Bundesrat will Verkauf von Finanzprodukten bei Kaffeefahrten verbieten
Geschätzt fünf Millionen Menschen nehmen jährlich an den Kaffeefahrten teil, vor allem Senioren. Doch oft verbergen sich dahinter dubiose Geschäftemacher, die den gutgläubigen Ausflüglern überteuerte Produkte andrehen. Ein Gesetzentwurf sieht nun vor, dass es auf den Tagesausflügen verboten sein soll, Finanzprodukte, Medikamente und andere heikle Produkte zu verkaufen.
Der Boom begann kurz nach der Wende, und er reißt bis heute nicht ab: Kaffeefahrten erfreuen sich bei Senioren großer Beliebtheit. Nach Schätzungen des Bundesrates nehmen bis zu fünf Millionen Menschen jedes Jahr an einer Kaffeefahrt teil. Doch aus Sicht der Politik ist das ein Problem. Denn oft verbergen sich dahinter Geschäftemacher, die auf Verkaufsveranstaltungen überteuerte Produkte feilbieten.
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Dabei sind es nicht nur die berühmt-berüchtigten Lamadecken oder Kaffeeservice, die bei solchen Tagesausflügen verkauft werden. Sondern auch Finanzdienstleistungen, Medikamente oder Pauschalreisen. Mal schnell bei der Kaffeefahrt eine Lebensversicherung abschließen? Dem will die Politik nun Einhalt gebieten. Der Bundesrat hat unter Federführung Bayerns einen Gesetzentwurf vorgelegt (Drucksache 19/399), der Vertriebsverbote für solche Produkte vorsieht. Nun soll der Bundestag entscheiden.
“Verbraucherpolitscher Missstand“
Im Gesetzentwurf ist von einem „verbraucherpolitischen Missstand“ die Rede, dass die Branche noch immer weitgehend unbehelligt vorgehen kann. Nicht selten werden die Teilnehmer solcher Fahrten erheblich unter Druck gesetzt, überteuerte Sachen zu kaufen, wie unter anderem Beschwerden bei den Verbraucherzentralen zeigen. Die Veranstalter verdienen gutes Geld damit. Kaffeefahrten bringen circa 500 Millionen Euro Umsatz im Jahr ein, schätzt der Bundesrat unter Berufung auf Medienrecherchen.
Hier sieht der Bundesrat dringenden Handlungsbedarf. Im Gesetzentwurf heißt es: „Oft locken die Veranstalter in Zeitungsinseraten und Hauswurfsendungen mit kostenlosem Transport zum Veranstaltungsort und niedrigen Preisen. Sie versprechen den Teilnehmern Geschenke, Gewinne und viele Angebote. In der Realität enden die langen, ermüdenden Busfahrten häufig in einem abgelegenen Landgasthof, wo die Verletzlichkeit der Teilnehmer mit aggressiven und irreführenden Verkaufsmethoden zu ihrem finanziellen Nachteil ausgenutzt wird.“
Der Gesetzentwurf sieht nun vor, dass bestimmte Produkte bei solchen Tagesausflügen nicht mehr verkauft werden dürfen. Dazu zählen Nahrungsergänzungsmittel, Medizinprodukte wie Wärmedecken, Pauschalreisen und auch Finanzdienstleistungen. Denn gerade von diesen Produkten gehen nach Ansicht des Bundesrates "besondere Lockreize und erhebliche finanzielle Gefahren" aus. Oder anders formuliert: Die Medizinprodukte gefährden im Zweifel die Gesundheit der Senioren, die Finanzprodukte das Portemonnaie.
Bußgeld soll deutlich angehoben werden
Deutlich raufgesetzt werden sollen laut Gesetzentwurf auch die Bußgelder, wenn Reiseveranstalter gegen das Gesetz verstoßen, und zwar um den Faktor zehn. Denn Bußgelder seien von den Reiseveranstaltern oft mit eingeplant. Darüber hinaus soll die Meldepflicht ausgeweitet werden, wenn Reisen ins Ausland stattfinden oder ausländische Veranstalter Reisen in und nach Deutschland organisieren. Schon heute müssen Kaffeefahrten bei den Behörden angemeldet werden.
Der Bundesverband Finanzdienstleistung (AfW) begrüßt das geplante Verkaufsverbot für Finanzprodukte in einer Stellungnahme. "Verbraucher sind bei Finanzdienstleistungen in besonderem Maße auf eine qualifizierte Beratung und eine von unangemessenen Beeinflussungen freie Entscheidungssituation angewiesen, die bei derartigen Verkaufsveranstaltungen regelmäßig nicht gegeben ist. Auch das bereits vorhandene Widerrufsrechts erscheint bei diesen Konstellationen als stumpfes Schwert. Wir hoffen, dass sich die kommende Bundesregierung und der Bundestag dem Vorschlag des Bundesrates anschließen werden", kommentiert AfW-Vorstand Norman Wirth.
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Es ist nicht das erste Mal, dass der Bundesrat Kaffeefahrten strenger regulieren will: Er hatte einen ähnlichen Vorstoß bereits 2015 gestartet. Allerdings hat sich der Bundestag damals nicht damit befasst und der Gesetzentwurf wurde zum Ende der Wahlperiode hinfällig, heißt es auf der Webseite des Bundestages.