die Schadenzahlung erfolgt automatisiert per Smart Contract. Die Leistungen werden dabei durch die eingezahlten Prämien gedeckt. Reichen diese nicht, zahlt ein Versicherer als Rückversicherung.

Mehr als nur eine disruptive Idee

Blockchains ermöglichen eine vollständige und gleichberechtige Übersicht über Daten. Gleichzeitig können diese Daten beziehungsweise Informationen nicht unbemerkt durch Einzelne verändert werden. Für InsurTechs und Versicherer ergeben sich hieraus zahlreiche Möglichkeiten und konkrete Anwendungsfälle wie zum Beispiel Peer-to-Peer Versicherungen.

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Die genannten Beispiele zeigen, dass die Blockchain mehr als nur eine weitere disruptive Idee ist. Auch wenn die Blockchain noch in den Kinderschuhen steckt, hat sie alle Voraussetzungen für nachhaltige Veränderungen in der Versicherungsbranche.