Makler muss bei Bestandsübernahme nur bei konkretem Anlass Kunden aufsuchen
Auch die Beratungspflicht von Versicherungsmaklern hat Grenzen. So schulden Makler ihren Kunden keine Jahresgespräche, wie ein Urteil des Oberlandesgericht Frankfurt am Main zeigt. Das gilt auch dann, wenn Verträge aus dem Bestand eines anderen Maklers übernommen wurden. Erforderlich sei eine Beratung nur dann, wenn ein konkreter Anlass dazu bestehe (OLG Frankfurt, Urteil vom 08.06.2016, Az. 4 U 223/15).
Wenn ein Versicherungsmakler einen Bestand zur Betreuung übernimmt, muss er seinen Kunden nicht in jedem Fall beraten. Eine Beratung ist nur dann verpflichtend, wenn es einen konkreten Anlass hierzu gibt. Das hat mit einem Urteil das Oberlandesgericht Frankfurt am Main bestätigt. Auf den Richterspruch macht aktuell die Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte aufmerksam.
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Unterversicherung nach Neuanschaffungen
Im konkreten Rechtsstreit hatte ein Kunde seinen Versicherungsmakler verklagt und verlangte von ihm Schadensersatz. Der Mann hatte im Jahr 1996 eine Hausratversicherung zunächst bei einem anderen Makler abgeschlossen. Nach einem Umzug in ein größeres Haus wurde der Vertrag 2003 angepasst und eine höhere Summe vereinbart.
Nachdem der Ursprungsvermittler seine Tätigkeit aufgegeben hatte, übernahm der Versicherungsmakler im Jahr 2008 die Hausratversicherung in seinen Bestand. Der Versicherungsmakler unterließ es jedoch, in Kontakt mit dem Versicherungsnehmer zu treten oder den Versicherungsvertrag zu aktualisieren. Das hatte fatale Auswirkungen bei einem Einbruch, der sich im Jahr 2012 ereignete. Dabei stahlen die Diebe Schmuck und Uhren im Gesamtwert von knapp 73.600 Euro.
Im Versicherungsvertrag der Hausratversicherung war für Wertgegenstände aber nur eine Deckungssumme von 20.000 Euro vereinbart: Der Kläger war unterversichert. Denn er hatte die Wertsachen weitestgehend nach seinem Umzug angeschafft. Die Versicherung erklärte sich darüber hinaus nach einem Rechtsstreit bereit, zwei Uhren im Wert von 16.200 bzw. 6.900 Euro zu erstatten.
Den Restbetrag aber, mehr als 32.000 Euro, wollte der Versicherte von seinem Makler einklagen. Der Versicherungsmakler hätte ihn darauf hinweisen müssen, dass der Versicherungsschutz hätte angepasst werden müssen, so argumentierte der Kläger – und forderte Schadensersatz.
Bestandsübernahme verpflichtet nicht dazu, erneut über begrenzten Schutz aufzuklären
Das OLG Frankfurt aber hat die Klage des Geschädigten abgewiesen und damit das Urteil der Vorinstanz bestätigt. Bei der Übernahme eines Bestandes sei ein Makler nicht erneut verpflichtet, seinen Kunden über eine begrenzte Versicherungssumme für Wertsachen aufzuklären, betonte der vierte Senat des Gerichtes. Auch habe es der Versicherte unterlassen, den Makler über seine Neuanschaffungen in Kenntnis zu setzen, obwohl er sogar über die Kundenzeitung des Maklers auf diese Obliegenheit hingewiesen worden sei.
Wenn der Kunde nicht gewusst habe, dass Wertsachen außerhalb eines Safes nur bis 20.000 Euro versichert sind, sei das vielmehr dem Ursprungsmakler anzulasten, der den Vertrag vermittelt hatte, führten die Richter aus – nicht jedoch dem Makler, der den Bestand übernahm. “Ohne besonderen Anlass musste der Beklagte bei Übernahme des Vertrages in den Bestand darüber nicht (erneut) belehren“, heißt es hierzu im Urteilstext.
Dem Makler sei auch nicht vorzuwerfen, dass er nach Übernahme des Vertrages den Kunden nicht aufsuchte und weder eine Bestandsaufnahme des noch laufenden Vertrages noch eine Bedürfnisprüfung vorgenommen habe.
Weitergehende Pflichten – aber keine konkrete Pflicht zu ungefragter Überprüfung
“Den Versicherungsmakler, der als treuhänderischer Sachwalter (auch) im Interesse des Versicherungsnehmers tätig ist, treffen zwar erheblich weitergehende Pflichten als den bloßen Versicherungsvertreter“, heißt es im schriftlichen Urteilstext. „Er ist auch nach Vertragsschluss zu ständiger und unaufgeforderter Betreuung des Versicherungsvertrages verpflichtet. Denn der Versicherungsmakler ist Interessenvertreter des Versicherungsnehmers und daher zu einer umfassenden Betreuung aller Versicherungsinteressen seines Kunden und zu einer entsprechenden Beratung in Bezug auf den von ihm vermittelten Versicherungsvertrag verpflichtet.“
So solle ein Makler bereits abgeschlossene Verträge auf erforderliche Anpassungen hin beobachten, die vereinbarte Versicherungssumme auf ihre Angemessenheit hin überprüfen und gegebenenfalls auf Änderungen des Versicherungsschutzes drängen, führten die Richter aus. „Unter welchen Umständen aber eine konkrete Pflicht zu ungefragter Überprüfung des Versicherungsinteresses des Versicherungsnehmers und des tatsächlichen Versicherungsschutzes ausgelöst wird, ergibt sich daraus noch nicht“.
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Ein Makler müsse vor allem dann von sich aus tätig werden, wenn die Veränderungen „außerhalb der Sphäre des Versicherungsnehmers“ stattfinden, betonten die Richter: zum Beispiel, wenn sich die Rechtslage ändere und dadurch eine neue Situation entstehe. Liegen die Veränderungen jedoch „in der Sphäre des Versicherungsnehmers“ (Neuanschaffungen, Werterhöhung, neue Gefahrenpotentiale), so könne der Makler nur auf Initiative des Kunden tätig werden. Folglich ist auch dem Makler keine Verletzung seiner Pflichten vorzuwerfen.